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KonflikteNahost

UN bestätigen erstmals Hungersnot im Gazastreifen

22. August 2025

Eine halbe Million Menschen in und um Gaza-Stadt sind von der Hungersnot betroffen. Helfer befürchten, dass sich die Lage der palästinensischen Zivilisten noch verschlimmert. Israel spricht von einer "Lügenkampagne".

Palästinenser halten leere Kochtöpfe in ihren Händen
Palästinenser warten auf Essen vor einer Wohltätigkeitsküche in Gaza-Stadt Bild: Omar Ashtawy/SIPA/picture alliance

Die Vereinten Nationen (UN) haben erstmals für eine Region im Gazastreifen den Zustand einer Hungersnot erklärt. In der Region um die Stadt Gaza im Norden des Küstenstreifens bekämen rund 514.000 Menschen nicht genug zu essen, teilten das Welternährungsprogramm (WFP) und andere Organisationen der UN am Freitag in Rom mit. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es das erste Mal, dass in einem Land des Nahen Ostens eine Hungersnot ausgerufen wird.

Der betroffene Bereich des Regierungsbezirks um die Stadt Gaza entspricht rund 20 Prozent des Palästinensergebiets. Es werde davon ausgegangen, dass sich die Hungersnot in den kommenden Wochen auf die Gouvernements Deir al-Balah und Chan Junis ausbreite, erklärten die UN-Organisationen weiter. 

Das Welternährungsprogramm bezieht sich auf einen Bericht der Organisation Integrated Food Security Phase Classification (IPC), die regelmäßig die Hungersituation in bestimmten Ländern und Gebieten analysiert. Die IPC ist eine Initiative von 21 Hilfsgruppen und UN-Organisationen, die unter anderem von der Europäischen Union und Deutschland finanziert werden. 

Palästinenser fliehen mit ihrem Besitz aus dem Stadtteil Abu Iskandar von Gaza-StadtBild: Bashar Taleb/AFP/Getty Images

Einstufung nach strengen Kriterien

Ehe eine Hungersnot erklärt wird, müssen drei Kriterien erfüllt sein: Mindestens 20 Prozent der Haushalte sind von einem extremen Lebensmittelmangel betroffen, mindestens 30 Prozent der Kinder leiden unter akuter Mangelernährung und täglich sterben mindestens zwei Erwachsene oder vier Kinder pro 10.000 Einwohner an Hunger oder aufgrund des Zusammenspiels von Unterernährung und Krankheit. Laut WFP treffen alle drei für die Lage in der Gaza-Region zu.

UN: Israel in der Verantwortung

UN-Generalsekretär António Guterres forderte ein sofortiges Handeln. Es brauche einen sofortigen Waffenstillstand, die unmittelbare Freilassung aller verbliebenen Geiseln aus der Hand der Hamas - die von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird - und vollen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe.

Volker Türk, der UN-Menschenrechtskommissar, macht die israelische Regierung für die Hungersnot verantwortlich. Dies sei das "direkte Ergebnis der von der israelischen Regierung ergriffenen Maßnahmen", erklärte Türk. Aushungern als Mittel der Kriegsführung zu nutzen sei ein Kriegsverbrechen." 

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker TürkBild: Uncredited/AP/dpa/picture alliance

UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher forderte Israel zudem auf, alle Grenzübergänge in den Gazastreifen für humanitäre Konvois zu öffnen. Nach dem Terrorüberfall der radikalislamistischen Hamas auf Israel im Oktober 2023 hat die israelische Armee weite Teile im Gazastreifen zerstört und ihn abgeriegelt. Davor erreichten nach UN-Angaben täglich 500 bis 600 Lastwagen mit Hilfsgütern das palästinensische Gebiet.

Israel: Lügenkampagne der Hamas

Das israelische Außenministerium wies die Angaben mit Nachdruck zurück. Es gebe keine Hungersnot in Gaza. Die IPC-Skala stütze sich auf "Hamas-Lügen", die von "Organisationen mit eigenen Interessen" gefiltert würden. Die für zivile Angelegenheiten in den Palästinensergebieten zuständige Abteilung des israelischen Verteidigungsministeriums (Cogat) warf den Vereinten Nationen vor, unbewiesene Behauptungen zu verbreiten. Frühere Berichte der IPC-Experten seien erwiesenermaßen wiederholt fehlerhaft gewesen, hieß es. 

Offensive in Gaza-Stadt

Unterdessen setzen die israelischen Streitkräfte ihre Offensive zur Einnahme von Gaza-Stadt fort. Verteidigungsminister Israel Katz drohte zudem mit der Zerstörung der Stadt Gaza, sollte die islamistische Hamas nicht zu ihrer Entwaffnung und der Freilassung aller noch festgehaltenen Geiseln bereit sein.

ch/se/hf (afp, rtr, epd, dpa, kna)

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