Der Oberste Gerichtshof der USA hat das Auslaufen einer unter Ex-Präsident Trump eingeführten Abschieberegelung gestoppt. Mehrere Bundesstaaten wollen die Regelung beibehalten und hatten den Supreme Court angerufen.
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Die sogenannte Titel-42-Regelung war im Jahr 2020 unter dem früheren US-Präsidenten Donald Trump eingeführt worden und sollte bereits in der vergangenen Woche auslaufen. Sie ermöglicht unter Verweis auf die Corona-Pandemie, dass an der US-Grenze zu Mexiko aufgegriffene Migranten umgehend abgewiesen werden können. In einem Antrag an den Supreme Court hatten 19 US-Bundesstaaten erklärt, ihnen würde im Fall einer Aufhebung der Titel-42-Regelung ein Ansturm von Migranten bevorstehen.
Mit einer Mehrheit von fünf zu vier Richtern gab der Oberste Gerichtshof dem Antrag der Bundesstaaten statt. Das Gericht entschied, dass die Regelung bis zu einem Grundsatzurteil zunächst in Kraft bleibt. Die Verhandlungen hierzu sollen im Februar beginnen.
In den vergangenen Tagen und Wochen waren besonders viele Migranten aus Latein- und Mittelamerika an die Südgrenze der USA gekommen, offenbar weil sie mit dem Wegfall der Titel-42-Regelung und damit mit erleichterten Einreisebedingungen rechneten. Der Bürgermeister der Grenzstadt El Paso rief angesichts der hohen Zahl an Menschen den Notstand aus. Die US-Regierung betonte, sie sei auf den Wegfall von Titel 42 vorbereitet.
Migration in die USA: Notstand in der Grenzstadt El Paso
Eigentlich sollte die umstrittene Migrationsregelung Title 42 auslaufen. Behörden fürchteten einen Ansturm auf die Grenze - in El Paso wurde gar der Notstand ausgerufen. Doch nun legte der Supreme Court sein Veto ein.
Bild: GUILLERMO ARIAS/AFP/Getty Images
Verzweiflung auf beiden Seiten
Eine haitianische Familie geht am Grenzzaun von El Paso entlang, nachdem sie den Rio Grande, in Mexiko Rio Bravo genannt, überquert hat. Verzweiflung herrscht mittlerweile auch auf der US-amerikanischen Seite des Walls: Am Wochenende rief der Bürgermeister von El Paso angesichts der hohen Zahl an Migrantinnen und Migranten, die die Grenze überqueren, den Notstand aus.
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Festung USA
Dystopischer Anblick in Eagle Pass, Texas: Ein massiver Stacheldraht-Zaun soll das Übertreten der Grenze verhindern. In den USA sollte die umstrittene Migrationsregelung Title 42, die Ex-Präsident Donald Trump eingeführt hatte, eigentlich auslaufen. Sie erlaubt es Behörden, Migranten unter Verweis auf die Corona-Pandemie zurückzuweisen und ihnen so die Möglichkeit zu nehmen, Asyl zu beantragen.
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"Richtiger Zeitpunkt für den Notstand"
Doch der Oberste Gerichtshof stoppte das Vorhaben. Title 42 besteht vorerst weiter. "Da wir sehen, dass immer mehr Asylsuchende in unsere Gemeinde kommen, und die Temperaturen sinken, dachten wir, dass nun der richtige Zeitpunkt ist, den Notstand auszurufen", erklärte El Pasos Bürgermeister Oscar Leeser, dessen Stadt am Rio Grande liegt, dem Grenzfluss zwischen Mexiko und dem US-Staat Texas.
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Ein bisschen Hoffnung
Trumps Vorgehen war scharf kritisiert worden, erst im November hatte ein Gericht die Regelung für unzulässig erklärt. Da waren bereits Hunderttausende auf ihrer Grundlage abgeschoben worden. Viele Geflüchtete leben seither in Zeltlagern entlang des Grenzzauns - so wie dieser venezolanische Migrant mit seiner kleinen Tochter. Er ist einer von Tausenden, die darauf warten, Asyl beantragen zu können.
Bild: AFP
Huckepack in ein besseres Leben
In den USA rechnet man damit, dass die Zahl der Asylsuchenden stark steigt, sobald Title 42 einmal nicht mehr in Kraft ist. Bürgermeister Leeser erklärte, er rechne mit bis zu 6000 Neuankömmlingen in El Paso pro Tag. In den letzten Tagen überquerten bereits ungewöhnlich viele Menschen die Grenze. Doch ob und wann die Regelung tatsächlich gekippt wird, ist derzeit völlig unklar.
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Die Richtung ist eindeutig, doch..
.. der Weg in die USA ist gefährlich: Flüchtende aus Südamerik, wie diese venezolanische Gruppe, durchqueren einen halben Kontinent zu Fuß. Auf ihrem Weg liegen Sümpfe, Regenwälder, Gebirge und Wüsten. Aber auch kriminelle Banden bedrohen die Menschen auf ihrer Flucht. In einer "Karawane" wie dieser erhoffen sie sich etwas mehr Schutz.
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Tödlicher Traum
Kreuze am Grenzzaun bei Tijuana erinnern an die Menschen, die beim Fluchtversuch gestorben sind. Im Juni wurden 53 tote Migrantinnen und Migranten in einem LKW in Texas entdeckt, die an Hitzschlägen und Dehydrierung gestorben waren. Seit 2014 wurden in Lateinamerika und an der Südgrenze der USA rund 6500 Migrantinnen und Migranten als tot oder verschwunden gemeldet.
Bild: GUILLERMO ARIAS/AFP/Getty Images
Am Ziel
Erschöpft und erleichtert: Diese Familie hat gerade den Rio Grande überquert und El Paso erreicht. Mit der Ausrufung des Notstands hat die Stadt nun die Möglichkeit, bestimmte Einrichtungen in Notunterkünfte umzuwandeln. Außerdem kann sie vom Bundesstaat Texas zusätzliches Personal für die Versorgung und Unterbringung der Menschen beantragen. Zunächst gilt der Notstand für sieben Tage.
Bild: CHANDAN KHANNA/AFP/Getty Images
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Auf Grundlage der Regelung sind bereits hunderttausende Menschen an der Südgrenze der USA abgeschoben worden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Regelung seit Langem scharf. Sie argumentieren, Menschen werde unter einem gesundheitspolitischen Vorwand das Recht genommen, einen Asylantrag zu stellen.
Regierung Biden lange untätig
Trumps Nachfolger Joe Biden unternahm trotzdem bis im Frühjahr 2022 nichts, um die Regelung abzuschaffen. Ein erster Versuch scheiterte im Mai am Veto eines Bundesrichters im Südstaat Louisiana nach einer Klage konservativ regierter Bundesstaaten. Gegen die Entscheidung eines Bundesrichters in der Hauptstadt Washington im November, dass die Regelung am Mittwoch vor Weihnachten enden muss, zogen dann die 19 Bundesstaaten per Eilantrag vor den Obersten Gerichtshof.
Die Flüchtlings- und Migrationspolitik ist in den USA ein politisch höchst aufgeladenes Thema. Trumps Republikaner werfen Biden und seinen Demokraten vor, unkontrolliert Menschen ins Land zu lassen und damit den USA zu schaden.