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Politik

Nordkorea: Angst ja, Angriff nein

6. Oktober 2017

Diplomatie statt Bomben, Verhandlungen statt Sanktionen: Dies ist das Ergebnis einer Umfrage zum Nordkorea-Konflikt, die die Gallup International Association am Tag der Verkündung des Friedensnobelpreises veröffentlicht.

Nordkorea Wasserstoffbombe
Bild: picture-alliance/H. Ringhofer/picturedesk.com

"Die Botschaft an die Politik, auch die amerikanische, lautet: Nehmt Euch mehr Zeit für Diplomatie und findet einen friedlichen Weg, um den Konflikt mit Nordkorea zu lösen", sagt Kancho Stoychev, Vorsitzender der Gallup International Association (GIA), eines weltweiten Verbundes von Meinungsforschungsunternehmen mit Sitz in Zürich.

Dass die Ergebnisse der Blitzumfrage in 14 Ländern ausgerechnet am Tag der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises veröffentlicht werden, sei reiner Zufall, so Stoychev. "Es war keine Absicht. Aber vielleicht trägt dies ja zu einem behutsamen Umgang mit der Krise bei", sagt er im DW-Interview.

Insgesamt 17.107 Personen in 14 Ländern, darunter Russland und die USA, wurden für die Erhebung im Zeitraum vom 20. September bis 1. Oktober befragt. Die öffentliche Meinung von Nordkoreas Nachbarland China allerdings floss in die Erhebung nicht ein. Der Grund: Die Durchführung von Blitzumfragen sei dort aus politischen Gründen nicht möglich, so Stoychev.

Angst vor atomarer Katastrophe

Zwei Fragen standen im Zentrum: Für wie wahrscheinlich halten Sie, dass Nordkorea Atomwaffen einsetzt? Und: Befürworten Sie weiterhin eine diplomatische Lösung, oder halten Sie mittlerweile eine militärische Option für notwendig? Die Frage, ob auch vom Weißen Haus eine Bedrohung ausgeht, wurde aus Zeitgründen nicht gestellt.

Das Ergebnis ist eindeutig: Trotz der anhaltenden Provokationen aus Pjöngjang befürwortet eine überwältigende Mehrheit der Befragten weiterhin diplomatische Verhandlungen (siehe Grafik). Für Johnny Heald, den wissenschaftlichen Direktor der GIA, spielt dabei vor allem die Persönlichkeit von Kim Jong-Un eine Rolle. "Eine militärische Antwort scheint vielen Menschen bei einem Anführer, der über Nuklearsprengköpfe verfügt und in der Vergangenheit Langstreckenraketen getestet hat, als zu riskant", meint Heald.

Blackbox Nordkorea

In der Tat: Die Angst vor Pjöngjang sitzt tief. In den USA halten 46 Prozent der Befragten den Einsatz von Atomwaffen für wahrscheinlich. In Deutschland sind es 48 Prozent, und in Pakistan 51 Prozent. Am größten ist die Angst vor dem Einsatz der Atombombe in Vietnam mit 54 Prozent.

Bezeichnenderweise ist in den unmittelbaren Nachbarländern Nordkoreas die Furcht am geringsten ausgeprägt. In Südkorea befürchten 35 Prozent der Bevölkerung einen Angriff, und in Russland sind es nur 23 Prozent.

Üben für den Ernstfall: Streitkräfte der USA und Südkoreas im April bei einem Manöver an der Grenze zu NordkoreaBild: Reuters/K. Hong-Ji

"Russland könnte von einer nordkoreanischen Rakete auf jeden Fall getroffen werden, doch bis jetzt haben sich die nordkoreanischen Aggressionen noch nie gegen Russland gerichtet", sagt Gallup-Chef Stoychev. Auch für die südkoreanische Gelassenheit hat er eine Erklärung. Das Land sei seit Jahrzehnten der Bedrohung aus dem Norden ausgesetzt und habe sich daran gewöhnt.

Tokio fordert schärfere Gangart

In Japan hingegen halten 45 Prozent der Bevölkerung einen atomaren Angriff aus Pjöngjang für möglich."Die Leute sind aufgeschreckt, seit im September eine Mittelstreckenrakete über ihr Territorium hinweg flog", sagt Stoychev.

Japans Verteidigungsminister Itsunori Onodera verurteilt den Abschuss von nordkoreanischen MittelstreckenraketenBild: Getty Images/AFP/T. Kitamura

Dies sei auch der Grund dafür, dass dort ein großer Anteil der Bevölkerung eine militärische Lösung des Konfliktes unterstütze (siehe Grafik). In Japan und Pakistan befürworten 49 Prozent der Bevölkerung einen militärischen Einsatz gegen Nordkorea.

Für Kancho Stoychev ist dies nachvollziehbar, doch wenig erfolgsversprechend. Er verweist auf die langwierigen, aber schließlich erfolgreichen Verhandlungen zum Atomabkommen mit dem Iran im Juli 2015.

"Das Abkommen mit dem Iran ist für mich ein gutes Beispiel. Die Verhandlungen mit der internationalen Gemeinschaft haben sehr lange gedauert, aber schließlich kam es zu einem Deal", erinnert Stoychev. "Der Iran hat sein Programm zur Entwicklung von Atombomben eingestellt."

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