1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

UN-Generalsekretär: Gewalt muss enden

16. Mai 2021

Während die internationale Gemeinschaft auf ein rasches Ende des Konflikts drängt, sieht Israels Regierungschef Netanjahu ein Ende des "Feldzugs" noch nicht in Sicht. Angriffe und Gegenangriffe dauern unvermindert an.

Vereinte Nationen Antonio Guterres
UN-Generalsekretär Antonio Guterres ruft Israelis und Palästinenser zur Waffenruhe auf Bild: Russian Foreign Ministry/Handout/AA/picture alliance

Zum dritten Mal in dieser Woche hat sich der Weltsicherheitsrat mit der eskalierenden Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern befasst. Zum Auftakt verlangte UN-Generalsekretär António Guterres mit eindringlichen Worten ein sofortiges Ende aller Kampfhandlungen. "Dieser sinnlose Kreislauf aus Blutvergießen, Terror und Zerstörung muss sofort aufhören." Er warnte vor "unkontrollierbaren" Folgen für den gesamten Nahen Osten. Guterres zeigte sich entsetzt über die steigende Zahl getöteter palästinensischer Zivilisten durch israelische Luftangriffe im Gazastreifen und verurteilte die Angriffe mit Raketen aus dem Palästinensergebiet auf Israel. Er erwähnte auch die mögliche Vertreibung einiger palästinensischer Familien aus ihren Häusern in Ost-Jerusalem. Der einzige Weg zu einer Lösung des Konflikts - so der UN-Generalsekretär weiter - führe über Verhandlungen mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung.

Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, rechtfertigte das israelische Vorgehen und sagte dem UN-Gremium, die tödliche Gewalt sei von der palästinensischen Hamas forciert worden, um politisch an Macht zu gewinnen. Die Hamas agiere, nachdem Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die lange erwarteten Wahlen verschoben hatte. "Israel unternimmt alles, um zivile Opfer zu vermeiden; die Hamas unternimmt alles, um die Zahl der zivilen Opfer zu erhöhen", sagte Erdan weiter.

Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Rijad al-Maliki, beschuldigte Israel der Kriegsverbrechen und rief den UN-Sicherheitsrat zum Handeln auf. Die israelischen Todesopfer bedauerte er. 

Netanjahu: Es wird noch dauern 

Israels amtierender Regierungschef Benjamin Netanjahu bekräftigte in einer TV-Ansprache, ein Ende der seit sieben Tage andauernden Feindseligkeiten werde es trotz aller diplomatischen Bemühungen vorerst nicht geben. "Unser Feldzug gegen die terroristischen Organisationen geht mit voller Kraft weiter." Man werde solange wie nötig agieren, um Ruhe und Frieden für die Bürger Israels wieder herzustellen. Es werde noch Zeit brauchen. Netanjahu wies darauf hin, die vielen Opfer bei israelischen Angriffen seien darauf zurückzuführen, dass die Hamas aus zivilen Wohnvierteln heraus attackiere. 

Luftschläge in der Nacht - Raketen werden aus Gaza Richtung Israel abgeschossenBild: Mohammed Abed/AFP

Die radikale Palästinenserorganisation Hamas hatte in der Nacht zu Sonntag nach Angaben des israelischen Militärs weitere Raketen auf Israel abgefeuert. Ein "schwerer Hagel von Raketen" sei vom Gazastreifen aus auf die Mitte und den Süden Israels abgeschossen worden, twitterte die Armee. In Tel Aviv und Umgebung warnten Sirenen vor neuem Raketenbeschuss.

Haus des Hamas-Chefs im Gazastreifen bombardiert

Die israelische Luftwaffe bombardierte ihrerseits das Haus des Hamas-Chefs im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar. Ob Sinwar selbst ein Opfer wurde, ist bislang nicht bekannt. Das Gebäude in Chan Junis im Süden des Küstengebiets habe als "militärische Infrastruktur der Terrororganisation Hamas" gedient, teilte die israelische Armee weiter mit. Auch das Haus von Al-Sinwars Bruder Mohammed, ebenfalls ein ranghohes Mitglied der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Organisation, sei angegriffen worden. Das Gesundheitsministerium in Gaza teilte mit, allein an diesem Sonntag seien bei israelischen Angriffen insgesamt 42 Palästinenser getötet worden. Es sei die höchste Opferzahl binnen eines Tages. 

Zerstörung in Gaza-Stadt nach den nächtlichen Luftschlägen der israelischen ArmeeBild: Mohammed Abed/AFP

Israels Militär hatte zuvor der Führungsriege der Hamas mit gezielter Tötung gedroht. Armeesprecher Hidai Zilberman sagte dem israelischen Fernsehen, man werde weiter wichtige Einrichtungen der Hamas und des Islamischen Dschihads überall im Gazastreifen angreifen. Dies gelte auch für die höchste Führungsebene der Hamas.

