1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Gesellschaft

Umstrittene Erinnerung: Der Kolumbus-Tag

Vera Kern
12. Oktober 2017

Eigentlich wollte er nach Indien. Stattdessen entdeckte Kolumbus Amerika - der Kolumbus-Tag am 12. Oktober erinnert in Spanien und Amerika daran. Indigene erinnert der Tag vor allem an eine brutale Eroberungsgeschichte.

Feierlichkeiten am Kolumbus-Tag in Pittston, USA (Foto: picture-alliance/AP/The Citizens' Voice/D. Scherbenco)
Bild: picture-alliance/AP/The Citizens' Voice/D. Scherbenco

Es ist ein Feiertag zu Ehren des italienischen Seefahrers und Entdeckers Christoph Kolumbus (1451-1506): Am 12. Oktober 1492 kam er, unterwegs in spanischen Diensten, in der "Neuen Welt" an. Der Kolumbus-Tag will an dieses geschichtliche Großereignis erinnern.

Für viele Menschen, insbesondere in Lateinamerika, steht Kolumbus jedoch für den Beginn einer leidvollen Geschichte. Schließlich begann mit seiner Eroberung die spanische Kolonialzeit auf dem amerikanischen Kontinent - aus Sicht der indigenen Bevölkerung ein dunkles Kapitel, das vor allem für Völkermord und jahrelange Unterdrückung steht. Der Kolumbus-Tag ist und bleibt daher umstritten. Gefeiert wird er dennoch weiterhin - wenn auch mancherorts unter anderem Namen. Ein Überblick.

Columbus Day

Die Erinnerung an Kolumbus hat in den USA eine lange Tradition. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts fanden entlang der Ostküste kleine Feierlichkeiten dazu statt. Offiziell wird der Columbus Day seit 1909 begangen. Seit 1968 ist er ein beweglicher nationaler Feiertag, der jeweils am zweiten Montag im Oktober stattfindet - in diesem Jahr also am 9. Oktober. Mit aufwändigen Paraden und Straßenumzügen wurde traditionell auch wieder in New York gefeiert.

In New York gehört die Parade am Kolumbus-Tag einfach dazu - trotz wachsender KritikBild: picture alliance / Photoshot

Aber auch in den USA ist der Jahrestag zunehmend umstritten. In manchen Bundesstaaten wurde er bereits umbenannt in "Indigenous Peoples' Day" oder "Native American Day". Die Idee: Der Tag soll der Opfer der Kolonialisierung gedenken - und nicht die brutalen Eroberung und die daraus folgende Ausbeutung der indianischen Ureinwohner heroisieren. Aus Protest wurden auch in diesem Jahr im ganzen Land mehrere Kolumbus-Statuen mit blutroter Farbe beschmiert. Ein Ehrentag für die Ureinwohner Nordamerikas - das stößt aber wiederum den Italo-Amerikanern auf. Der Kolumbus-Tag, so ihre Argumentation, erinnere auch an ihre Einwanderungsgeschichte. Schließlich war Christoph Kolumbus ein Italiener.

Día de la Hispanidad

Kolumbus eroberte im Auftrag der spanischen Krone die Welt - mit seiner Entdeckung Amerikas begann für Spanien das große Kapitel der Kolonialisierung. Der Jahrestag soll auch die Vernetzung mit der spanischsprachigen Welt in Lateinamerika feiern. Er symbolisiert, wie die spanische Sprache und Kultur sich von Europa nach Amerika ausgedehnt haben. Viele Spanier nennen den Tag immer noch "Día de la Hispanidad", also "Tag der Hispanität". Offiziell heißt er aber seit 1987 "Fiesta Nacional de España" und wird seither als spanischer Nationalfeiertag begangen.

Militärische Ehren für den spanischen König: Parade in Madrid zum Nationalfeiertag - trotz Katalonien-KriseBild: picture-alliance/dpa/Casa de S.M. el Rey

Auch in diesem Jahr wird mit einer großen Militärparade in Madrid gefeiert, an der auch König Felipe VI und der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy teilnehmen. Die Feierlichkeiten werden allerdings von der Katalonien-Krise überschattet. Eigentlich sollen die tausenden von spanischen Flaggen, die am Nationalfeiertag gehisst und geschwenkt werden, die Einheit Spaniens anmahnen. In diesem Jahr dürften sie aber auch ein Zeichen des Protests gegen eine drohende Abspaltung Kataloniens sein.

Ein Tag - viele Namen

"Tag der Rasse", auf Spanisch "Día de la Raza", so heißt der Jahrestag tatsächlich in manchen lateinamerikanischen Ländern - eine umstrittene Bezeichnung. Einige Länder haben den Tag daher nach massiven Protesten von indigenen Gruppen umgewidmet. Sie wollen den Fokus weg von Christoph Kolumbus und der Großmacht Spanien lenken - und stattdessen auf ihre eigene Geschichte und Kultur aufmerksam machen.

Indigene Gruppen kritisieren den Kolumbus-Tag - wie hier in der kolumbianischen Hauptstadt BogotáBild: picture-alliance/dpa/C. Duran

Wie umgehen mit dem kolonialen Erbe? Das bleibt eine Herausforderung in vielen Ländern weltweit - sei es bei denen, die teilweise brutal erobert wurden, oder denen der Eroberer selbst in Europa. Statuen, Denkmäler, Straßenschilder - überall erinnern Namen nach wie vor an zwiespältige Figuren der Geschichte. Doch vieles wird inzwischen in Frage gestellt - nicht zuletzt von den betroffenen Minderheiten, den Nachfahren der einst Unterjochten selbst.

Für die indigenen Minderheiten in Lateinamerika hat der umstrittene Feiertag daher einen hohen Symbolcharakter. Auch sie feiern ihn nach wie vor - aber unter anderen Vorzeichen. In Venezuela wurde der Tag 2002 in "Día de la Resistencia Indígena", "Tag des Indigenen Widerstands", umbenannt. In Argentinien steht er als "Tag des Respektes vor der kulturellen Verschiedenheit" im Kalender, in Bolivien als "Tag der Entkolonialisierung". Ecuador feiert einen "Tag der Interkulturalität" und Chile den "Tag der Entdeckung der zwei Welten". 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen