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Ukraine-Krieg: Wie Russland gegen Ursula von der Leyen hetzt

4. September 2025

Der Vorfall mit der angeblichen Störung des GPS-Signals des Flugzeugs der EU-Kommissionschefin hat in in Russland Spott und Hohn ausgelöst. Warum Ursula von der Leyen zum Ziel russischer Verleumdungskampagnen wurde.

Portrait von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie trägt einen beigefarbenen Blazer und hält beide Hände nach vorne.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird in Russland gezielt in den sozialen Medien angegriffenBild: Ansgar Haase/dpa/picture alliance

Nach der mutmaßlich absichtlichen Störung des satellitenbasierten Navigationssystems GPS ergoss sich in Russland eine Welle von Hohn und Spott über EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Politikerin war am 31. August nach Bulgarien geflogen. Die-GPS-Störung des Flugzeugs endete mit einer außerplanmäßigen Landung in der Stadt Plowdiw. 

Die Behörden in Bulgarien vermuten, dass Moskau hinter der Attacke steckt und bringen diese mit Russlands Krieg gegen die Ukraine in Verbindung. Die Sprecherin des Außenministeriums, Marija Sacharowa, bezeichnete die Vorwürfe allerdings als "Fake und Paranoia". 

Die Beleidigungen und Verunglimpfungen der EU-Kommissionspräsidentin fallen in Russland auf fruchtbaren Boden. Die 66-jährige von der Leyen scheint zu einem Hauptziel russischer Hass-Propaganda geworden zu sein.

Angriffe unter die Gürtellinie

So greift der ehemalige Präsident und stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats, Dmitrij Medwedew, die Kommissionspräsidentin häufig in den sozialen Medien an. Zu seinen "Lieblingsausdrücken" gegenüber von der Leyen gehört "eine böse Tante-Gynäkologin".

Die gesamte Karriere der deutschen Politikerin wird in der russischen Öffentlichkeit oft auf die wenigen Jahre reduziert, in denen sie als Assistenzärztin an der Frauenklinik in Hannover arbeitete. Die Tatsache, das von der Leyen Archäologie, Wirtschaftswissenschaften und Medizin studiert hat, sowie Ministerin auf Landes- und Bundesebene war, darunter Arbeitsministerin und Verteidigungsministerin, wird kaum erwähnt.

Dmitrij Medwedew war von 2008 bis 2012 Präsident Russlands und anschließend bis 2020 Ministerpräsident. Der Gefolgsmann Putins hat kein gutes Wort für von der Leyen übrigBild: Alexei Maishev/TASS/IMAGO

Im Dezember 2022 schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa im Telegram-Messenger: "Angesichts des aktuellen Zustands der Europäischen Union ist klar geworden, warum eine Gynäkologin zur Präsidentin der EU-Kommission ernannt wurde".

Sacharowas Chef, Außenminister Sergej Lawrow, nannte von der Leyen im März 2025 "Führer Ursula". Grund waren die Forderungen der EU-Kommissionschefin nach einer Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten der EU.

Witze jenseits der Grenze der Anständigkeit über von der Leyen sind für die Moderatoren populärer politischer Talkshows im russischen Fernsehen zur Routine geworden.

Was ist der Grund für die Attacken im Netz?

Von der DW befragte Experten nennen mehrere mögliche Ursachen für die Hetz-Kampagnen, denen von der Leyen in Russland ausgesetzt ist. Sie führen dies auf ihre Position, ihre Politik - und auch ihr Geschlecht - zurück.

Medwedews Äußerungen zielten darauf ab, "von der Leyen lächerlich zu machen und als nicht ernstzunehmende Politikerin darzustellen", sagt Susanne Spahn, Expertin für russische Propaganda an der Universität Passau. Das Ziel des Kremls sei es, "die EU als internationalen Akteur zu schwächen und zu spalten".

Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) weist auf von der Leyens Rolle bei der Unterstützung der Ukraine hin, aber nicht nur. "Es ist klar, dass Putins System von toxischer Männlichkeit geprägt ist, und er Frauen in der Politik ablehnt", sagt Meister.

"Gleichzeitig geht es um die EU als zentrales Feindbild, nachdem die US-Politik unter Donald Trump sich an Russland angenähert hat. Damit verbindet von der Leyen beides, die EU als etwas Schwaches und gleichzeitig 'Böses' aus russischer Sicht, da sie die Ukraine maßgeblich unterstützt".

Verbündete: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Ursula von der Leyen Bild: Wiktor Dabkowski/ZUMA/picture alliance

Andreas Umland vom Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien vergleicht die verbalen Angriffe auf von der Leyen mit dem Umgang Russlands mit der ehemaligen US-Außenministerin Hillary Clinton.

Hass auf Hillary Clinton, Hass auf von der Leyen

"Die russische Antipathie gegenüber Ursula von der Leyen erinnert an die einstige russische Kampagne gegen Hillary Clinton, die seinerzeit ebenfalls von Kreml-kontrollierten Medien verteufelt wurde", so Umland.

Beide, von der Leyen und Clinton, seien resolute Politikerinnen mit einer klaren Meinung zu Putins Regime und hohem politischen Einfluss in der EU beziehungsweise in den Vereinigten Staaten.

"Sie sind in den politischen Spektren ihrer jeweiligen Heimatländer eher Falken als Tauben, was die kritische Bewertung Russlands und militärische Unterstützung der Ukraine betrifft".

Von der Leyen sticht mit besonders scharfen Aussagen gegenüber Moskau hervor. So erklärte sie 2022, Russland müsse in der Ukraine eine "strategische Niederlage" erleiden.

Russische Ressentiments

Russlands Präsident Wladimir Putin wiederholt diesen Satz regelmäßig, wenn er über die Rolle des Westens bei der Unterstützung der Ukraine spricht.

"2022 spielte von der Leyen eine Schlüsselrolle bei der Nominierung der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten. 2025 nahm sie Einfluss auf die geopolitische Reorientierung der EU und Verstärkung ihrer verteidigungspolitischen Verantwortung", erinnert Umland.

Außerdem habe sie ein politisches Freundschaftsverhältnis zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj entwickelt.

Vor diesem Hintergrund, so der Experte, sei es nicht verwunderlich, dass sie "zum Ziel russischer Verleumdungskampagnen wurde".

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