1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Umstrittene Rüstungsexporte

Nina Werkhäuser20. November 2013

Deutsche Firmen exportierten im vergangenen Jahr weniger Rüstungsgüter als zuvor. Sie machten aber nach wie vor auch heikle Geschäfte: An der Spitze der Kundenliste steht die Golfmonarchie Saudi-Arabien.

Deutscher Kampfpanzer Leopard 2, Foto:dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Auf der Liste der zehn weltgrößten Rüstungsfirmen findet sich kein einziges deutsches Unternehmen. Trotzdem ist Deutschland einer der größten Rüstungsexporteure der Welt. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri führt Deutschland in seiner Länderstatistik für die Jahre 2008 bis 2012 auf Platz 3 hinter den USA und Russland. Die renommierte Studie des US-Kongresses zu den internationalen Rüstungsexporten sah Deutschland zuletzt an sechster Stelle im weltweiten Waffenhandel.

Gute Geschäfte machen die größtenteils mittelständischen deutschen Rüstungsfirmen mit Kampfpanzern und Kriegsschiffen, die als "teuer, aber technologisch spitze" gelten. Auch automatische Handfeuerwaffen aus deutscher Produktion verkaufen sich bestens. Das löst immer wieder die Frage aus, ob der rege Waffenhandel zum Anspruch einer deutschen Friedenspolitik passt. Zumal bei weitem nicht alle Empfängerländer das Etikett "Demokratie" verdienen.

Weniger Genehmigungen, weniger Ausfuhren

Die Bundesregierung kann hier keinen Widerspruch erkennen und hält die Ranglisten für wenig seriös. Das Institut Sipri arbeite mit "fiktiven Werten", heißt es im aktuellen Rüstungsexportbericht, den das Kabinett an diesem Mittwoch (20.11.2013) beschlossen hat. Außerdem würden Güter einbezogen, "die nicht von der internationalen Liste der Rüstungsgüter erfasst werden". Insgesamt seien die deutschen Rüstungsexporte rückläufig, erklärt die Bundesregierung. Im vergangenen Jahr hätten sie weniger als ein Prozent aller deutschen Exporte ausgemacht.

Alles in allem hat die Bundesregierung 2012 Waffenlieferungen im Wert von 4,7 Milliarden Euro genehmigt. Das ist ein Rückgang von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Genehmigungen bedeuten nicht automatisch, dass im Berichtsjahr Rüstungsgüter in dieser Größenordnung verkauft werden. Daher listet der Bericht auch die tatsächlichen Ausfuhren auf. Diese nahmen 2012 von knapp 1,3 Milliarden auf 946 Millionen Euro ab, sanken also um etwa ein Viertel. In den vergangenen Jahren wurden stets Waffen für deutlich mehr als eine Milliarde Euro verkauft.

Großkunde Saudi-Arabien

Das finanzielle Volumen allein ist aber nicht ausschlaggebend, es kommt auch auf die Empfängerländer an. Der Großteil der deutschen Exporte ging in die Nato und die EU, an Länder wie Großbritannien, Kanada oder Frankreich. Hier sind die Genehmigungen unproblematisch. An Entwicklungsländer wurden im Jahr 2012 Kriegswaffen im Wert von insgesamt 195,7 Millionen Euro ausgeführt, was immerhin einem Anteil von knapp 21 Prozent entspricht. Stark zugenommen hat der Verkauf von Kleinwaffen, deren Verbleib besonders schwer zu kontrollieren ist.

Außenminister Guido Westerwelle und der saudische König AbdullahBild: AP

Die Liste der größten Abnehmer führt Saudi-Arabien an, das im Jahr zuvor noch auf Platz 12 lag. Für gut 1,2 Milliarden Euro kaufte der Golfstaat unter anderem Ausrüstung für die Grenzsicherung und Radare für die Gefechtsfeldüberwachung. Das Land zeigt seit Jahren Interesse an deutschen Rüstungsgütern, etwa an Leopard-Kampfpanzern und U-Booten, an Munition und militärischer Kommunikationsausrüstung.

Großzügige Auslegung der Richtlinien

Die Waffenlieferungen an den Golf sind umstritten: Die restriktive Politik des Herrscherhauses im eigenen Land und die Hilfe bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Nachbarland Bahrein wären bei strenger Auslegung der deutschen Rüstungsexportrichtlinien ein triftiger Grund, Genehmigungen zu verweigern. In den Richtlinien heißt es, dass Ausfuhrgenehmigungen grundsätzlich nicht erteilt werden dürfen, wenn die Waffen zur internen Repression oder zu systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden können.

"Deutschland verabschiedet sich immer weiter von einer restriktiven Exportpolitik und ignoriert die eigenen Richtlinien und Menschenrechtsberichte", kritisiert Katja Keul, die Rüstungsexpertin der Grünen im Bundestag. Der Abgeordnete Jan van Aken (Die Linke) hält die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien für skrupellos. "Mit hehren Worten steht die Regierung Merkel auf der Seite der Reformer in der arabischen Welt, mit ihren Rüstungsexporten unterstützt sie die Despoten." Die Bundesregierung verteidigt die Geschäfte deutscher Unternehmen mit Saudi-Arabien. Der Golfstaat sei "ein wichtiger Akteur, wenn es um die Stabilität in dieser Region geht", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert, und außerdem ein Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Exportschlager: Kampfpanzer Leopard-2A5Bild: picture-alliance/dpa

Das Parlament wird besser informiert

Bisher deutet nichts darauf hin, dass eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD an der bisherigen Genehmigungspraxis etwas ändern wird. Wie das Beispiel Saudi-Arabien zeigt, haben übergeordnete strategische Interessen dabei oft ein größeres Gewicht als die potenzielle Gefahr des Missbrauchs der Waffen.

Die Zwischenergebnisse der Koalitionsverhandlungen enthalten lediglich den Vorschlag, die Geheimniskrämerei rund um die Exportgenehmigungen zu beenden. Die Bundesregierung will das Parlament künftig "unverzüglich unterrichten", wenn sie die Genehmigung für ein Rüstungsgeschäft erteilt hat. Bisher erfuhr der Bundestag in der Regel im Herbst, welche Waffengeschäfte im Vorjahr getätigt wurden. Künftig soll der jährliche Rüstungsexportbericht noch vor der Sommerpause des Folgejahres vorgelegt und durch einen zusätzlichen Zwischenbericht ergänzt werden. In anderen Ländern ist die regelmäßige Unterrichtung des Parlaments über Rüstungsexporte längst gängige Praxis.

In Zukunft mehr Transparenz bei Rüstungsexporten?Bild: Eisenhans - Fotolia.com
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen