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Völkermord in Ex-Jugoslawien

26. Februar 2007

Der Internationale Gerichtshof spricht Serbien von direkter Verantwortung für den Völkermord in Ex-Jugoslawien frei. Es hätte aber eingreifen müssen. Anspruch auf Entschädigung habe Bosnien-Herzegowina dennoch nicht.

Vorsitz beim historischen Prozess: Richterin Rosalyn Higgins, Präsidentin des obersten UN-Gerichts
Vorsitz beim historischen Prozess: Richterin Rosalyn Higgins, Präsidentin des obersten UN-GerichtsBild: AP

Als erster Staat überhaupt hatte Bosnien-Herzegowina vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag wegen Völkermordes geklagt. Das ist 14 Jahre her. Am Montag (26.2.07) wurde jetzt das Urteil gesprochen. Serbien hat sich nach Auffassung des IGH zwar nicht direkt des Völkermords im Bosnien-Krieg schuldig gemacht. Die serbische Regierung habe es seinerzeit aber nicht verhindert, dass solche Verbrechen an bosnischen Muslimen verübt wurden, wie Gerichtspräsidentin Rosalyn Higgins am Montag bei der Urteilsverkündung in Den Haag erläuterte. Nach der Völkermordkonvention von 1948 hätte Belgrad dies versuchen und die Verantwortlichen bestrafen müssen.

IGH: Srebrenica war Völkermord

Bosnische Frauen demonstrieren vor dem GerichtBild: AP

Dem Urteil zufolge begingen bosnische Serben 1995 in Srebrenica eindeutig Völkermord, als sie bis zu 8000 männliche Muslime ermordeten. Die damalige Belgrader Regierung hätte ihren Einfluss geltend machen müssen, solche Massaker während des Bosnien-Krieges von 1992 bis 1995 zu verhindern, betonte Higgins. Mit einem entschlossenen Einschreiten hätte sie das verheerende Ausmaß zumindest begrenzen können.

"Die Verbrechen in Srebrenica ... wurden mit der eindeutigen Absicht ausgeführt, die Bevölkerungsgruppe der Muslime in Bosnien-Herzegowina insgesamt zu zerstören", erklärte Higgins. Deshalb liege hier der Tatbestand des Völkermords vor. Bei der Urteilsfindung habe sich der Weltgerichtshof stark auf die Erkenntnisse des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien verlassen, fügte sie hinzu. Von diesem Tribunal wurden bereits zwei Serben individuell wegen Völkermords verurteilt.

Die Schuldigen von Srebrenica sind immer noch frei

Nach Definition der Vereinten Nationen liegt Völkermord dann vor, wenn Verbrechen mit dem Ziel begangen werden, eine gesamte Bevölkerungsgruppe auszulöschen. Serbien hat stets argumentiert, diese Absicht habe auf staatlicher Ebene nicht bestanden und könne auch nicht nachgewiesen werden. Dieser Auffassung schloss sich das Gericht nur zum Teil an.

So wurde klar darauf verwiesen, dass die Regierung unter dem damaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic die bosnisch-serbischen Einheiten bei ihren "ethnischen Säuberungen" finanziell, logistisch und ideologisch unterstützt habe. Ferner sei klar, dass die Regierung keinerlei Initiativen zur Verhinderung von Massakern wie in Srebrenica ergriffen habe. Und entgegen internationalen Verpflichtungen seien die Schuldigen bis heute

nicht ihrer gerechten Strafe zugeführt worden. Dies treffe insbesondere auf den damaligen bosnisch-serbischen General Radko Mladic zu.

Urteilsfindung nach 14 Jahren

Im Saal des "Welt-Gerichts" in Den HaagBild: AP

Die Forderung Bosniens nach Entschädigung wies Higgins allerdings ebenfalls zurück. "Ein finanzieller Ausgleich ist keine angemessene Form der Kompensation für den Bruch der Verpflichtung, Völkermord zu verhindern", erklärte die Gerichtspräsidentin. Bosnien-Herzegowina hat bereits vor 14 Jahren Klage gegen Serbien wegen Völkermords erhoben. Erst vor einem Jahr begann der IGH schließlich, sich konkret mit dem Fall zu befassen.

Zu Beginn der Sitzung am Montag hatte Higgins den Antrag Belgrads zurückgewiesen, den IGH für nicht zuständig zu erklären, weil Serbien während des Bosnien-Kriegs kein UN-Mitglied war. Serbien sei stets an die UN-Konvention gegen Völkermord aus dem Jahr 1948 gebunden gewesen. Die Tatsache, dass seine Mitgliedschaft zu Beginn der Kämpfe suspendiert worden sei, ändere nichts an dieser Verpflichtung. 1999 allerdings hatte der IGH eine Klage Serbiens gegen die damaligen Luftangriffe der NATO mit der Begründung der suspendierten UN-Mitgliedschaft Belgrads nicht angenommen. (al)

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