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KonflikteUkraine

Ukraine: Wie gefährlich ist Russlands Offensive bei Sumy?

6. Juni 2025

Die Stadt Sumy liegt zwar nahe der russischen Grenze, aber weit weg von der aktuellen Front. Doch nun hat Russland auch dort Truppen zusammengezogen und mehrere Dörfer besetzt. Droht hier ein weiterer großer Einmarsch?

Ein Feld mit weißen Drachenzähnen aus Beton als Befestigung in der Region Sumy
Befestigungen in der Region SumyBild: Hanna Sokolova-Stekh/DW

Während Russland seine Absicht kundtut, an der Grenze zur Ukraine eine sogenannte "Pufferzone" einzurichten, setzen russische Truppen ihre Operationen im Norden der Region Sumy fort. Die ukrainische regionale Militärverwaltung bestätigte unterdessen die russische Besetzung von vier Grenzorten. 

Zuvor hatte sich die ukrainische Armee fast vollständig aus Teilen der russischen Region Kursk zurückgezogen, die sie seit August letzten Jahres besetzt gehalten hatte. Danach verstärkte sich der Beschuss der ukrainischen Grenzgebiete. Deshalb wurde von den ukrainischen Behörden die Evakuierung von elf Ortschaften angeordnet. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte Ende Mai, dass Russland eine Offensive gegen die Region Sumy vorbereitet. Dafür habe Moskau seine "stärksten und größten Einheiten" in der Region Kursk konzentriert und in der Nähe der Grenze würden weiterhin Truppen zusammengezogen. Ihre Zahl am Frontabschnitt Sumy übersteige bereits 50.000 Mann, doch den Russen mangele es an Fähigkeiten, eine zehn Kilometer tief in ukrainisches Territorium reichende "Pufferzone" zu errichten, meint Selenskyj.

Übertreibt die Kreml-Propaganda die Gefahr?

Auch der Militärexperte und Direktor der Denkfabrik New Geopolitics Research Network, Mychajlo Samus, hält die durch die jüngsten Erklärungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin bezüglich einer "Pufferzone" ausgelösten Befürchtungen für "übertrieben". Es sei nicht das erste Mal, dass Moskau derartige Absichten angekündigt habe, sagt der Experte im Gespräch mit der DW.

Folgen eines russischen Raketenangriffs auf SumyBild: Hanna Sokolova-Stekh/DW

"Es gibt dort keine Pufferzonen und es wird auch keine geben. Es gibt immer wieder russische Versuche, ukrainisches Territorium zu attackieren. Vor genau einem Jahr versuchten sie, die gesamte Region Charkiw anzugreifen und drangen sechs bis sieben Kilometer tief in die Gegend der Ortschaft Wowtschansk ein. Ein Jahr später sehen wir, dass es dabei geblieben war", stellt Samus fest.

Kampf um vorteilhafte Stellungen

Der Experte weist darauf hin, dass auch die ukrainische Armee Vorstöße in die russischen Regionen Belgorod und Kursk unternommen habe. "Sowohl die Streitkräfte der Ukraine als auch die Russlands versuchen, für sich die vorteilhaftesten Stellungen im Grenzgebiet einzunehmen, von denen aus sie Beschuss und operative Kontrolle ausüben können, insbesondere für die Durchführung nachfolgender Operationen - das heißt, Anhöhen zu besetzen und geografische Besonderheiten auszunutzen, um sich so effektiv wie möglich auf die weitere Entwicklung der Lage vorzubereiten", sagt Samus.

Seiner Einschätzung nach verfügt Russland derzeit nicht über genügend Truppen in Grenznähe, um tief in die Ukraine vorzudringen. Die Besetzung eines Teils der Grenzregion um Sumy verschaffe Moskau noch keinen taktischen Vorteil. "Sie werden versuchen, sich auf günstige Anhöhen hinzubewegen. Die ukrainische Armee weiß das und wird dagegen vorgehen", meint der Experte.

Russischer Vorstoß auf Junakiwka?

Laut Ruslan Mykula, Mitbegründer des nichtstaatlichen ukrainischen Nachrichtendienstes DeepState UA, sind die aktuellen russischen Gebietsgewinne rund um Sumy angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit ihrer Truppen bislang noch kein "großer Erfolg". Gleichzeitig bestehe noch immer das Risiko eines weiteren Vordringens russischer Truppen tief in die Region Sumy, so der Experte im DW-Gespräch - auch wenn die ukrainischen Verteidigungskräfte "bereits gelernt haben, gegen einen überlegenen Feind zu kämpfen". Seiner Einschätzung nach ist das Hauptziel der Russen das für sie strategisch wichtige Dorf Junakiwka.

Damit wäre auch der Weg in ein großes zusammenhängendes Waldgebiet frei. "Wenn sie in den Wald vordringen, wird das viele Probleme verursachen. Dort ist derjenige deutlich im Vorteil, der über die größere Infanterie verfügt", so der Experte.

Gefahr für das Stadtzentrum von Sumy

Darüber hinaus würde die Besetzung von Junakiwka seiner Einschätzung nach neue Gefahren für die Zivilbevölkerung schaffen: Denn von dort aus wären auch Angriffe mit FPV-Drohnen auf das Stadtzentrum von Sumy möglich. "Damit könnten wir eine Situation wie in Cherson, Nikopol oder Kostjantyniwka erleben, wo die Russen solche Drohnen dafür einsetzen, um Busse und zivile Lastwagen zu treffen. Deshalb dürfen wir dem Feind nicht erlauben, nach Junakiwka vorzudringen", warnt Mykula.

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

 

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