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Umweltschutz hautnah

Nadine Wojcik20. August 2008

Das europäische Umwelt- und Filmfestival "Moving Baltic Sea" schafft Unvorstellbares: Es bringt Schüler dazu, sich für Umweltschutz zu interessieren - und das auch noch in den Sommerferien.

Moving Baltic See Festival Einfahrt Danzig
Das Moving Baltic See Festival macht Station in DanzigBild: Nadja Bülow

Mit ruhigen Bewegungen folgt die Kamera einem Hecht, der gemütlich durch das seichte, klare Wasser des Flusses Narva schwimmt. "Was könnte uns dieser Fisch erzählen? Vielleicht, dass er ein schönes, ruhiges Leben führt - schließlich ist das Wasser angenehm sauber und er findet hier genug zu essen," hört man die Stimme eines Mädchens aus dem Off.

Nicht nur für Streber

Schüler des Kreemholmi Gymnasiums haben Wasser getestetBild: dpa

Der 20-minütige Dokumentarfilm ist das Ergebnis der Arbeit von vier Monaten. So lange haben rund zehn Schüler des Kreemholmi Gymnasium in Narva Wasserproben genommen, Tiere beobachtet und Interviews mit Menschen geführt, deren Leben von dem Fluss bestimmt sind. Und das nicht während des Unterrichts, sondern ihrer Freizeit und den Sommerferien. Das Ergebnis macht liebevoll deutlich, warum der Fluss Narva besonderen Schutz verdient. Den Film stellten die Schüler vom 9. bis 12. August in Narva-Joesuu, einem estnischen Bade- und Kurort kurz vor der russischen Grenze, vor. Der Ort war nach Rostock, Danzig, Kaliningrad und Riga die fünfte und damit vorletzte Station des reisenden Ostseefestivals "Moving Baltic Sea".

Sommerferien und Naturschutz? Kristina fühlt sich nicht wie eine Streberin. Die 15-jährige Schülerin mit dem flotten Haarschnitt und den modischen Klamotten hat das Thema einfach mitgerissen. Auch, weil ihr die Umweltfakten nicht per Frontalunterricht eingehämmert wurden, sondern weil sie mit ihren Mitschülern ihren ersten eigenen Film drehen konnte. "Wir haben viel gelernt. Wir kennen jetzt alle Fische, die in dem Fluss leben, das war echt interessant."

Rücksichtslose Umweltzerstörung

60 Schüler haben einen Film über ihren Fluss gedrehtBild: Georg Peltzer

Der Fluss Narva und viele weitere Bäche im Nordosten Estlands waren nicht immer ein Stück Naturparadies. Zu Zeiten der Sowjetunion wurde hier rücksichtslos Ölschiefer abgebaut – eine natürliche, aber extrem verschmutzende Ressource zur Energiegewinnung. Die Abwässer der Kraftwerke landeten jahrelang ungefiltert in den Flüssen. Gleichzeitig verbrauchten die Anlagen Unmengen an Flusswasser. Die Natursysteme wurden so völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, viele Flüsse vertrockneten. Seit der Unabhängigkeit Estlands sind einige Fabriken geschlossen worden. Heute regenerieren sich die Flüsse allmählich.

60 Schüler von fünf Gymnasien haben mitgemacht und jeweils einen Film über ihren Fluss gedreht. Ausgedacht hat sich diesen Film-Wettbewerb Marina Janssen von der Umweltorganisation "Zentrum für angewandte Ökologie", die beim diesjährigen internationalen Umwelt- und Filmfestival "Moving Baltic Sea" in Narva-Joesuu mitmacht.

Filmpremiere vor internationalem Publikum

Alle fünf Schülerfilme hatten während des Festivals am vergangenen Wochenende Premiere vor internationalem Publikum: "Das ganze Projekt Moving Baltic Sea ist eine fantastische Möglichkeit für uns alle hier, weil es Menschen zusammenbringt, die sonst nicht zusammengekommen wären. Unser Ökozelt war voller Menschen, die zur Premiere gekommen sind. Also ich war sehr zufrieden und glücklich," resümiert Marina.

Ein prominenter Gast des Festivals ist Marek Strandberg. Er sitzt für die grüne Partei im estnischen Parlament. Er hält die Veranstaltung für wertvoll, da der reguläre Schulunterricht es gar nicht leisten könne, Umweltprobleme im Detail zu besprechen. "Es geht hier auch nicht nur um die Faktenvermittlung, sondern vor allem darum, ein Bewusstsein zu schaffen, damit die Menschen in Zukunft besser mit der Natur umgehen," sagt Strandberg.

Es fehlte an engagierter Jugendkultur

Die Schülerfilme hatten Premiere vor internationalem PublikumBild: Nadja Bülow

Ein neues Umweltbewusstsein bei Jugendlichen zu schaffen, das sei ein langwieriger Prozess, meint der Abgeordnete. Viel zu lange sei Estland von der Sowjetunion bestimmt gewesen, eine eigenständige, engagierte Jugendkultur habe sich so nicht herausbilden können. "Heute erwacht die junge Generation langsam aus dieser Starre."

Mut und Unterstützung finden sie vor allem auch bei internationalen Projekten wie dem "Moving Baltic Sea"-Festival. Und trotz der teilweise ernsten Themen – für Kristina und ihre Mitschüler war das Festival ein ganz besonderes Sommer-Highlight. "Es war sehr interessant, sehr lustig, und ich habe viele interessante Menschen kennen gelernt. Es war einfach toll!"

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