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Politik

UN kritisieren EU-Flüchtlingspolitik

9. September 2017

Die Vereinten Nationen haben scharfe Kritik an der europäischen Flüchtlingspolitik geübt. Bei der Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten zur Eindämmung der Zuwanderung würden die Menschenrechte zu wenig berücksichtigt.

Zeid Ra'ad al-Hussein
Bild: Reuters/D. Balibouse

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra'ad al-Hussein, hat das zwischen europäischen und afrikanischen Staaten getroffene Abkommen zur Flüchtlingspolitik kritisiert. Es sei "sehr dünn mit Blick auf den Schutz von Menschenrechten von Flüchtlingen in Libyen und auf den Flüchtlingsbooten", schrieb Al-Hussein (Artikelbild) in einem von den Vereinten Nationen veröffentlichten Beitrag.

Das Abkommen schweige sogar "zu der dringenden Notwendigkeit, Alternativen zu der willkürlichen Internierung hilfsbedürftiger Menschen" zu finden. "Die Erinnerung ist kurz, wenn die Fakten unangenehm sind", erklärte der Top-Diplomat mit Blick auf einen Bericht zu den unmenschlichen Zuständen für Flüchtlinge in den Internierungszentren in Libyen, den die Vereinten Nationen bereits im Dezember vergangenen Jahres veröffentlicht hatten. Seitdem habe sich die Lage noch verschlimmert, erklärte Zeid weiter.

Es gebe Berichte über Tote "an den Stränden, in den Wäldern, in der Wüste". Die Leichenhäuser in Libyen seien überfüllt, klagte Zeid an. Außer den Familien, die auf ein Lebenszeichen ihrer Angehörigen warteten, scheine sich aber kaum jemand dafür zu interessieren.

"Machtmissbrauch heruntergespielt"

Die Europäische Union habe sich auf eine Kooperation mit einer libyschen Küstenwache eingelassen, die manchmal Flüchtlinge rette, manchmal aber Hilfsbedürftigen nicht helfe, sie ausraube oder sogar erschieße. Dieser Machtmissbrauch werde von der EU heruntergespielt, schrieb Zeid.

Schlafsaal eines Flüchtlingslagers in TripolisBild: picture-alliance/dpa/S. Kremer

Bei dem Pariser Treffen Ende August war nach offiziellen Angaben eine weitreichende Kooperation mit einigen afrikanischen Staaten beschlossen worden. Teilgenommen hatten daran die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, Italien, Spaniens sowie der afrikanischen Staaten Niger, Tschad und Libyen.

Der UN-Hochkommissar stellte sich ausdrücklich hinter die Flüchtlingshilfsorganisationen, die gegen den Widerstand auch europäischer Regierungen versuchen, Menschen vor der libyschen Küste zu helfen. Er stimme voll mit dem offenen Brief der Präsidentin von "Ärzte ohne Grenzen", Joanne Liu, an die europäischen Regierungen überein, erklärte Zeid. "Ich unterstütze ihre Analyse voll und teile ihren Ekel vor dieser Situation."

"Geschäft mit Entführungen, Folter und Erpressung"

Liu hatte in ihrem Brief die Unterstützung der libyschen Regierung durch die EU beklagt, die "geblendet vom alleinigen Ziel" sei, "Menschen von Europa fernzuhalten". "Diese Politik mästet ein kriminelles System schwerer Misshandlung von Menschen", schrieb Liu nach dem Besuch eines Internierungslagers in Tripolis. Die Internierung von Migranten und Flüchtenden in Libyen sei durch und durch niederträchtig. "Um es klipp und klar zu sagen: Es handelt sich um ein florierendes Geschäft mit Entführungen, Folter und Erpressung." Die EU-Regierungen hätten die bewusste Entscheidung getroffen, Menschen unter diesen Bedingungen einsperren zu lassen. "Niemand darf nach Libyen zurückgeschickt werden, und niemand sollte dort festgehalten werden", forderte Liu. 

Ein Mitglied der libyschen Küstenwache bewacht eine Gruppe aus Seenot geretteter MigrantenBild: Getty Images/AFP/T. Jawashi

Die Bundesregierung hat die libysche Regierung in der Vergangenheit ermahnt, sich an internationales Recht zu halten. So erklärte das Auswärtige Amt Mitte August, dass es durch die Einrichtung eines libyschen Such- und Rettungsbereichs keine Einschränkungen der Seenotrettung durch Nichtregierungsorganisationen geben dürfe. Das habe die Bundesregierung auch in Gesprächen mit libyschen Vertretern deutlich gemacht. Das "Schutzniveau" für in Seenot geratene Menschen dürfe nicht sinken, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer. 

Das instabile Libyen ist Haupttransitland für Flüchtlinge, die versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Nach UN-Angaben starben bei dem Versuch der Überfahrt seit Jahresbeginn bereits mehr als 2300 Menschen, 94.000 erreichten Süditalien. Seit 2014 liegt die Zahl insgesamt bei etwa 600.000.

Stu/bru (afp, rtr)
 

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