Klimawandel, Plastikmüll, Fischfang – die Weltmeere stehen unter Stress. Aber sie sichern Klima und Wetter, schlucken Treibhausgase und sind der größte Lebensraum der Welt. Wie können wir sie ausreichend schützen?
Das Meer bietet unzähligen Lebensformen Schutz und Nahrung und einzigartige LebensräumeBild: Reinhard Dirscherl/imageBROKER/picture alliance
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Die Weiten des Meeres sind das Zuhause von über 250.000 Arten – vom winzigen Plankton, bis zu riesige Korallenriffen oder dem Blauwal, dem größten Säugetier auf dem Planeten. Und für mehr als eine Milliarde Menschen ist das Meer die wichtigste Nahrungsquelle.
Um die Ozeane zu schützen, versammelt sich an der Cote d'Azur im französischen Nizza die internationale Gemeinschaft zur UN-Ozeankonferenz. Was sind die wichtigsten Baustellen?
Wärmere Meere bedeuten weniger Lebewesen
Große Teile des Unterwasserlebens stehen dem Spiel, weil sich die Erde erwärmt. Mit zunehmender Temperatur bleichen Korallen aus und sterben ab. Mittlerweile sind 84% aller Riffe weltweit davon betroffen. Würden sich die Weltmeere im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um 1,5°C erwärmen, würden die meisten Riffe absterben.
"Ab 2°C wäre die Zerstörung unumgänglich," sagt Katja Matthes, die das GEOMAR-Forschungszentrum in Kiel leitet. Weil warmes Wasser weniger Sauerstoff aufnehmen kann, sind viele weitere Lebewesen in Gefahr.
Der Tiefsee-Oktopus lebt auf einer Tiefe von 1000 bis 2000 Metern - selbst dort werden inzwischen wärmere Temperaturen als üblich gemessenBild: Courtesy Everett Collection/picture alliance
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass sich das Meer inzwischen sogar bis in eine Tiefe von 2000 Metern erwärmt. "In Folge geht Plankton, Fischen und Meeressäugetieren der Sauerstoff aus. Wir sehen Todeszonen wie hier in der Ostsee in Deutschland, wo praktisch kein Leben mehr stattfinden kann."
Zu viel Fischfang setzt Meeressystem unter Stress
Das marine Ökosystem ist auch von übermäßigem und unregulierten Fischfang bedroht. Der Umweltverband WWF geht davon aus, dass sich die Anzahl der überfischten Arten in den letzten 50 Jahren verdreifacht hat. Wenn zu viel gefischt wird, können sich Bestände nicht ausreichend erneuern.
Vor allem im Mittelmeer wird das Problem sichtbar. Dort gelten weit mehr als die Hälfte der Bestände als überfischt. Heringe, Sardinen und Sardellen landen besonders häufig in den Netzen.
Im Pazifik treibt der Great Pacific Garbage Patch: ein gigantischer Müllstrudel aus Plastik, der sich über 1,6 Millionen Quadratkilometer erstreckt – das ist dreimal so groß wie FrankreichBild: Ocean Voyages Institute/ZUMAPRESS.com/picture alliance
"Dadurch wird die Nahrungskette größerer Meeressäuger und damit ein ganzes Ökosystem gestört," analysiert Matthes. Das betrifft nicht zuletzt auch unsere Existenzgrundlage: Fische sind die wichtigste Proteinquelle für über eine Milliarde Menschen.
Weltweit sind rund 600 Millionen Menschen – vor allem in China, Indonesia and Indien – ökonomisch vom Meer abhängig.
Bis 2050 mehr Plastik als Fische im Ozean
Nach Hochrechnungen wird 2050 das Gewicht aller Fische zusammen von etwas anderem übertroffen: Plastikabfälle im Meer. Jedes Jahr kommen zwischen acht und zehn Millionen Tonnen neuer Plastikmüll dazu, schätzt das World Resources Institute, eine Non-Profit-Umweltorganisation mit Sitz in Washington. Dabei dauert es teils hunderte Jahre, bis sich die Bestandteile zersetzt haben. Der langlebige Müll und die Mikroplastik-Partikel machen Meereslebewesen immer mehr zu schaffen.
Die Temperatur der Meere beeinflusst auch das Wetter
Die Meerestemperatur hat auch Auswirkungen auf das Wetter und die Lufttemperaturen. So werden etwa die Monsunzeit in Südamerika und Asien oder das relativ milde Wetter in Europa wesentlich durch globale Meeresströmungen beeinflusst.