Iran sichert Hamas Unterstützung zu

Der Chef der radikalislamischen Hamas, Ismail Hanija, sagte bei einer Solidaritätskundgebung für seine Organisation in Katars Hauptstadt Doha, "die Schlacht, der Krieg und der Aufstand" trügen den Namen "Jerusalem". Iran versprach der Hamas seinen Rückhalt im Kampf gegen Israel. In einem Telefonat mit dem Hamas-Führer Hanija sicherte der Kommandeur der Al-Kuds Brigade der iranischen Revolutionsgarden, General Ismaeil Ghani, uneingeschränkte Unterstützung zu, wie iranische Staatsmedien berichteten.

Flammen über den nächtlichen Himmel von Gaza-Stadt nach israelischem LuftschlagBild: Mohammed Abed/AFP

Biden telefoniert mit Netanjahu und Abbas 

US-Präsident Joe Biden telefonierte zum zweiten Mal in dieser Woche mit Netanjahu und erstmals auch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. "Der Präsident bekräftigte seine nachdrückliche Unterstützung für das Recht Israels, sich gegen die Raketenangriffe der Hamas und anderer terroristischer Gruppen im Gazastreifen zu verteidigen", teilte das Weiße Haus nach dem Telefonat mit Netanjahu mit. Der betonte seinerseits nach Angaben seines Büros in dem Telefonat, dass seine Regierung "alles" tue, um in dem eskalierten Konflikt mit den Palästinensern Schaden für Unbeteiligte zu vermeiden.

Die Bilder gleichen sich. Zerstörung in Tel Aviv durch Raketen der Hamas ...Bild: Ilia Yefimovich/dpa/picture alliance

Im Gespräch mit Abbas habe Biden betont, die Hamas müsse den Raketenbeschuss auf Israel einstellen, teilte das Weiße Haus mit. Biden und Abbas hätten ihre Sorge über den Tod unschuldiger Zivilisten zum Ausdruck gebracht. Abbas hat allerdings keinen direkten Einfluss auf die Hamas. Seine Fatah-Bewegung steht in einem Rivalitäts-Verhältnis zur Hamas.

Maas: "Israel macht von Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch"

Der deutsche Außenminister Heiko Maas forderte erneut Schritte zur Deeskalation: "Israel macht von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch, um seine Bevölkerung vor dem Raketenterror der Hamas zu schützen", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag". Umso dringender brauche es nun: "erstens einen Stopp des Raketenterrors, zweitens ein Ende der Gewalt und drittens die Rückkehr zu Gesprächen über konkrete vertrauensbildende Schritte zwischen Israelis und Palästinensern". Diese müssten eine Zweistaatenlösung beinhalten.

EU-Chefdiplomat Josep Borrell verurteilte die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Israel habe das Recht, seine Bevölkerung vor diesen Angriffen zu schützen, müsse aber angemessen handeln und zivile Opfer vermeiden. Angesichts der neuen Gewalt rief Borrell dazu auf, die Ursachen des Konflikts anzugehen.

... und Zerstörung in Rafah im Gazastreifen durch Angriffe der israelischen LuftwaffeBild: Said Khatib/AFP

Schon mindestens 202 Tote

Der Konflikt zwischen Israel und der als terroristisch eingestuften palästinensischen Hamas ist in den vergangenen Tagen in einem Maße eskaliert wie seit Jahren nicht mehr. Die israelische Armee griff seit Montag mehr als 800 Ziele im Gazastreifen an. Dabei wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden mindestens 192 Menschen getötet, mehr als 1200 Menschen seien bei den israelischen Luftangriffen im Gazastreifen verletzt worden.

Radikale Palästinenser schossen ihrerseits aus dem Küstenstreifen mindestens 3000 Raketen auf Israel ab. Dabei wurden zehn Menschen getötet. Mehr als 560 weitere Israelis wurden durch die Raketenangriffe verletzt.

Die Kämpfe waren nach Ausschreitungen in Ost-Jerusalem an der Al-Aksa-Moschee ausgebrochen. Die Hamas forderte einen Abzug israelischer Sicherheitskräfte von dort und begann nach Ablauf einer Frist mit den Raketenangriffen. Verschärft wurden die Spannungen durch Pläne, Häuser palästinensischer Familien in Ost-Jerusalem zu räumen. Das Land wird von jüdischen Siedlern beansprucht.

se/qu/as (dpa, afp, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen