Hoeneß und der Selbstanzeigen-Boom
14. Januar 20142014 ist das Schicksalsjahr für Uli Hoeneß. Der Präsident des FC Bayern München muss sich ab Montag vor dem Oberlandesgericht in München wegen Steuerhinterziehung verantworten. Der 62-Jährige hatte sich im Januar 2013 selbst angezeigt, im Juli 2013 folgte die Klage der Staatsanwaltschaft München.
Hoeneß hat erfahrenen Rechtsbeistand: Hanns Feigen, der ihn im Prozess vertritt, verteidigte 2008 bereits den damaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel. Dieser gestand, knapp eine Million Euro Steuern hinterzogen zu haben und wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Straffrei durch Selbstanzeige
Der FC Bayern-Präsident hatte angeblich ein heimliches Konto bei einer Schweizer Bank und soll dort zwischen 2003 und 2009 mehr als 30 Millionen Euro Gewinne aus Spekulationsgeschäften deponiert haben, so die "Süddeutsche Zeitung". Dabei soll er rund 3,5 Millionen Euro hinterzogen haben, berichtete die Tageszeitung Ende Februar dieses Jahres. Der Grund dafür, dass sich Hoeneß jetzt vor Gericht verantworten muss: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass seine Selbstanzeige unvollständig war.
"Im Fall von Uli Hoeneß könnte der Eindruck entstehen, wer sich selbst anzeige, würde prinzipiell trotzdem bestraft", sagt Steuerberater Matthias Berg der DW. "Normalerweise ist es aber so, dass die Selbstanzeige dazu dient, dass man eben nicht bestraft wird."
Wer von sich aus detailliert angibt, wann er wie viel Steuern hinterzogen hat, bekommt keine Freiheitsstrafe - aber von Straffreiheit kann trotzdem keine Rede sein. "Die Steuern müssen nachgezahlt werden und die dabei anfallenden Hinterziehungszinsen ebenfalls", so der Berater. Die Zinsen liegen laut Bergs Karlsruher Kanzlei bei sechs Prozent pro Jahr. Bei einem "Steuerfall von beträchtlicher Höhe" komme außerdem noch eine Zusatzzahlung von fünf Prozent der Gesamtsumme hinzu.
Gescheitertes Schweizer Steuerabkommen
Bei Bergs Firma in Karlsruhe gab es nach dem Bekanntwerden von Hoeneß' Fall im April 2013 keinen plötzlichen Ansturm von Menschen, die ihren eigenen Steuerbetrug anzeigen wollten. Das Scheitern eines Steuerabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland Ende 2012 macht Berg für mehr Selbstanzeigen verantwortlich.
Das Abkommen sah eine einmalige Nachversteuerung von deutschem Schwarzgeld vor, das auf Schweizer Bankkonten gelagert war - ohne weitere Strafe für die Hinterzieher. Kritiker bemängelten den zu niedrigen Steuersatz, den die Steuersünder zahlen sollten.
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans ärgerte sich 2012 außerdem über die sogenannte Übergangszeit: Das Gesetz hätte erst 2013 gegriffen. Bis dahin hätten deutsche Kontoinhaber ihr Geld von Schweizer Konten in andere Länder transferieren können. Der Gesetzesvorschlag wurde im Bundesrat von den rot-grün regierten Ländern gestoppt.
Auf dieses Abkommen soll auch Hoeneß gezählt haben. Wäre es in Kraft getreten, hätte er anonym bleiben können; die deutschen Behörden hätten seinen Namen nicht erfahren. Erst als klar war, dass es nicht zustande kommen würde, zeigte Hoeneß sich selbst an.
Sprunghafter Anstieg von Selbstanzeigen
2013 hat es nach Angaben der Finanzministerien aller 16 Bundesländer mehr als 24.000 Selbstanzeigen gegeben. 2012 waren es nur 8100 Steuerhinterzieher, die sich stellten. Die meisten Selbstanzeigen, 6200, gab es in Baden-Württemberg. Aber auch im kleinsten Bundesland Bremen waren es 2013 wesentlich mehr als im Vorjahr.
"Es gab eine deutliche Steigerung, wir hatten einen Boom an Selbstanzeigen", heißt es aus dem Büro der Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert gegenüber der DW. "2012 waren es 42 Fälle, 2013 dann 175 Fälle." Grund für diesen Anstieg sei unter anderem die Selbstanzeige des prominenten FC Bayern-Präsidenten gewesen - aber nicht ausschließlich: "Es gibt immer ein Bündel von Gründen. Das gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz, der Fall Hoeneß und die Berichterstattung darüber, sowie der Druck Schweizer Banken auf deutsche Kunden ihre Steuersituation zu klären - das alles zeigt sicherlich Wirkung."
Mit Beginn des Prozesses von Uli Hoeneß wird wohl auch 2014 wieder ein Jahr, in dem sich viele Steuerhinterzieher zu ihren Sünden bekennen. Vier Verhandlungstermine sind zunächst angesetzt. Am Ende des Verfahrens wird dann klar sein, ob Hoeneß mit einer Geld- oder Bewährungsstrafe davonkommt - oder die Spiele seines Fußballvereins aus dem Gefängnis verfolgen muss.