1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukraine: UN zählen fast 10.000 getötete Zivilisten

15. August 2023

Im Ukraine-Krieg registriert das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte den Tod von fast 10.000 Zivilisten. Durch russische Raketen wurden im westukrainischen Luzk drei Menschen getötet. Unser Nachrichtenüberblick.

Ukraine Krieg Angriff auf Kramatorsk
Sanitäter versorgen einen Verletzten in KramatorskBild: National Police of Ukraine/AP Photo/picture alliance/dpa

Das Wichtigste in Kürze:

  • UN-Organisation zählt fast 10.000 getötete Zivilisten in Ukraine
  • Drei Tote bei russischen Luftangriffen in der Westukraine
  • Selenskyj besucht Front-Soldaten in Region Saporischschja
  • Polen feiert "Tag der Armee" mit großer Militärparade
  • USA verweigern Russen Einreise zum APEC-Gipfel

 

Ein neuer Bericht nennt eine Zahl von 9444 bestätigten Todesfällen unter Zivilpersonen in der Ukraine. 16.940 Menschen seien verletzt worden, erklärte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte. Die Zählung könne allerdings nicht vollständig sein, weil aus vielen Regionen Informationen fehlten. Dies gelte vor allem für Städte wie Mariupol, Lyssytschansk oder Sjewjerodonezk, die nach langem Beschuss und schweren Kämpfen von russischen Truppen besetzt worden waren. In Kiew wird befürchtet, dass tatsächlich Tausende oder Zehntausende mehr Ukrainer und Ukrainerinnen getötet worden seien.

Den UN-Angaben zufolge kam die überwiegende Zahl von 7339 Menschen in den Landesteilen ums Leben, die von Russland beschossen und von der ukrainischen Armee verteidigt werden. In den russisch besetzten Landesteilen kamen 2105 Menschen zu Tode. In den umkämpften Gebieten Donezk und Luhansk im Osten gab es auf beiden Seiten der Front deutlich mehr Opfer als in der Hauptstadt Kiew, der Zentral- und der Westukraine.

Drei Tote bei russischen Luftangriffen in der Westukraine

Russland hat seine Luftangriffe gegen die Ukraine auf den Westen des Landes konzentriert und dabei nach offiziellen Angaben drei Menschen getötet und etliche weitere verletzt. Eine Rakete schlug in der Fabrik des schwedischen Wälzlager-Herstellers SKF in Luzk unweit der polnischen Grenze ein. Dabei wurden nach Unternehmensangaben drei Mitarbeiter getötet. SKF beschäftigt in der Ukraine rund 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die meisten davon in Luzk.

Mehrere Raketen schlugen zudem in der Region der Großstadt Lwiw ein. "Viele Raketen wurden abgeschossen, aber es gab auch Treffer in Lwiw", erklärte Bürgermeister Andrij Sadowji auf Telegram. Ein brennendes Gebäude sei evakuiert worden. Nach Angaben von Gouverneur Maxym Kosyzkyj wurden in der Region Lwiw 15 Menschen bei den Einschlägen verletzt. Die ukrainische Luftwaffe konnte nach eigenen Angaben 16 von 28 angreifenden Marschflugkörper abfangen.

Die Stadt Lwiw (im Bild) und ihr Umland wurden von russischen Geschossen getroffenBild: Head of the Lviv Regional Military Administration Maksym Kozytskyi/REUTERS

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, bei den Luftangriffen seien militärisch-industrielle Einrichtungen in der Ukraine mit Hochpräzisions-Raketen zerstört werden. Es sei "beträchtlicher Schaden" entstanden. Zudem sei es erstmals gelungen, einen SCALP-Marschflugkörper abzufangen, den Frankreich der Ukraine überlassen hatte.

Selenskyj besucht Front-Soldaten in Region Saporischschja

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Angaben des Präsidialamts in der Region Saporischschja Truppen der südlichen Front besucht. Selenskyj habe sich von Kommandeuren über den Verlauf der Kämpfe berichten lassen und mit ihnen die wichtigsten Schwierigkeiten ihrer Einheiten erörtert, teilt das Präsidialamt mit.

