1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikIsrael

Umstrittene Rüstungshilfe mit MK84-Bomben für Israel

Andreas Noll
21. Juli 2024

Israel hat eine leistungsfähige Rüstungsindustrie. Trotzdem muss das Land für den Kampf gegen die Hamas Waffen und Munition aus dem Ausland beziehen. Vor allem die Lieferung von MK84-Bomben ist umstritten.

MK-84 Allzweckbombe in einem Waffenmagazin an Bord der USS George Washington (29.05.2004)
2000-Pfund-Freifallbombe vom Typ MK-84 in einem US-Arsenal (Archivbild)Bild: JASON R. ZALASKY/AFP

Die USA sind seit Jahrzehnten der wichtigste Waffenlieferant Israels. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI kamen zwischen 2019 und 2023 zusammen 99 Prozent der israelischen Waffenimporte für Israel allein aus den Vereinigten Staaten (69 Prozent) und Deutschland (30 Prozent).

Vor dem Überfall der Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober lieferten die USA im Schnitt Rüstungsgüter im Wert von gut drei Milliarden US-Dollar pro Jahr nach Israel. In absoluten Zahlen liegt Israel damit jedoch hinter anderen Staaten der Region. In den vergangenen fünf Jahren gingen 15 Prozent der US-Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, 8,2 Prozent nach Katar, 4,5 Prozent nach Kuwait und 3,6 Prozent nach Israel.

Im Krieg gegen die militante Hamas im Gazastreifen und gegen die Hisbollah im Libanon spielen vor allem Kampfflugzeuge aus den USA eine wichtige Rolle. Zudem lieferten die USA laut SIPRI Ende vergangenen Jahres Tausende von Lenkwaffen und Raketen an Israel. Dennoch lag das Gesamtvolumen der israelischen Waffenimporte im vergangenen Jahr nicht wesentlich höher als im Jahr davor.

Welche Waffen liefern die USA für den Krieg im Gazastreifen?

Innenpolitisch umstritten ist in den USA vor allem die Lieferung schwerer Bomben an Israel für den Kampf gegen die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas. Im Mai hatte US-Präsident Joe Biden die Lieferung von 2000-Pfund-Bomben und 500-Pfund-Bomben vorübergehend ausgesetzt. Die US-Regierung hatte Bedenken wegen der israelischen Kriegsführung und der hohen Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen geäußert.

Präsident Biden und Premier Netanjahu (im Oktober in Tel Aviv): Bombenlieferungen vorübergehend ausgesetztBild: Brendan Smialowski/AFP

Nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza hat die Zahl der Toten in dem Palästinensergebiet mittlerweile die 38.000-Marke überschritten. "Unsere Hauptsorge war und ist der mögliche Einsatz von 2000-Pfund-Bomben in Rafah und anderswo in Gaza", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen hohen US-Regierungsvertreter.

Dass die USA die Lieferung schwerer Bomben für mehrere Wochen ausgesetzt haben, ändert jedoch nichts am stetigen Strom von US-Waffen über den Atlantik. Das zeigt eine Zwischenbilanz von Reuters der Lieferungen seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges bis Ende Juni.

Folgen eines Bombardements in Nuseirat im Gazastreifen (am Mittwoch)Bild: EYAD BABA/AFP/Getty Images

Demnach wurden trotz des aktuellen Exportstopps mindestens 14.000 der umstrittenen 2000-Pfund-Bomben vom Typ MK-84 und 6500 500-Pfund-Bomben an Israel geliefert - zudem uneingeschränkt 3000 präzisionsgelenkte Hellfire-Luft-Boden-Raketen, 1000 bunkerbrechende Bomben, 2600 aus der Luft abgeworfene Bomben mit kleinem Durchmesser und andere Munition. Außerdem wurden mittlerweile die Lieferungen von 500-Pfund-Bomben in diesem Monat wieder aufgenommen.

Warum sind die MK84-Bomben umstritten?

Die 2000-Pfund-Bomben vom Typ MK84 zählt zu den größten konventionellen Freifallbomben im Arsenal der US-Streitkräfte. Abgeworfen von Flugzeugen treffen sie ihr Ziel nicht immer punktgenau.

Ein F15-Kampfjet wirft MK-84-Bomben über einem Testgebiet in Kalifornien ab (Archivbild)Bild: USAF/Getty Images

Die MK84 enthält mehr als 400 Kilogramm Triton-Sprengstoff, mit dem sie Beton- und Metallstrukturen durchschlagen und massive Zerstörungen anrichten kann. Die Bombe wird häufig gegen stark befestigte Ziele oder unterirdische Bunker eingesetzt. Ihr Einsatz in dicht besiedelten Gebieten ist wegen des großen Explosionsradius und der hohen Zerstörungskraft unter Experten besonders umstritten. 

Welche Rüstungsgüter liefert Deutschland an Israel?

Die deutsche Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Rüstungsexporte im Wert von insgesamt 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt. Davon entfielen 306,3 Millionen Euro auf sonstige Rüstungsgüter und gut 20 Millionen Euro auf Kriegswaffen.

Medienberichten zufolge handelt es sich bei den gelieferten Gütern unter anderem um 3000 tragbare Panzerabwehrwaffen, 500.000 Schuss Munition für voll- und halbautomatische Schusswaffen sowie Zünder und Treibladungen aus Deutschland. Der Löwenanteil von gut 300 Millionen Euro entfällt auf sonstige Rüstungsgüter wie gepanzerte Fahrzeuge, Militär-LKW und Sicherheitsglas.

Während im ersten Halbjahr 2023 lediglich Ausfuhren in Höhe von 38,5 Millionen Euro genehmigt wurden, stieg die Zahl sprunghaft an nach dem palästinensischen Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023.

Das für Rüstungsexporte zuständige Bundeswirtschaftsministerium in Berlin erklärte im November, als Konsequenz aus den Terroranschlägen würden "Anträge auf Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel vorrangig bearbeitet und entschieden".

Nach den deutlichen Steigerungen der Rüstungsexporte liegt Israel aktuell auf Platz sieben der deutschen Empfängerländer - allerdings mit großem Abstand zu den wichtigsten Abnehmern. Diese sind die Ukraine (über vier Milliarden Euro) sowie Norwegen und Ungarn, die jeweils Genehmigungen im Wert von über einer Milliarde Euro verzeichneten.

Wie groß ist die Hochtechnologiekooperation im Rüstungsbereich?

Zu den größten und aufwendigsten Projekten der Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Israel gehören die U-Boote der Dolphin-II-Klasse. Sie verfügen sowohl über einen Diesel- als auch über einen Brennstoffzellenantrieb. Zwei dieser Unterseeboote sind bereits bei der israelischen Marine im Einsatz: die "INS Tanin" und "INS Rahav". Das größte Boot der Dolphin-Klasse, die "INS Drakon", wird derzeit auf der deutschen Werft Thyssenkrupp Marine Systems in Kiel erprobt.

Ein Boot der Dolphin-II-Klasse beim Stapellauf in Kiel (Archivbild)Bild: Markus Scholz/dpa/picture alliance

Im Vergleich zu den ersten beiden Booten wurde bei der "Drakon" das Design stark angepasst - unter anderem im Turmbereich. Dieses U-Boot soll über eine Senkrechtstartvorrichtung für Flugkörper verfügen, mit der womöglich auch Nuklearraketen gestartet werden können. Die Grundsatzentscheidung für den Bau der Dolphin-II-Klasse fiel vor fast 20 Jahren - die endgültige Genehmigung für die Lieferung der "INS Drakon" an Israel erfolgte Ende 2023 durch den Bundessicherheitsrat.

Ist Rüstungshilfe für Israel umstritten?

Die deutsche Rüstungshilfe für Israel ist in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geraten. Zuletzt hatte die Menschenrechtsorganisation "European Center for Constitutional and Human Rights" (ECCHR) im April beim Verwaltungsgericht Berlin einen Eilantrag gestellt, um die Fortsetzung der deutschen Rüstungslieferungen an Israel zu verhindern.

Das ECCHR hatte im Namen von fünf im Gazastreifen lebenden Palästinensern geklagt, deren Angehörige bei israelischen Raketenangriffen getötet worden waren. Das Gericht lehnte die Eilanträge Mitte Juni mit der Begründung ab, die Bundesregierung habe sich bei der Genehmigung der Exporte an geltendes Recht und internationale Verpflichtungen gehalten.

Der Israel-Hamas-Krieg im Gazastreifen wurde durch den Überfall der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel ausgelöst. Terroristen aus dem Gazastreifen hatten am 7. Oktober Ortschaften in Israel und ein Popfestival überfallen und nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet. Zudem verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen.

Ziel der rechts-religiösen israelischen Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist es, mit dem Armee-Einsatz die Hamas zu zerstören. Diese wird auch von den USA und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft.