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KonflikteUkraine

Ukraine meldet zweite Nacht russische Drohnenangriffe

19. November 2023

Im Ukrainekrieg intensiviert Russland seine Angriffe, sowohl auf Kiew als auch auf den Süden des Landes. Bundeskanzler Scholz hat der Ukraine indes weiterhin Unterstützung zugesagt.

Ukraine Kiew Russischer Drohnenangriff
Russische Drohnen über KiewBild: GLEB GARANICH/REUTERS

Russland hat nach Angaben der Ukraine die zweite Nacht in Folge Kiew mit Drohnen angegriffen und den Beschuss der ukrainischen Hauptstadt damit nach einer mehrwöchigen Pause wieder intensiviert. Kiew sei in Wellen und aus verschiedenen Richtungen angegriffen worden, schrieb der Leiter der Militärverwaltung der Hauptstadt, Serhij Popko, im Onlinedienst Telegram. Deshalb habe es in Kiew mehrmals Alarm vor Luftangriffen gegeben. Opfer oder Schäden an der kritischen Infrastruktur habe es ersten Berichten zufolge nicht gegeben. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, 15 von 20 Schahed-Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion über den Regionen Kiew, Poltawa und Tscherkassy zerstört zu haben.

Russland benutzt für seine Angriffe Kamikaze-Drohnen, die aus dem Iran kommenBild: Iranian Defence Ministry/AFP

Auch Moskau meldet ukrainische Drohnenangriffe

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, seine Streitkräfte hätten ihrerseits einen ukrainischen Drohnenangriff auf die Hauptstadt Moskau abgewehrt. Nach Angaben des Ministeriums wurde die fragliche Drohne "durch die Luftverteidigungsausrüstung (...) über dem Gebiet des Stadtbezirks Bogorodskij im Gebiet Moskau zerstört". Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin erklärte später auf Telegram, der vereitelte Angriff habe "keine Schäden oder Opfer" verursacht. Es seien Rettungskräfte an der Stelle im Einsatz, wo Trümmerteile herabgefallen seien.

Ukraine meldet Geländegewinne am Fluss Dnipro

Die ukrainische Armee erklärte, sie habe die russischen Streitkräfte "drei bis acht Kilometer" vom Ufer des Flusses Dnipro zurückgedrängt. Dies ist der erste messbare Vorstoß der Kiewer Streitkräfte nach Monaten einer enttäuschenden Gegenoffensive. "Vorläufige Zahlen schwanken zwischen drei und acht Kilometern, je nach den Besonderheiten, der Geografie und der Landschaftsgestaltung des linken Ufers", sagte Armeesprecherin Natalia Gumenyuk im ukrainischen Fernsehen, ohne zu sagen, ob das ukrainische Militär das Gebiet vollständig unter Kontrolle hat oder ob sich die Russen zurückgezogen haben.

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die ukrainische Armee berichtet von Geländegewinnen am Fluss DniproBild: Alex Babenko/AP/dpa/picture alliance

Der breite Dnipro stellt seit einem Jahr die Frontlinie zwischen den ukrainischen und russischen Streitkräften im Süden der Ukraine dar. Das Westufer wird von der Ukraine gehalten, während Russland das gegenüberliegende Ufer kontrolliert. Ukrainische Soldaten hatten mehrfach versucht, den Fluss zu überqueren, um Moskaus Truppen weiter zurückzudrängen.

Viele Stromnetze durch Angriffe beschädigt

Am Samstag hatte das ukrainische Energieministerium erklärt, nach einer russischen Angriffswelle sei in mehr als 400 Orten des Landes der Strom ausgefallen. Vor allem im Süden um die Hafenstadt Odessa und im Südosten im Gebiet Saporischschja seien Stromnetze beschädigt worden. Der Luftwaffe zufolge dauerten die Angriffe von Abend bis in die frühen Morgenstunden. Russland habe 38 Schahed-Drohnen abgefeuert, von denen 29 abgeschossen worden seien.

Auch im vergangenen Jahr attackierte Russland die ukrainische Infrastruktur: Viele Menschen flohen deshalb, wie hier, nach PolenBild: Dominika Zarzycka/ZUMA/IMAGO

Im vergangenen Winter hatte Russland mit Hunderten Raketen und Drohnen die Infrastruktur der Ukraine ins Visier genommen. Millionen Menschen mussten daraufhin in der Kälte ohne Strom, Heizung und Wasser auskommen. Dieses Jahr ist der Herbst in der Ukraine ungewöhnlich mild gewesen. Angesichts der nun sinkenden Temperaturen haben die Behörden die Bevölkerung und die Wirtschaft aber vor den Folgen neuer russischer Angriffe gewarnt.

Selenskyj will eigene Flugabwehr stärken

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Samstagabend gesagt, er rechne mit verstärkten russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur seines Landes. Deren Ziel sei es, die Wärme- und Stromversorgung der Ukraine über den Winter hinweg lahmzulegen. "Je näher der Winter rückt, desto mehr russische Versuche wird es geben, die Angriffe zu verstärken", sagte der ukrainische Staatschef. Die Armee forderte er auf, "trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller Erschöpfung zu hundert Prozent schlagkräftig zu sein".

Präsident Wolodymyr Selenkyj bei einer seiner VideoansprachenBild: president.gov.ua

Zudem kündigte Selenskyj eine Stärkung insbesondere der eigenen Flugabwehr an. Dafür sollten in den kommenden Wochen entsprechende Schritte erfolgen. Zugleich dankte Selenskyj erneut ausländischen Verbündeten für deren Unterstützung, darunter auch Deutschland. Anfang der Woche hatte die Bundesregierung angekündigt, die Militärhilfe für die Ukraine im kommenden Jahr von vier auf acht Milliarden Euro aufstocken zu wollen.

Scholz sichert Ukraine weiter Unterstützung zu

Bundeskanzler Olaf Scholz forderte am Samstag den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, den ersten Schritt zu einer möglichen friedlichen Lösung in der Ukraine zu gehen. "Er muss Truppen zurückziehen", sagte Scholz auf einem Bürgerdialog in Brandenburg. Für Friedensverhandlungen gebe es derzeit aber keinerlei Anzeichen. Der Kanzler sicherte der Ukraine erneut Hilfe bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zu, solange dies nötig sei.

as/se (rtr, afp, dpa)