Ukraine: Selenskyj plant Regierungsumbildung
14. Juli 2025
Die Ukraine steht wegen des russischen Angriffskriegs militärisch, aber auch wirtschaftlich und politisch schwer unter Druck. Nun will Präsident Wolodymyr Selenskyj die Regierung umbilden. Seine Wirtschaftsministerin soll neue Ministerpräsidentin werden.
"Ich habe vorgeschlagen, dass Julia Swyrydenko die ukrainische Regierung führen und deren Arbeit wesentlich erneuern soll", verkündete Selenskyj. Swyrydenko soll den bisherigen Amtsinhaber Denys Schmyhal als Ministerpräsidentin der Ukraine ablösen, sofern das Parlament zustimmt.
Schmyhal ist seit März 2020 Regierungschef in Kyjiw, also bevor Russland seinen Angriff auf die Ukraine startete. Er ist damit der dienstälteste Ministerpräsident seit der Unabhängigkeit des Landes 1991.
Seine von Selenskyj nominierte Nachfolgerin Julia Swyrydenko ist 39 Jahre alt, ausgebildete Ökonomin und bereits stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes. Die Ernennung solle dazu dienen, das Wirtschaftspotenzial der Ukraine besser zu entfalten, so der Präsident. Er habe mit Swyrydenko auch über Maßnahmen zur Verbesserung der Hilfen für die Bürgerinnen und Bürger im Land und über eine Vervielfachung der Rüstungsproduktion gesprochen, gab Selenskyj bekannt.
Swyrydenko handelte Rohstoffabkommen mit den USA aus
Seit Kriegsbeginn kümmert sich Swyrydenko um das Anwerben internationaler Hilfen und Kredite. Eine größere Bekanntheit erlangte sie im Rahmen der wochenlangen Verhandlungen über ein Rohstoffabkommen mit den USA, das Ende April in Washington unterzeichnet wurde. Dabei zeigte sie sich als zähe Verhandlungspartnerin.
Der ehemalige ukrainische Wirtschaftsminister Tymofij Mylowanow bezeichnete Swyrydenko als "Schlüsselfigur" der Verhandlungen mit Washington. Sie sei "sehr effizient" und behalte die Nerven, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Swyrydenko gehört zu einer jungen Generation ukrainischer Führungspersönlichkeiten, die das Land durch die russische Invasion gesteuert haben und sich deutlich von den in Russland vorherrschenden Eliten sowjetischer Prägung unterscheiden.
Spekulationen um Regierungsumbildung
Die Regierungsbildung kommt nicht völlig unerwartet. Der bisherige Regierungschef Schmyhal verfügte über relativ geringen Einfluss. Der Abgeordnete der kleinen proeuropäischen Partei "Holos", Jaroslaw Schelesnjak, hatte Mitte Juni den Sturz Schmyhals vorausgesagt. Dessen Kabinett "verliert mehr und mehr an Unterstützung", sagte Schelesnjak damals.
Zudem gab es zuletzt immer mehr Spekulationen um eine weitere wichtige Personalie: Verteidigungsminister Rustem Umjerow wurde als möglicher Botschafter in Washington gehandelt. Mit der Ablösung der bisherigen Botschafterin Oksana Markarowa wolle Selenskyj US-Präsident Donald Trump entgegenkommen, heißt es in Medienberichten.
Trumps Republikaner werfen demnach Markarowa eine zu große politische Nähe zu den US-Demokraten vor, also zur Opposition in Washington. Rustem Umjerow gilt als Vertrauter Selenskyjs, konnte aber auch in Washington bereits gute Kontakte knüpfen.
Selenskyj selbst hatte die Spekulationen am Wochenende mit seiner abendlichen Videobotschaft angeheizt. Dort sagte er, sowohl das Verteidigungsministerium als auch die Diplomatie, speziell die mit den USA, benötigten eine neue Dynamik.
Im Parlament, der Werchowna Rada, ist an diesem Mittwoch die Entlassung der alten und am Donnerstag die Ernennung der neuen Regierung angesetzt. Die Neubesetzung der Regierungsbank bedarf der Zustimmung der Abgeordneten in Kyjiw, gilt jedoch als wahrscheinlich: Seit der russischen Invasion hat sich das Parlament weitgehend hinter Selenskyj gestellt.
AR/an (afp, dpa, rtr)
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