Der Golfstrom etwa bringt als Teil der Atlantischen Umwälzzirkulation warmes Wasser von den Tropen zum Nordatlantischen Ozean. Das beeinflusst auch die meist milden Lufttemperaturen und damit die hohen Erträge der Landwirtschaft in Europa.
2023 und 2024 hat die Temperatur der Meeresoberfläche neue Rekorde aufgestellt, so der neueste Copernicus-Report. Copernicus ist das Erdbeobachtungssystem des Weltraumprogramms der Europäischen Union. Und je wärmer Wasser wird, desto mehr dehnt sich es sich aus. Das ist der wichtigste Grund, warum der Meeresspiel immer weiter steigt.
Das Meer erwärmt sich, weil es Kohlenstoffdioxyd (CO2) und weitere Treibhausgase aufnimmt – knapp ein Drittel der menschengemachten Emissionen. Dadurch stabilisiert es das Klima. "Ohne diese Speicherfunktion wäre die Temperatur in der Atmosphäre schon jetzt unerträglich", erklärt Carlos Duarte. Er forscht an der King Abdullah Universität in Saudi-Arabien zu Meeresthemen.
"Der Ozean ist unser Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel", sagt Katja Matthes, "aber nur, solange wir seine Funktion erhalten." Denn mit steigender Wassertemperatur kann das Wasser immer weniger CO2 speichern.
Ozeane: geheimnisvolle Quelle des Lebens und bedrohter Lebensraum
Ozeane bedecken den größten Teil unseres Planeten und regulieren unser Klima. Die Auswirkungen des Klimawandels beeinträchtigen schon jetzt die Meere. Ein Grossteil der Meeresgebiete sind bis heute unerforscht.
Unser blauer Planet
Der Ozean bedeckt 71% der Erdoberfläche, er ist die Heimat von 90% der Ökosysteme auf der Erde. Meere sind für das Leben wesentlich - sie produzieren zwischen 50% und 80% des Sauerstoffs auf dem Planeten, und sind damit ein wichtiger Teil des Kohlenstoffkreislaufs. Man geht davon aus, dass die Meere vor 4.4 Milliarden Jahren entstanden sind und die Entstehung früher Lebensformen möglich machten.
Bild: NASA
Mysterien der Tiefsee
Abgesehen von seiner enormen Größe, wissen wir tatsächlich sehr wenig über den Ozean. Mehr als 80% der Unterwassergebiete sind nicht kartographiert. Wissenschafter arbeiten daran die Geheimnisse der Meere zu enthüllen. Es ist wichtig, Veränderungen der Ökosysteme besser zu verstehen, um mit den lebenswichtigen Ressourcen des Ozeans in Zeiten des Klimawandels besser umgehen zu können.
Bild: Colourbox/S. Dmytro
Die Klimaanlage des Planeten
Der Ozean spielt eine Hauptrolle bei der Regulierung des Erdklimas, indem er Sonnenstrahlung absorbiert, Wärme verteilt und damit die Wetterlage bestimmt. Der Klimawandel hat begonnen, diese Balance zu stören. Das beeinflusst die Regulierung der Ökosysteme des Planeten, eine der Schlüsselaufgaben des Ozeans. Dazu gehört auch seine Funktion als Kohlenstoffspeicher und Sauerstoffproduzent.
Es wimmelt vor Leben
Die Meere beheimaten mindestens 230.000 unbekannte Tier-und Pflanzenarten. Korallenriffe auf dem Meeresgrund sind ein sicherer Hafen für Fische und wirbellose Tiere wie Krebse. Das Leben der Pflanzen blüht besonder in flacheren Gewässern, während größere Tierarten wie Haie, Wale und Delfine sich im offenen Wasser tummeln.
Bild: picture-alliance/blickwinkel
Komische und wundervolle Kreaturen
Mehr als zwei Drittel aller Lebensformen in den Meeren sind bisher noch unbekannt vermuten Meeresbiologen. Jedes Jahr werden neue Arten endeckt – und viele sind anders als alle bislang erforschten Tiere oder Pflanzen. So wie dieser ‚Tintenfischwurm‘, den man 2007 in der Celebesee im westlichen Pazifik fand. Was sich wohl sonst noch in den geheimnisvollen Tiefen verbirgt?
Bild: Laurence Madin, WHOI
Alarmsignale
Der Ozean ist unter Druck. Ein Beispiel ist das zunehmende Ausbleichen von Korallenriffen. Gesunde Riffe sind überzogen von einer speziellen Algenart, sie ermöglichen Wachstum und Fortpflanzung der Korallen. Höhere Temperaturen und Umweltverschmutzung stressen die Korallen, sie stoßen die Algenschicht ab. Zurück bleibt ein weißes Skelett. Das Risiko, das Riffe sterben, wächst weltweit.