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj erörtert mit Offizieren die Lage in der Frontregion nahe Saporischschja Bild: The Presidential Office of Ukraine/Sven Simon/picture alliance

Am Montag hatte Wolodymyr Selenskyj Positionen mehrerer Einheiten nördlich der russisch besetzten Stadt Bachmut im östlichen Gebiet Donezk besucht. "Ich danke dafür, dass Ihr das Leben unserer Leute schützt", sagte Selenskyj in einem Video, das in einer Erstaufnahmestelle für Verwundete aufgenommen wurde.

Anschließend verlieh der Staatschef Auszeichnungen an Soldaten. Begleitet wurde er vom Chef seines Büros, Andrij Jermak, dessen Stellvertreter Roman Maschowez und Brigadegeneral Artem Bohomolow.

Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar hatte zuvor mitgeteilt, dass die ukrainischen Einheiten südlich von Bachmut in der vergangenen Woche drei Quadratkilometer Land zurückerobert hätten. Es sei wichtig, mit den Soldaten persönlich ins Gespräch zu kommen, sagte Selenskyj.

Polen feiert "Tag der Armee" mit großer Militärparade

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Polen den diesjährigen "Tag der Armee" mit einer umfangreichen Militärparade begangen. Bei der Parade marschierten im Zentrum von Warschau 2000 Soldaten auf, 200 Einheiten Militärtechnik wurden gezeigt. Knapp hundert Flugzeuge und Hubschrauber flogen in einer Flugshow über die Dächer der Stadt. Das EU- und NATO-Land Polen ist nicht nur einer der größten politischen und militärischen Unterstützer der Ukraine - es rüstet auch selbst massiv gegen eine befürchtete Bedrohung durch Russland auf. Die Nervosität in Polen ist wegen der Aktivitäten russischer Wagner-Söldner im benachbarten Belarus gestiegen.

Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bei der Militärparade in WarschauBild: Kacper Pempel/REUTERS

Die polnische Armee soll in den kommenden Jahren auf fast das Doppelte wachsen. Derzeit zählen die Streitkräfte nach Angaben des Verteidigungsministeriums 172.500 Männer und Frauen, darunter mehrere Zehntausend in den freiwilligen Heimatschutzverbänden. Nach den Plänen Warschaus sollen es 300.000 inklusive Heimatschutz werden. Zur Modernisierung von Armee und Luftwaffe hat Polen zudem milliardenschwere Rüstungsverträge mit den USA und Südkorea geschlossen.

Die Militärparade findet an einem symbolischen Datum statt: Der "Tag der Armee" erinnert an Polens Sieg über die angreifende Sowjetarmee in der Schlacht von Warschau im August 1920.

Lindner will Ukraine über Gespräche entscheiden lassen

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat seine Auffassung bekräftigt, dass die Ukraine eine entscheidende Rolle bei einer Beendigung des von Russland begonnen Kriegs haben solle. "Über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg kann es keine Gespräche mit Russland geben. Wer sollte sie führen?", sagt der FDP-Politiker bei seinem Besuch in Kiew im Gespräch mit "Bild", "Welt" und "Politico".

Lindner verwies auf die vielen durch russische Angriffe getöteten ukrainischen Zivilisten und Soldaten. "Und selbstverständlich muss dann ein Land, das Selbstbestimmung hat, wie die Ukraine, entscheiden, unter welchen Bedingungen es überhaupt Verhandlungen über einen Waffenstillstand zustimmt."

Russen dürfen nicht zum APEC-Gipfel

Die USA verweigern nach Angaben des russischen Botschafters in Washington einigen russischen Beamten die Einreise zu einem Treffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) in Seattle. "Einreisevisa für Beamte mehrerer Ministerien und Regierungsstellen wurden nicht ausgestellt", sagt der russische Botschafter Anatoli Antonow.

Teilnehmer des APEC-Vorbereitungsgipfels in Seattle, USABild: Stephen Brashear/AFP/Getty Images

Die USA sind in diesem Jahr Gastgeber für die APEC-Mitgliedsstaaten. Zurzeit läuft der dritte Vorbereitungstreffen auf Ministerebene, im November werden dann die Staats- und Regierungschefs der Gruppe in San Francisco zusammenkommen.

Kiew droht erneut mit Olympia-Boykott

Der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt hält einen Boykott der Olympischen Sommerspiele 2024 durch mehrere Nationen weiter für vorstellbar. Wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Sportlerinnen und Sportlern aus Russland erlaube, in Paris als neutrale Athleten anzutreten, und die Ukraine die Spiele daraufhin boykottieren würde, würden sich "andere Länder, die in verschiedenen Phasen ihrer Geschichte unter dem russischen Imperialismus gelitten haben, diesem Boykott anschließen", sagte Hutzajt der Nachrichtenagentur AFP.

Allerdings äußerte der Minister die Hoffnung, dass es nicht so weit kommen wird. Würden russische Athleten in Paris starten, würden "Propagandisten versuchen, diese Feier des Sports in eine Feier der Propaganda zu verwandeln, so wie es einst Hitler getan hat", erklärte der Fecht-Olympiasieger von 1992 unter Bezugnahme auf die Ausrichtung der Sommerspiele 1936 in Berlin: "Ich glaube, dass das IOC dies den Aggressoren nicht erlauben wird." Er schließe außerdem "nicht aus, dass die Russen eine Geste des guten Willens machen und sagen, dass sie nicht kommen werden".

Der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt: "Andere Länder, die unter dem russischen Imperialismus gelitten haben, würden sich dem Boykott anschließen"Bild: SERGEI CHUZAVKOV/AFPGetty Images

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 verhängte das IOC sportliche Sanktionen gegen Moskau und seinen Verbündeten Belarus. Im vergangenen März empfahl es jedoch, dass russische und belarussische Aktive als Einzelpersonen in Qualifikationswettbewerben unter neutraler Flagge und ohne Hymne antreten dürfen. Dies rief sowohl bei der ukrainischen Regierung als auch bei den Sportlern im überfallenen Land Protest hervor.  

Russischer Kampfjet abgestürzt

In der südrussischen Region Krasnodar ist offiziellen Angaben zufolge ein Kampfjet abgestürzt. Nach ersten Erkenntnissen sei ein Insasse ums Leben gekommen, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau. Das Schulungsflugzeug vom Typ Aero L-39 sei bei einem Trainingsflug gerade im Landeanflug gewesen, als es aus bislang ungeklärter Ursache auf den Flugplatz stürzte.

Trainings-Kampfjet vom Typ Aero L-39 (Archiv)Bild: YAY Images/IMAGO

Im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine starten aus Krasnodar Kampfflugzeuge immer wieder auch ihre Angriffe auf das Nachbarland. Seit Kriegsbeginn sind bereits mehrfach russische Kampfjets auch auf eigenem Staatsgebiet abgestürzt. Oft werden technische Probleme als offizieller Grund angegeben. Erst vor wenigen Tagen kam die Besatzung einer Su-30-Maschine ums Leben, als diese über der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad abstürzte. 

Russlands Zentralbank hebt Leitzins deutlich auf zwölf Prozent an

Die russische Notenbank hat mit einer deutlichen Zinserhöhung auf die starke Abwertung des Rubels reagiert. Der Leitzins werde von 8,5 auf 12,0 Prozent angehoben, teilte die Zentralbank am Dienstag nach einer außerordentlichen Zinssitzung mit. Es ist die stärkste Zinsanhebung seit März 2022, nachdem der Leitzins damals unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine noch stärker angehoben wurde. Der Leitzins liegt nun so hoch wie seit dem Frühjahr 2022 nicht mehr, nachdem er zwischenzeitlich wieder gesenkt worden war.

In den vergangenen Tagen war der Rubel am Devisenmarkt unter Druck geraten. Nach Einschätzung von Experten hat eine sich verschlechternde Bilanz im Außenhandel zum jüngsten Wertverfall der russischen Währung beigetragen.

kle/sti/pg/cw/mak/fw (dpa, rtr, afp, sid)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen