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KonflikteIsrael

UN-Büro in Jerusalem nach Angriff und Feuer geschlossen

10. Mai 2024

Bewaffnete Israelis haben das Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA in Ostjerusalem angegriffen und auf dem Gelände Feuer gelegt. Das Hilfswerk zog umgehend Konsequenzen.

Ein Mitarbeiter des Hilfswerks besichtigt einen in Brand gesetzten Bereich auf dem Gelände
Ein Mitarbeiter des Hilfswerks besichtigt einen in Brand gesetzten Bereich auf dem GeländeBild: Ahmad Gharabli/AFP via Getty Images

Das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) schließt vorerst sein Hauptquartier in Ostjerusalem wegen Ausschreitungen "israelischer Extremisten". Diese hätten am Donnerstagabend zweimal Feuer auf dem UNRWA-Gelände im besetzten Ostteil der Stadt gelegt, erklärte der Generalsekretär der UN-Einrichtung, Philippe Lazzarini, im Onlinedienst X. "Wieder einmal war das Leben von UN-Mitarbeitern in Gefahr." Es habe keine Verletzten gegeben. Es sei aber die Verantwortung des Staates Israel, als "Besatzungsmacht" dafür zu garantieren, dass Mitarbeiter und Institutionen der UN jederzeit geschützt seien. "Das ist eine ungeheuerliche Entwicklung", schrieb Lazzarini weiter.

Das Eingangstor zum Hauptquartier der UNRWA im Ostteil JerusalemsBild: Debbie Hill/UPI Photo/IMAGO

"Eine von bewaffneten Männern begleitete Menge" sei außerhalb des Geländes gesehen worden, berichtete Lazzarini. Die Menge habe gerufen: "Brennt die Vereinten Nationen nieder!" Die Brände hätten große Schäden verursacht. Auf dem Gelände befindet sich eine Tankstelle für die Fahrzeuge der Organisation.

Schikanen und Einschüchterungen

Es handelt sich laut Lazzarini um den zweiten gewalttätigen Protest in einer Woche, nachdem bei einer Demonstration Steine auf Mitarbeiter geworfen worden seien. Lazzarini beklagt seit Monaten anhaltende Schikanen und Einschüchterungen gegen UNRWA-Angehörige.

Kritik übte er auch an der israelischen Polizei und der Feuerwehr. Diese seien am Donnerstagabend so spät eingetroffen, dass anwesende Mitarbeiter das Feuer selbst löschen mussten. Die israelische Polizei erklärte, bei den Tätern handele es sich nach ersten Erkenntnissen um Jugendliche, die wegen ihres Alters strafrechtlich nicht belangt werden könnten.

Philippe Lazzarini, Chef des Palästinenserhilfswerks UNRWA (Archivbild)Bild: Salvatore Di Nolfi/Keystone/dpa/picture alliance

Das UNRWA beschäftigt mehr als 30.000 Mitarbeiter. Das 1949 gegründete UN-Hilfswerk hat das Mandat der Vereinten Nationen, den registrierten palästinensischen Flüchtlingen humanitäre Hilfe zu leisten. Im abgeriegelten Gazastreifen ist das Hilfswerk unter anderem im Bildungsbereich tätig und leistet humanitäre Hilfe. 

Die Beziehungen zwischen Israel und UNRWA sind sehr angespannt. Israel hatte im Januar zwölf UNRWA-Mitarbeitern vorgeworfen, an dem Angriff der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas vom Oktober beteiligt gewesen zu sein. Die EU, die USA, Deutschland und andere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein. Als Reaktion auf die Vorwürfe hatten viele Geberstaaten, darunter Deutschland, ihre finanzielle Hilfen ausgesetzt. Einige Geber haben diese mittlerweile wieder aufgenommen. Das UNRWA wies die Vorwürfe Israels zurück. Eine unabhängige Untersuchung konnte diese nicht bestätigen.

Grenzübergang Kerem Schalom abermals beschossen

Derweil attackierte die Hamas erneut den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom. Der militärische Arm der Terrororganisation, die Kassam-Brigaden, reklamierte den Angriff mit Mörsergranaten auf Telegram für sich. Es ist die vierte Attacke auf Kerem Schalom seit Sonntag. Eine israelische Behörde warf der Hamas vor, sie tue "alles, um zu verhindern, dass Hilfslieferungen zu den Menschen in Gaza gelangen". 

Die Inspektionszone des Grenzübergangs Kerem Shalom im MärzBild: Carlos Garcia Rawlins/REUTERS

Israelische Demonstranten hatten zuletzt wiederholt versucht, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu blockieren. Sie argumentieren, die Lieferungen ermöglichten es der Hamas, im Krieg gegen Israel weiterzukämpfen. Es sei widersinnig, für die Versorgung des Feindes zu sorgen. Kerem Schalom war erst am Mittwoch nach mehrtägiger Schließung wieder geöffnet worden. Nach Darstellung Israels wurden seit Mittwoch wieder Hilfsgüter über Kerem Schalom nach Gaza transportiert. Nach jüngsten UN-Angaben ist jedoch unklar, ob Lieferungen durchgekommen sind.

Massenflucht aus Rafah

Nach einer Mitteilung der UNRWA sind seit dem Vorrücken der israelischen Armee auf die Küstenstadt Rafah im südlichen Gazastreifen bereits 110.000 Menschen geflohen. Sie seien auf der Suche nach Sicherheit, schrieb das Hilfswerk auf X. Die Lebensbedingungen seien "grausam".

Der Rafah-Grenzübergang nach Ägypten bleibt weiter für humanitäre Hilfslieferungen gesperrt, wie die palästinensische Grenzbehörde mitteilte. Die israelische Armee gab bekannt, es seien Truppen im Osten der Stadt Rafah sowie in Al-Saitun im mittleren Gazastreifen im Einsatz. In Rafah habe die Armee mehrere Tunneleingänge aufgespürt. Bei Gefechten auf der palästinensischen Seite des Rafah-Übergangs nach Ägypten seien "Terrorzellen ausgeschaltet" worden. Die israelische Luftwaffe habe zudem Gebiete bei Rafah beschossen, von denen aus Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert worden seien. Die Luftwaffe habe binnen 24 Stunden rund 40 Ziele im Gazastreifen angegriffen.

Diskussion über Bodenoffensive

Das israelische Militär hatte am Montag Zivilisten im östlichen Teil von Rafah aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. In Rafah halten sich nach UN-Angaben mehr als eine Million Binnenflüchtlinge auf. Israels westliche Partner, vor allem die USA, haben die israelische Regierung wegen der erwarteten dramatischen humanitären Folgen eindringlich vor einem breiten Militäreinsatz in Rafah gewarnt. Israels Regierung will die Hamas komplett zerstören, deren führende Köpfe sie wie die festgehaltenen Geiseln in Tunneln unter Rafah vermutet.

Palästinensische Zivilisten verlassen Rafah - hier eine Aufnahme vom DienstagBild: AFP

Der Krieg im Gazastreifen war am 7. Oktober durch den Großangriff der Hamas auf Israel ausgelöst worden. Mehr als 1100 Menschen wurden dabei laut israelischen Angaben brutal getötet, etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion geht Israel seitdem militärisch gegen Ziele im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bislang mehr als 34.900 Menschen getötet.

kle/sti/jj (kna, rtr, afp, dpa)

Redaktionsschluss: 16.00 Uhr (MESZ). Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.