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Umweltsünder aus Übersee

Insa Wrede27. August 2002

Auf dem UN-Gipfel in Johannesburg treffen sich mehr als Hundert Staatschefs und Tausende von Umweltschützern. Vor allem ein Land fällt jedoch schon im Vorfeld immer wieder negativ auf - die Großmacht USA.

Warum nicht einmal zu Fuß gehen?!Bild: AP

Bereits auf dem Gipfel in Rio de Janeiro vor zehn Jahren wehrte sich George Bush, der Vater des heutigen US-Präsidenten George W. Bush, gegen verbindliche Regeln, deren fristgerechte Einhaltung überwacht wird und deren Nichteinhaltung bestraft wird. Hermann Ott vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt, Energie fürchtet, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt: "Die USA sind in Sachen Umwelt nicht bereit, multilaterale Verpflichtungen einzugehen. Sie versuchen, nur ihre eigenen Interessen durchzusetzen."

Die USA setzten lieber auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen. Zwar geben sich inzwischen viele Unternehmen einen grünen Anstrich, das ist aber nicht genug angesichts zunehmender Umweltverschmutzung. Gegen durchgreifende Reformen legen sie meist heftigen Protest ein. Das demonstrierte erst vor kurzem die amerikanische Autoindustrie, als sie sich energisch gegen Standards für einen niedrigeren Benzinverbrauch wehrte.

Verteidigung statt Entwicklungshilfe

Dabei beschlossen die Industrienationen bereits auf der Umweltkonferenz in Rio die Ausgaben für Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Viel getan hat sich seit dem nicht. Derzeit geben die USA gerade mal 0,2 Prozent des Bruttoinlandproduktes für Entwicklungshilfe aus. Allerdings sagten sie auf der UN-Konferenz in Monterrey diesen Jahres zu, bis 2006 die Entwicklungshilfe von jährlich 10 Milliarden auf jährlich 15 Milliarden Euro zu erhöhen.

Wenn es um die Verteidigung ihres Landes geht, sind die Amerikaner weniger zimperlich. Nach dem 11. September wurden die Ausgaben für die Verteidigung in Schwindel erregende Höhen getrieben. Offen bleibt die Frage, ob sie einen Teil des Geldes nicht besser für Entwicklungshilfe ausgegeben hätten. Denn wo weniger Armut ist, ist auch ein geringerer Nährboden für Terroristen. Hermann Ott ist der Meinung, dass verstärkte Entwicklungshilfe letztendlich auch der amerikanischen Wirtschaft zugute kommt: "Jenseits aller altruistischen Motive zu helfen ist Entwicklungshilfe tatsächlich auch eine Art Förderung für das eigene Land. Denn jeder Euro der dort ausgegeben wird, kommt mehrfach zurück."

Protektionismus contra Marktöffnung

Der deutsche Umweltminister Jürgen Trittin hält nichts davon die Märkte abzuschotten: "Es ist absurd, dass wir 55 Milliarden Entwicklungshilfe zugesagt haben, aber gleichzeitig unsere Märkte für die Produkte der Entwicklungsländer nach wie vor geschlossen halten, sei es über Zölle oder über Subventionen." Laut der Weltbank schützen jedoch nicht nur die USA ihre Wirtschaft. Die Industrieländer subventionieren jedes Jahr mit 350 Milliarden Euro ihre Agrarwirtschaft. Das allein ist siebenmal soviel, wie die Länder für Entwicklungshilfe ausgeben.

Kyoto-Protokoll wird abgelehnt

Vor fünf Jahren wurde das Kyoto-Klimaprotokoll zur Reduzierung der Treibhausgase ausgehandelt. Unterschrieben haben die USA bis heute nicht. Dabei werden durch die USA ein Viertel aller vom Menschen verursachten Treibhausgase in die Welt geblasen. Das soll sich in Johannesburg ändern, so wollen es diejenigen, die bereits unterschrieben haben. Die USA weigern sich jedoch immer noch hartnäckig und das trotz eines Berichtes der amerikanischen Umweltbehörde Environment Protection Agency (EPA), der eindeutig von einen durch die Menschen verursachten Klimawandel spricht.

Lobbyisten gegen Klimaschutz

Einer der Gründe für die amerikanischen Scheuklappen in Sachen Umwelt sind die Lobbyisten, sagt Hermann Ott. "Die amerikanische Regierung ist geprägt von sehr starken
Interessen. Sowohl Bush als auch sein Vizepräsident und andere Mitglieder des Kabinetts sind eng mit der Ölindustrie verflochten." Nach Bushs Argumentation würde das Kyoto Protokoll die US-Wirtschaft insbesondere die Energiewirtschaft zu sehr schwächen. Aber nur eine starke Wirtschaft kann zu Innovationen im Bereich Umwelt führen. Mit dieser Argumentation wird Bush insbesondere von der Industrie, die ihn schließlich finanziell auf den Präsidenten Stuhl gehievt hat, einen großen Applaus bekommen.

"Allianz wider die Umwelt"?

Mit ihrer umweltfeindlichen Haltung stehen die USA nicht alleine da. Zusammen mit Kanada und Australien bilden sie eine Art "Achse des ökologischen Bösen". Zwar haben die Kanadier ursprünglich zugesagt, das Kyoto-Protokoll zu unterschreiben. Inzwischen distanzieren sie sich wieder davon. Daniel Mittler vom deutschen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sorgt sich, dass noch andere Länder es nicht mehr für nötig halten könnten, umweltpolitische Maßnahmen zu ratifizieren. "Leider ist zu befürchten, dass die OPEC-Länder, also die ölfördernden Länder sich in diese Allianz einreihen - dazu gehören auch Entwicklungsländer wie der Iran und Venezuela. Das ist fatal, weil wir eine strategische Allianz der EU und aller Entwicklungsländer brauchen, wenn wir bei dem Gipfel noch Fortschritte erreichen wollen."

Mittler vom BUND weist darauf hin, dass die Umweltbewegung in den USA einen stärkeren Rückhalt in der Bevölkerung hat, als George Bush es bei seiner Wahl im vergangenen Jahr hatte: "Wir hatten im letzten Jahr bei der Klimaverhandlung Umfragen in der ganzen Welt, die zeigten, dass in allen Industrieländern, auch in den USA, Kanada und Australien, die sich nach wie vor gegen den Klimaschutz wehren, weit über 60 Prozent, in vielen Ländern sogar weit über 80 Prozent der Bevölkerung für den Klimaschutz und für das Kyoto-Protokoll sind."

Chancen nutzen!

Kann es trotz vielen "Neins" von Bush ein Ergebnis in Johannesburg geben? Dazu Hermann Ott vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt, Energie: "Im schlimmsten Fall kann der Gipfel scheitern, wie zum Beispiel die Rassismus Konferenz in Durban letztes Jahr. Wahrscheinlicher ist aber, dass versucht wird alles zu verwässern was nur irgendwie nach Verbindlichkeiten aussieht. Dabei würden am Ende nur einige nichtssagende Absichtserklärungen herauskommen."

Damit das von Hermann Ott befürchtete Ergebnis nicht eintritt, sind die anderen Staaten gefordert. Sie müssen sich zusammenzutun und gemeinsam Druck auf die USA ausüben. Noch nicht mal ein Jahr ist es her, dass die USA zur globalen Solidarität aufriefen nach dem Motto: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns". Wenn das Prinzip auch für Johannesburg gilt, dann werden die USA unter Umständen mehr Feinde haben, als sie bewältigen können.

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