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Politik

Ukraine vor Verhängung des Kriegsrechts

26. November 2018

Der militärische Zusammenstoß vor der Krim und die Drohgebärden aus Moskau und Kiew haben Deutschland, EU, NATO und UN auf den Plan gerufen. Präsident Petro Poroschenko hat ein Dekret zum Kriegsrecht unterzeichnet.

Ukraine Kiew Präsident Petro Poroschenko
Präsident Poroschenko (Bildmitte) berät sich mit dem Nationalen SicherheitsratBild: Reuters/Handout Ukrainian Presidential Press Service/M. Markiv

Nach dem russischen Beschuss ukrainischer Grenzschutzboote im Schwarzen Meer vor der von Russland annektierten Krim riskieren Moskau und Kiew im Konflikt um die Halbinsel eine neue Eskalation. Präsident Petro Poroschenko unterzeichnete in Kiew ein Dekret zur Verhängung des Kriegsrechts. Sein Erlass zum Kriegszustand in der Ukraine soll 30 Tage gelten. Die Armee wurde bereits in Alarmbereitschaft versetzt. Das Parlament in Kiew muss dem Präsidenten-Dekret noch zustimmen, was aufgrund der Mehrheitsverhältnisse als sicher gilt. Offiziell kann das Kriegsrecht erst nach der Zustimmung der Volksvertreter in Kraft treten. Die haben 48 Stunden Zeit für ihre Entscheidung.

Warnung aus Moskau

Das Außenministerium in Moskau warnte die Ukraine vor ernsten Folgen in dem Konflikt: "Russland wird alle Übergriffe auf seine Souveränität und Sicherheit unterbinden", teilte das Ministerium in Moskau mit. Man habe Kiew und seine Verbündeten im Westen wiederholt davor gewarnt, dass mit dem Konflikt um die Meerenge von Kertsch eine "künstliche Hysterie" entstehe. "Das ist offensichtlich eine sorgfältig durchdachte und geplante Provokation, die für Spannung in der Region sorgen soll", hieß es. Damit soll nach Moskauer Darstellung von innenpolitischen Problemen in Kiew im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr abgelenkt werden.

Staatengemeinschaft alarmiert

Die internationale Gemeinschaft reagiert mit Erschrecken auf das jüngste russisch-ukrainische Säbelrasseln. Die Bundesregierung rief zur Zurückhaltung und Deeskalation auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in einem Telefonat mit Poroschenko, sie werde alles dafür tun, damit die Lage nicht weiter eskaliere. Berlin stehe dazu mit beiden Seiten in Kontakt, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Außenminister Heiko Maas hatte die Entwicklungen rund um das Asowsche Meer zuvor bereits "sehr besorgniserregend" genannt. "Es ist nicht akzeptabel, dass es dort eine Blockade durch Russland gibt."

Der UN-Sicherheitsrat sollte noch im Laufe des Tages auf Antrag beider Länder zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. In Berlin treffen sich hochrangige Diplomaten Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands, um im sogenannten Normandie-Format über die Deeskalation zu beraten.

Auch die NATO wird sich mit dem Konflikt befassen. Auf Bitte des ukrainischen Präsidenten sei eine Sondersitzung der NATO-Ukraine-Kommission einberufen worden, teilte das Militärbündnis mit. Bei dem Treffen soll die aktuelle Situation diskutiert werden. Nach Angaben aus NATO-Kreisen ist die Einberufung des Treffens vor allem ein symbolisches Zeichen der Unterstützung. Dass sich die NATO direkt in den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland einschaltet, gilt derzeit als ausgeschlossen, da die Ukraine nicht Mitglied des Verteidigungsbündnisses ist.

EU spricht von inakzeptablem Vorgang

Die Europäische Union hat die jüngsten Entwicklungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine als inakzeptabel bezeichnet. "In der aktuellen Lage müssen alle Seiten äußerste Zurückhaltung wahren, um die Situation zu deeskalieren", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. EU-Ratspräsident Donald Tusk verurteilte die Anwendung von Gewalt durch Russland. Russland müsse für die Rückkehr der ukrainischen Matrosen und Schiffe sorgen, weitere Provokationen müssten unterbleiben. Die für Sicherheitsfragen zuständigen EU-Botschafter wollen sich am Dienstag mit den Spannungen zwischen Moskau und Kiew beschäftigen.

Meerenge von Kertsch für Schiffsverkehr wieder offen

Der militärische Vorfall, der die Spannungen um die Krim massiv verschärft hatte, ereignete sich am Sonntag an der Straße von Kertsch, einer Meerenge vor der von Russland annektierten Halbinsel. Die russische Küstenwache hatte Patrouillenbooten der ukrainischen Marine die Durchfahrt durch die Meerenge verweigert und eines der Schiffe gerammt. Drei ukrainische Schiffe wurden aufgebracht. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. 24 ukrainische Matrosen befinden sich in russischem Gewahrsam. Während die Ukraine von einer militärischen Aggression sprach, drangen die Schiffe nach russischer Darstellung illegal in eigene Hoheitsgewässer ein.

Inzwischen hat Russland die Straße von Kertsch wieder für den Schiffsverkehr geöffnet. Das meldet die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf die Hafenbehörde. Russland hat die Krim 2014 annektiert und durch den Bau einer Brücke eine Landverbindung zu Südrussland geschaffen.

qu/se (dpa, rtr, afp)

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