Krieg gegen Frauen
25. November 2009In bewaffneten Konflikten sind es meist Frauen und Mädchen, die Opfer sexueller Gewalt werden - allein in der demokratischen Republik Kongo waren es mindestens 200.000 in den vergangenen 13 Jahren. Vermutlich waren es noch mehr, denn viele Opfer schweigen aus Scham über das Erlebte. An den Folgen leiden sie meist ein Leben lang: Sie bekommen AIDS oder andere Infektionskrankheiten, werden unfruchtbar oder sind traumatisiert. Wird bekannt, dass sie vergewaltigt wurden, werden sie außerdem oftmals von der eigenen Familie verstoßen.
Sexuelle Gewalt ist Folter
Lange galt die Vergewaltigung von Frauen als unvermeidliche, wenn auch tragische Begleiterscheinung des Krieges. Erst als die Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda in den 1990er-Jahren eingerichtet wurden, zeigte der UN- Sicherheitsrat eine andere Überzeugung: Vergewaltigung wurde im Statut ausdrücklich als mögliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen anerkannt.
Beide Gerichte haben inzwischen in mehreren Fällen sexuelle Gewalt als Verbrechen abgeurteilt und die von staatlichen Akteuren verübte oder hingenommene Gewalt als Folter eingestuft.
Systematisches Vorgehen ist Völkermord
Im Fall von Jean-Paul Akayesu stellte das Ruanda-Tribunal in Arusha darüber hinaus fest, dass sexuelle Gewalt in Ruanda "ein Schritt hin zur Vernichtung der Tutsi-Bevölkerungsgruppe war" - und damit Bestandteil von Völkermord.
Immer wieder musste sich der Sicherheitsrat seitdem mit Konflikten befassen, die von massiven Formen sexueller Gewalt geprägt sind. In der vor neun Jahren verabschiedeten Resolution 1325 fordert er, Frauen in Friedensprozessen besser zu beteiligen und sie vor sexueller Gewalt besser zu schützen.
Frauenorganisationen weltweit beklagen jedoch, dass die Regierungen dies nicht umsetzen. Ihre weitere Kritik: Sexuelle Kriegsgewalt gegen Frauen entsteht vor allem in einem frauenfeindlichen Umfeld. Das Engagement der Zivilgesellschaft sorgt seit vielen Jahren dafür, dass das Thema auf der Agenda der Weltgemeinschaft bleibt.
Sicherheitsrat will handeln
Im Juni 2008 beschloss der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1820, mit der er ankündigt, dass sexuelle Gewalt zukünftig Grundlage für Maßnahmen des Sicherheitsrates sein kann. In diesem Jahr folgten zwei weitere Resolutionen, die die Anliegen konkretisieren und bekräftigen. Außerdem fordert der Sicherheitsrat, einen Sonderbeauftragten für das Thema einzusetzen.
Mit der aktuellen Kampagne "Stopp der Vergewaltigung - jetzt: Aktion der Vereinten Nationen gegen sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten" versuchen verschiedene UN-Institutionen ihre Hilfe für die Opfer zu koordinieren: medizinische und psychologische Unterstützung, Rechtsberatung und wirtschaftliche Wiedereingliederung. Gleichzeitig kämpfen sie gegen die Straflosigkeit. Die Verfolgung und Verurteilung der Täter gilt als Schlüssel zur Prävention vor sexueller Gewalt. Erst die Straflosigkeit der Täter - so die Experten - habe dazu geführt, dass Vergewaltigung im Kongo heute für Frauen und immer mehr Mädchen zum bitteren Alltag gehört.
Generalsekretär will Bericht
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat zudem vorgeschlagen, eine Kommission einzurichten, die Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechtes in Kongo, Sudan und Tschad untersuchen soll. Dabei sollen vor allem die Fälle sexueller Gewalt aufgenommen werden. Experten sehen das als Vorbereitung an, um Beweismaterial an den Internationalen Strafgerichtshof weiterzuleiten.
Autorin: Ulrike Mast-Kirschning
Redaktion: Martin Schrader