1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ukraine ringt um Ordnung

23. Februar 2014

In Kiew haben die Abgeordneten Parlamentschef Turtschinow zum Übergangsstaatschef gewählt. Bis Dienstag soll eine neue Regierung stehen. Diese anführen will die kranke Oppositionsführerin Timoschenko aber nicht.

Alexander Turtschinow am 22.02.2014
Bild: Reuters

Neuordnung in der Ukraine

02:18

This browser does not support the video element.

Die Sitzung des Parlaments am Tag nach den dramatischen Ereignissen in Kiew wurde live im Fernsehen übertragen. Parlamentspräsident Alexander Turtschinow, der dieses Amt am Samstag erst übernommen hatte, wurde Übergangspräsident: Die Abgeordneten votierten dafür, die Vollmachten des bisherigen Staatsoberhaupts Viktor Janukowitsch vorübergehend auf ihn zu übertragen. Janukowitsch hatten die Politiker gestern für abgesetzt erklärt.

Turtschinow gilt als Vertrauter von Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Der 49-Jährige hatte einst gemeinsam mit Timoschenko die Vaterlandspartei gegründet. Das Parlament, das in der Ukraine der Oberste Rada heißt, hatte am Samstag Neuwahlen für den 25. Mai angesetzt. Dann will auch die aus der Haft entlassene Timoschenko kandidieren.

Die Abgeordneten enthoben zugleich Außenminister Leonid Koschara des Amtes, einen engen Vertrauten von Janukowitsch. Ein Nachfolger wurde zunächst nicht gewählt.

Bis Dienstag eine Regierung?

In einem nächsten Schritt will das Parlament eine Übergangsregierung bestimmen. Turtschinow forderte die Abgeordneten dazu auf, sich bis Dienstag auf ein "Kabinett des nationalen Vertrauens" zu einigen. Julia Timoschenko erklärte am Nachmittag, dass sie nicht für das Amt der Ministerpräsidentin kandidieren werde. Es habe sie "überrascht", dass zuvor über sie als mögliche Kandidatin berichtet worden sei, schrieb Timoschenko in einer von ihrer Vaterlandspartei veröffentlichten Erklärung.

Neuordnung in der Ukraine

02:18

This browser does not support the video element.

Auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt, hatten am Samstagabend mehr als 100.000 Menschen Julia Timoschenko zugejubelt. Sie war erst wenige Stunden zuvor nach zweieinhalb Jahren Haft freigelassen worden und wurde wegen ihrer Rückenbeschwerden in einem Rollstuhl auf die Bühne geschoben. Timoschenko appellierte an das Volk, im Kampf um die Freiheit nicht nachzulassen. Erst die Neuwahlen könnten den Machtwechsel abschließen.

Merkel gratuliert Timoschenko

"Verlasst den Maidan nicht, solange Ihr nicht erreicht habt, was Ihr wolltet", rief Timoschenko am Abend auf dem Unabhängigkeitsplatz. "Wenn euch jemand sagt, dass es zu Ende ist und Ihr nach Hause gehen könnt, glaubt ihm kein Wort", so Timoschenko weiter. An die Demonstranten gerichtet fügte die 53-Jährige hinzu: "Ihr seid Helden, Ihr seid die Besten der Ukraine!"

Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte unterdessen Timoschenko zu ihrer Haftentlassung. Merkel halte deren Rückkehr in die Politik für einen der wichtigsten Faktoren zur Stabilisierung der Lage in der Ex-Sowjetrepublik, teilte Timoschenkos Partei mit. In dem Telefonat habe die Kanzlerin auch ihre Unterstützung bei Reformen in Aussicht gestellt. Auch hätten die Politikerinnen ein baldiges Treffen vereinbart. Schließlich bot Merkel der kranken Ex-Ministerpräsidentin den weiteren Angaben zufolge eine medizinische Behandlung in Deuschland an.

Am Sonntag auf dem Maidan: Stolz über das Erreichte, Trauer über die TotenBild: picture alliance / AP Photo

Janukowitsch von eigener Partei verdammt

Janukowitschs Partei der Regionen sagte sich von dem geschassten Staatschef los. Dieser und seine Vertrauten seien "verantwortlich für die tragischen Ereignisse" im Land und hätten Verrat begangen, hieß es in einer Erklärung. Die Partei warf ihm "kriminelle Handlungen" vor. Janukowitsch und andere hätten die Ukrainer gegeneinander aufgehetzt.

Markus Reher zur Lage in der Ukraine

02:28

This browser does not support the video element.

Der ukrainische Grenzschutz stoppte nach eigenen Angaben ein Flugzeug mit Janukowitsch kurz vor dem Abflug. Janukowitsch habe - begleitet von bewaffneten Sicherheitsleuten - ohne die übliche Grenzabfertigung von der Stadt Donezk aus fortfliegen wollen. Das sagte ein Sprecher des Grenzschutzes der Agentur Interfax zufolge. Unklar ist, wohin der Staatschef reisen wollte.

Unterdessen hat sich zu Janukowitschs Luxusresidenz "Meschinguirja" nahe Kiew ein regelrechter Besucherstrom aufgemacht. In der Villa ist seit dem Umsturz quasi "Tag der offenen Tür". Wachleute ermahnen die Besucher, sie sollten den Rasen nicht betreten - und versuchen auch, Plünderungen zu verhindern. Am Zaun der Villa hängt ein Schild: "Besucher, zerstört nicht die Beweise der Arroganz der Diebe."

sti/ml/pg (dpa,rtr,afp,ap)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen