UN-Beauftragte besucht Protesthochburg in Syrien
7. März 2012Die Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad hatten Baba Amro knapp einen Monat lang beschossen und schließlich am vergangenen Donnerstag eingenommen. Bitten des Roten Kreuzes, die Menschen in dem stark zerstörten Viertel versorgen zu dürfen, wurden vom Regime ignoriert. Aus Anlass des Besuchs der UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos in Syrien gab sich Damaskus jetzt konziliant. Zusammen mit Mitarbeitern des syrischen Roten Halbmondes konnte die Britin Baba Amro besichtigen. Dort fanden sie nach Angaben von Vertretern des Roten Halbmondes kaum noch Menschen vor. Die meisten Einwohner hätten das Viertel verlassen.
Einen Monat Angriffe der Assad-Truppen
Der Stadtdistrikt stand im Mittelpunkt einer einmonatigen Offensive der Assad-Truppen gegen die Oppositionsbewegung und zu ihr übergelaufene Soldaten. Panzer und Artillerie feuerten auf Wohnhäuser und Versorgungseinrichtungen. Bei der Bombardierung der Stadt wurden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch rund 700 Menschen getötet und tausende verletzt.
Nach der Einnahme und Abriegelung von Baba Amro in der vergangenen Woche kam es dort offenbar zu Gräueltaten der Regierungstruppen. Oppositionsaktivisten berichteten von Vergewaltigungen, willkürlichen Hinrichtungen, Massenfestnahmen und Plünderungen.
Die syrische Regierung hatte Amos erst nach massivem internationalem Druck die Einreise gestattet. Bei einem Treffen mit Außenminister Walid al-Muallim in Damaskus forderte Amos ein Ende der Behinderung internationaler Hilfsorganisationen. Bedürftige müssten ohne Einschränkung Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten. Muallim sicherte Zusammenarbeit zu, Grundlage dafür müssten aber "Respekt, die Souveränität und die Unabhängigkeit Syriens" sein.
Amos: "Weitgehend zerstört"
Nach einem einstündigen Besuch in einigen Vierteln der drittgrößten syrischen Stadt erklärte Amos, das Viertel Baba Amro seit weitgehend zerstört. Die von der Opposition kontrollierten Stadtviertel habe sie "aus Sicherheitsgründen" nicht sehen dürfen, sagte ihre Sprecherin.
Seit Beginn der Proteste gegen Assad vor einem Jahr gehen die Kräfte des Regimes mit Gewalt gegen die Demonstranten vor. Nach neuen Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden seither fast 8500 Menschen getötet, unter ihnen knapp 6200 Zivilisten.
wl/se/kle (dpa,rtr, afp,dapd)