Ukrainische Armee stößt weiter Richtung Süden vor
Veröffentlicht 27. August 2023Zuletzt aktualisiert 27. August 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Ukrainische Armee will weiter Richtung Süden vordringen
- Russischer Kampfjet steigt wegen US-Drohne über dem Schwarzen Meer auf
- Ukraine steht nach eigenen Angaben vor weiterer Mobilmachung
- Drohnen über Russland, Marschflugkörper über der Ukraine
- Piloten der ukrainischen Luftwaffe sterben bei Kollision in der Luft
Nach dem Durchstoßen der russischen Verteidigungslinie nahe der Ortschaft Robotyne arbeitet sich die ukrainische Armee nach eigenen Angaben weiter Richtung Süden vor. Die nächsten Ziele seien die Dörfer Nowoprokopiwka, Mala Tokmatschka und Otscheretuwate. Das kündigte der Offizier Oleksander Schtupun, Sprecher der Truppen in diesem Frontabschnitt, im ukrainischen Fernsehen an.
Die russische Luftwaffe verstärke dort zwar ihre Angriffe, Schtupun deutete dies aber als Zeichen, dass die erschöpfte russische Artillerie und Infanterie dem ukrainischen Vorstoß nicht mehr viel entgegenzusetzen habe. Diese Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen.
Allerdings sind sich Militärbeobachter einig, dass Robotyne im Gebiet Saporischschja nach wochenlangen Kämpfen tatsächlich in der Hand ukrainischer Truppen ist. Der Vorstoß gehe Richtung Süden weiter.
Bei Robotyne hatten die Ukrainer eine verminte und befestigte russische Verteidigungslinie durchbrochen. Der Erfolg ist auch psychologisch wichtig angesichts von Kritik vor allem in den USA, dass die ukrainische Gegenoffensive keine Fortschritte mache.
Richtung Süden geraten für die ukrainischen Truppen die besetzten Städte Tokmak und Melitopol in den Blick. Robotyne liegt ungefähr 100 Kilometer vor Berdjansk und 85 Kilometer von Melitopol. Auch rückt ihre Artillerie dichter an russische Nachschublinien heran. Die Ukraine hofft in dieser Region bis an das Asowsche Meer vorzustoßen und für die Russen die Landverbindung zur Halbinsel Krim abzuschneiden.
Russische Truppen griffen ihrerseits bei den Städten Awdijiwka und Marjinka im Gebiet Donezk an, sagte Armeesprecher Schtupun. Es gelinge aber, diese Angriffe abzuwehren.
Russischer Kampfjet steigt wegen US-Drohne über dem Schwarzen Meer auf
Wegen einer US-Aufklärungsdrohne über dem Schwarzen Meer hat das russische Militär nach eigenen Angaben einen Kampfjet aufsteigen lassen. Luftüberwachungssysteme hätten ein Ziel erkannt, welches sich auf den russischen Luftraum zubewegt habe, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Daraufhin sei ein Jagdflugzeug vom Typ Su-30 entsandt worden, um das Flugobjekt zu identifizieren und eine Verletzung der Grenze zu verhindern. Der russischen Militärführung zufolge drehte die Drohne vom Typ MQ-9A "Reaper" daraufhin ab, auch der Kampfjet kehrte zurück.
Aus Washington gab es zunächst keine Stellungnahme dazu. Die USA hatten nach früheren Vorfällen über dem Schwarzen Meer betont, ihre Aufklärungsdrohnen befänden sich rechtmäßig im internationalen Luftraum.
Kiew bereitet weitere Mobilmachung vor
Die Regierung der Ukraine bereitet nach eigenen Angaben für den Abwehrkampf gegen Russland weitere Einberufungen vor. "Ja, die Militärs haben sich an uns gewandt und es wird wohl eine zusätzliche Einberufung geben", sagte der Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, im Rundfunk. Die Mobilmachung werde aber nicht über die zu Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 bereits festgelegten Parameter hinausgehen, versicherte er.
Laut Danilow handelt es sich nicht um eine außerplanmäßige Maßnahme. Die Mobilmachung laufe seit eineinhalb Jahren, mehrere Etappen seien bereits durchlaufen worden. "Man muss deswegen keinen Lärm schlagen, alles läuft nach dem Plan, den wir derzeit verfolgen", sagte der Kiewer Top-Beamte.
Nach Beginn der russischen Invasion hatte die Ukraine das Kriegsrecht ausgerufen. Alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind daher grundsätzlich zum Wehrdienst verpflichtet und können einberufen werden - es sei denn, sie sind aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen, etwa als alleinerziehende Väter, vom Dienst befreit.
Die genaue Anzahl der bisher Einberufenen ist nicht bekannt. Vor einem Jahr bezifferte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar die Anzahl bereits auf mehrere Hunderttausend. Wegen der Verluste an der Front müssen immer wieder neue Rekruten ausgebildet und in den Kampf geschickt werden.
Zuletzt wurde die Ukraine von Einberufungsskandalen erschüttert. Medien hatten einen Fall publik gemacht, bei dem sich ein korrupter Beamter eines Kreiswehrersatzamtes Immobilien in Spanien kaufte. Offenbar finanzierte er dies mit Bestechungsgeld, dass er dafür bekam, reiche junge Ukrainer für dienstuntauglich zu erklären. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte daraufhin das gesamte Einberufungssystem auf Korruption zu überprüfen.
Am Mittwoch hatte Selenskyj bei einer Pressekonferenz auf die Frage, ob angesichts hoher Verluste künftig mehr Rekruten einberufen werden sollen, auch erklärt, dass die Militärführung darum bitte, mehr Soldaten zu mobilisieren.
Drohnen über Russland, Marschflugkörper über der Ukraine
Die russische Luftabwehr hat nach Angaben von Russlands Verteidigungsministeriums erneut Drohnenangriffe auf Grenzgebiete zur Ukraine abgewehrt. Je eine Drohne sei über den beiden Region Brjansk und Kursk abgeschossen worden, teilte das Ministerium in Moskau mit.
Laut der Verwaltung des Gebiets Kursk ist eine Drohne in einem Hochhaus eingeschlagen. Niemand sei verletzt worden, so Gouverneur Roman Starowojt. In mehreren Etagen seien die Fenster geborsten. Die Angaben lassen sich zudem nicht unabhängig prüfen. Immer wieder hatte es in den vergangenen Wochen Berichte aus Russland über ähnliche Angriffe gegeben.
Auch die Ukraine meldet erneut Attacken auf ihr Gebiet. Nach Angaben der Militärverwaltung in Kiew haben die ukrainischen Luftabwehrsysteme am frühen Sonntag einen russischen Luftangriff auf die ukrainische Hauptstadt abgewehrt. Nach Angaben von Anwohnern, mit denen die Nachrichtenagentur Reuters gesprochen hat, waren Explosionen in der Stadt zu hören.
Laut ukrainischer Luftwaffe sollen dabei von Russland Marschflugkörper eingesetzt worden sein. Diese Lenkraketen seien von russischen Kampfflugzeugen bei der Stadt Engels an der Wolga gestartet worden. Insgesamt seien acht Flugkörper beobachtet worden. Vier von ihnen seien über der nördlichen und zentralen Ukraine abgeschossen worden. Es könnte sich bei einigen der Lenkraketen um Attrappen gehandelt haben, hieß es. Auch diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
In Folge russischer Raketenangriffe sollen in der Region Kiew nach Angaben der Behörden zwei Menschen verletzt worden sein. Zudem seien zehn Gebäude beschädigt worden, als Trümmer abgeschossener russischer Raketen niedergingen, teilte Gouverneur Ruslan Krawtschenko. Dank der ukrainischen Luftabwehr habe es bei dem nächtlichen Angriff keine Raketeneinschläge an zivilen Zielen oder der kritischen Infrastruktur gegeben.
Der Gouverneur von Tscherkassy, Ihor Taburez, teilte ebenfalls mit, dass das zentralukrainische Gebiet die Luftabwehr aktiviert habe. Über Schäden oder Opfer ist dort ebenfalls nichts bekannt. In der gesamten Ukraine herrschte am Morgen Fliegeralarm.
Ukraine meldet Zusammenstoß von Luftwaffenflugzeugen
Drei Piloten der ukrainischen Luftwaffe sind nach Angaben aus Kiew bei einem Flugunfall im Nordwesten des Landes ums Leben gekommen. Zwei Übungsflugzeuge des Typs L-39 sind in der Region Schytomyr in der Luft kollidiert, wie die ukrainische Luftwaffe mitteilte.
"Mein Mitgefühl den Angehörigen und Vertrauten, allen denjenigen, die die jungen Männer gekannt haben", sagte Präsident Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Zu den Opfern habe auch der bekannte Kampfpilot Andrij Pilschtschykow gehört, der viel zur Luftverteidigung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression beigetragen habe.
Selenskyj versprach eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Für Kiew ist die Reputation der eigenen Kampfpiloten von hoher Bedeutung.
Der Unfall ist ein schwerer Rückschlag für die Ukraine, die seit Monaten ihre westlichen Verbündeten um moderne Kampfjets bittet, um ihre aus der Sowjetzeit stammende Luftflotte zu verstärken und die Gegenoffensive gegen die russische Armee voranzutreiben. Dänemark, die Niederlande und zuletzt Norwegen hatten der Ukraine kürzlich die Lieferung von F-16-Jets zugesagt.
qu/ust/AR/nob/uh/as (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.