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Politik

UN-Einsatz im Kongo: "Es gibt Fortschritte"

Dirke Köpp | Frejus Quenum
27. März 2019

An diesem Mittwoch stimmt der UN-Sicherheitsrat über die Verlängerung der UN-Mission im Kongo ab. Ihr Mandat läuft am Monatsende aus. Im DW-Interview zieht Missionsleiterin Leila Zerrougui eine Bilanz des Einsatzes.

Zwei UN-Blauhelme bewachen eine Straße in der Stadt Goma
Bild: picture-alliance/dpa/J. Delay

DW: Frau Zerrougui, in diesem Jahr werden es 20 Jahre sein, dass die MONUSCO - vormals MONUC - in der Demokratischen Republik Kongo ist. Was hat sich in den letzten 20 Jahren im Hinblick auf die Sicherheit wirklich verändert - insbesondere für die Bevölkerung im Osten des Landes?

Leila Zerrougui: Viele Dinge. Wir befinden wir uns jetzt in einem Land, das trotz aller Schwierigkeiten vereint ist. Zwar gibt es immer noch bewaffnete Gruppen in mindestens sechs der 26 Provinzen. Aber niemand besetzt mehr Gebiete, die die nationale Armee nicht durchdringen kann. Es gibt enorme Herausforderungen in Bezug auf die Professionalisierung von Armee und der Polizei, die hoheitlichen Aufgaben des Staates und in Bezug auf die Grenzkontrollen. Aber es gibt Fortschritte. Die sind auch all den Bemühungen der Internationalen Gemeinschaft zu verdanken.

Aber wenn Sie zum Beispiel den Menschen in der Stadt  Beni sagen, dass sich die Situation stark verbessert hat, werden sie lachen  oder vielmehr weinen, weil es immer noch regelmäßige Angriffe der ADF-Miliz gibt. Was sagen die Ihnen? Wie reagieren sie?

Die Region Beni ist das Gebiet, in dem fast 70 Prozent unserer Truppen eingesetzt wurden. Wir haben dort unsere Spezialeinheit FIB. Wir haben dort viel Personal im Einsatz, denn es ist ein Gebiet, das unseren Schutz braucht. Wenn ich sage, es gibt Fortschritte, dann spreche ich von einem Gebiet von 2,5 Millionen Quadratkilometern.

Sie sprechen von der FIB, der schnellen Eingreiftruppe, die 2013 aufgestellt wurde und im gleichen Jahr mit dem Sieg über die M23-Miliz einen spektakulären Erfolg hatte. Seitdem hören wir nicht mehr viel von ihr...

Und dennoch war die Zahl der getöteten Soldaten im Jahr 2017 am größten (15 tansanische Blauhelme wurden im Dezember 2017 getötet; bei einem Angriff 2018 starben ein Tansanier und sieben Malawier, Anm. d. Red.). Es war schwer für mich, ihren Familien in Tansania und in Malawi zu begegnen. Friedenstruppen, die gezwungen sind, Krieg zu führen, obwohl sie doch Frieden bringen sollen. Es ist viel komplizierter, als man denkt...

Leila Zerrougui leitet die UN-Mission im KongoBild: DW/K. Tiassou

Frau Zerrougui, Sie haben über die Fortschritte des Landes gesprochen, aber Sie haben auch Gebiete erwähnt, in denen es zu Gewalt gekommen ist. Da war Kasai, da war Tanganyika, Ituri. Sind die Bedingungen denn günstig für einen Abzug der MONUSCO?

Viele bewaffnete Gruppen ergeben sich. Die heutige Herausforderung lautet: Werden wir über die Mittel verfügen, um sie aufzunehmen und für sie aufzukommen? Wir haben dieses Phänomen auch in Ituri mit der FRPI, wir haben dieses Phänomen auch in Tanganyika. Es gibt Hoffnung. Aber das wird nicht mal eben in zwei Monaten zu machen sein.

Also wird die Mission nicht sofort abgezogen? Bei all der zu leistenden Arbeit, der Ausbildung der kongolesischen Armee, die Sie erwähnt haben. Die Mission wird etwas länger dauern?

Der Präsident der Republik (Félix Tshisékédi, Anm. d. Red.) sagte: Geben Sie mir etwas Zeit, um Prioritäten zu benennen, und bereiten Sie das Ende der UN-Mission vor. Niemand, weder der ehemalige Präsident (Joseph Kabila, Anm. d. Red.) noch der jetzige, bittet darum, dass die MONUSCO für immer bleibt. Und ich glaube nicht, dass diejenigen, die über unser Mandat entscheiden, diese Absicht haben.

Die ADF ist ein schwieriger Feind, eine schwer zu bekämpfende Miliz. Wäre ein Dialog mit ihr wünschenswert - und wäre er überhaupt möglich? Schließlich handelt es sich nicht um eine einheitliche Struktur, sondern um eine verstreut agierende Miliz.

Es ist keine Miliz - es ist eine bewaffnete Gruppe, die sich in den 1980er-Jahren in der Demokratischen Republik Kongo niedergelassen hat. (Ex-Präsident, Anm. d. Red.) Mobutu hatte ihnen dieses Gebiet gegeben. So sind sie der Meinung, dass es ihnen gehört.

Und sie vermischen sich auch mit der Bevölkerung.......

Natürlich, es gibt ja Ehen, und es gibt wirtschaftliche Aspekte. Sie verkaufen Gold und Holz an die Nachbarländer. Wir sollten natürlich darauf achten, dass sie nicht zu einer bewaffneten Gruppe werden, die eine zunehmend internationale Dimension haben könnte.

Ich glaube nicht, dass Probleme durch Waffen allein gelöst werden. Natürlich werden wir sie nicht an eine Wand stellen und erschießen. Es gibt Kinder und Frauen unter ihnen. Werden wir sie töten? Wir müssen Anstrengungen unternehmen, um uns um sie zu kümmern, sie zu integrieren. Es gibt immer eine soziale Dimension, eine politische Dimension, eine Dimension, die es uns ermöglicht, das Blatt zu wenden. Ansonsten wird sich nichts ändern und die Instabilität wird anhalten.

Leila Zerrougui ist seit Anfang 2018 die Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Demokratische Republik Kongo und damit die Leiterin der MONUSCO (Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo) Die algerische Juristin war zuvor u.a. Vorsitzende des UN-Menschenrechtsrats und Sonderbeauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten.

Das Interview führten Dirke Köpp und Fréjus Quenum.