Bild: XL Catlin Seaview Survey
Keine Zuflucht
Das Leben in den Meeren wird durch den Klimwandel deutlich bedroht. Neue Studien zeigen, dass manche Fischpopulationen, Weichtiere und Krebse doppelt so schnell aussterben wie Arten an Land. Extreme Temperaturen sind der Hauptgrund dafür. Denn es gibt im Ozean kaum Orte, wo sich Tiere vor steigenden Temperaturen schützen können.
Das größe Schmelzen
In der Kryosphäre – den Eisgebieten der Erde - führt die Erwärmung der Atmosphäre zum Schmelzen von Eis, Schnee und der Gletscher. Das bereits geschmolzene Eis trägt schon heute zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Durch das Schmelzen des arktischen Permafrosts wird außerdem Methan freigesetzt. Das könnte langfristig zu einer Übersäuerung der Ozeane führen.
Bild: Getty Images/M. Tama
Verlorener Rettungsanker
Menschen sind untrennbar mit dem Ozean verbunden. Seit Tausenden von Jahren siedeln Völker entlang der Küsten, das Meer ernährte sie und war Grundlage für ihr Leben und ihre Kulturen. Heute leben eine Milliarde Menschen in Küstengebieten, die vom steigenden Meeresspiegel bedroht werden.
Bild: imago
Verschwindende Wildnis
Nur 13% der Meere sind komplett frei von menschlichem Einfluss. Entlang der Küsten gibt es kaum noch unberührte Gebiete. Die Fischerei beeinträchtigt immer mehr Regionen auch in der Hochsee. Der Technologische Fortschritt berührt selbst entlegensten Orte in der Antarktis und der Tiefsee. Die noch verbleibende Wildnis zu schützen wird eine Herausforderung für kommenden Generationen.
Bild: picture-alliance/dpa
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Und mit steigendem Kohlenstoffgehalt versauert das Meer zunehmend, erklärt Matthes weiter, "dadurch sterben Muscheln und Korallen." Sich an die immer saureren Bedingungen anzupassen, fällt vielen Lebewesen schwer. So fehlt ihnen an anderer Stelle Energie – beispielsweise für Wachstum und Fortpflanzung.
Wie werden die Meere aktuell geschützt?
Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, errichten Staaten sogenannte Meeresschutzzonen. Die größte davon liegt an der Küste des US-Bundesstaates Hawaii.
Wie genau dieser Schutz aussieht, ist von Land zu Land unterschiedlich. Oft dürfen dort keine Windparks errichtet oder Fischerei betrieben werden. Aktuell gibt es in weniger als neun Prozent der Weltmeere Schutzzonen – aber in nur drei Prozent davon ist die Fischerei verboten.
Ein Ziel: weniger Plastik in den Meeren
"Wir können nicht alle Probleme mit Meeresschutzzonen beseitigen. Dem Klimawandel oder dem Plastik, was im Meer treibt, sind diese Zonen egal," merkt Duarte an.
Um die Plastikverschmutzung einzudämmen, will die UN seit Jahren ein internationales Abkommen beschließen. Die Verhandlungen darüber, die zuletzt am Widerstand großer Öl-Nationen wie Saudi-Arabien und Russland scheiterten, werden im August 2025 in der Schweiz weitergeführt.
Zudem wird schon lange an Alternativen zu herkömmlichem Plastik geforscht. Japanische Forscher haben einen Stoff entwickelt, das sich innerhalb von Stunden im Salzwasser der Meere auflösen soll. Aber für die bereits bestehenden riesigen Mengen an Plastikmüll bieten solche Ansätze keine Lösung .
Wer darf die Ressourcen der Ozeane ausbeuten?
Knapp 40 Prozent der Meeresflächen werden durch nationales Recht verwaltet. Das sind die Gebiete, die in einem Umkreis von etwa 370 Kilometern um einen Staat liegen. Danach beginnt die Hohe See. Sie gehört allen, und wird daher oft das "gemeinsame Erbe der Menschheit” genannt.
Küssende Kamele, farbige Lichttäuschungen und rasante Jäger - die Jury des Wettbewerbs "Underwater Photographer of the Year" hat die besten Unterwasserfotografien des Jahres gekürt.
Bild: Alvaro Herrero (Mekan)/UPY 2025
Küssende Kamele
Kamele in der Unterwasserfotografie? Das Gewinnerfoto in der Kategorie Porträt des Wettbewerbs "Underwater Photographer of the Year" entstand nicht in einem ausgedehnten Ozean, sondern im Trinkeimer einer Kamelherde. Sanft drückt sich die haarige Kamelschnauze durch die Wasseroberfläche der Kamera entgegen, ein Kuss scheint unvermeidlich.
Bild: Abdulaziz Al Saleh/UPY 2025
"Radiant Bond" - die strahlende Bindung
Hauptgewinner des Wettbewerbs ist das Foto von Alvaro Herrero, Künstlername Mekan, mit dem Titel "Radiant Bond". Der spanische Fotograf fing diesen majestätischen Moment zweier Buckelwale in Französisch-Polynesien ein. Die Walkuh begleitet ihr Junges für einige Atemzüge an die Wasseroberfläche, umgeben von leuchtenden Strahlen der Morgensonne.
Bild: Alvaro Herrero (Mekan)/UPY 2025
Fabelwelten der Fotografie
In eine anmutige Traumwelt versetzt die Betrachter dieses Foto aus einer unter Wasser gelegenen Höhle in Yucatán in Mexiko. Surreale Steinformationen ragen im klaren Wasser von Decke und Boden. Anspruchsvolle Tauchtechnik und fotografische Genauigkeit ermöglichen den Zauber dieses Bildes.
Bild: Alvaro Herrero (Mekan)/UPY 2025
Aurora borealis?
Die Erwartungen an ein Unterwasserfoto werden auf den Kopf gestellt: Fliegt der Taucher durch ein Nordlicht oder sehen wir Spezialeffekte eines gealterten Science-Fiction-Filmes? Nein, eine Person taucht durch die unterirdischen Seen einer Höhle in Cancún, Mexiko. Geduldig wählte der Fotograf die richtige Jahreszeit und Wetterlage, um die fantastischen Lichteffekte zu erzeugen.
Bild: Ruruka/UPY 2025
Stoff für einen Abenteuerroman
Mehr als 100 Meter tief unter der Wasseroberfläche liegt ein Schiffswrack vor der Küste Ägyptens. Eingetaucht in schummriges Licht, überwuchert von Seegras, Algen und leichtem Korallenwuchs, ringsherum Wolken von Fischschwärmen: Dieses Award-Foto weckt Abenteuerlust.
Bild: Alex Dawson/UPY 2025
Und wer bist du?
Wer ist der Eindringling in meinem grün-blauen Unterwasserreich, scheint der Seehund freundlich zu fragen. Das Porträtfoto der Robbe entstand vor der rauen britischen Atlantikküste bei North Devon. Eine Gruppe grauer Seehunde lebt vor der Insel Lundy, in einem seit 1973 geschützten Meeresgebiet.
Bild: David Alpert/UPY 2025
Umwelt- und Naturschutz
Indonesische Fischer tragen einen erbeuteten Tigerhai aus dem Wasser. Einer von Millionen getöteten Haien jährlich ist den Männern ins Netz gegangen. Schlagartig wird dem Betrachter die grausame Wirklichkeit der Zahl durch ein Foto bewusst. Das eindringliche Bild wurde zum Sieger der Kategorie "Rettet unsere Meere“ gekürt.
Bild: Robert Marc Lehmann/UPY 2025
Auf der Jagd
Der blaue Marlin ist in der Unterwasserwelt ein blitzschneller, gefürchteter Jäger. Mit hoher Geschwindigkeit stößt der große Schwertfisch in den Sardinenschwarm. Die kleineren Fische stieben im leuchtend blauen Wasser fluchtartig auseinander. Einen Moment voller Bewegung inmitten der Jagd einzufangen ist fotografische Höchstleistung, die von der Jury des UPY 2025 gewürdigt wurde.
Bild: Eduardo Acevedo/UPY 2025
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Nach 15 Jahren Verhandlungen wurde es 2023 von den meisten Staaten der Erde unterzeichnet. Damit sind diese aber noch nicht an die Vereinbarung gebunden. Dazu muss es von mindestens 60 Staaten ratifiziert werden – aktuell haben das erst 31 getan, darunter viele kleine Staaten, aber auch Bangladesch und Frankreich. Deutschland und die USA fehlen.
Auch die Artenvielfalt soll geschützt werden, darauf hat sich die internationale Staatengemeinschaft geeinigt.
Bis 2030, also in nur fünf Jahren, sollen 30 Prozent der Meere unter Schutz stehen. Ein ambitioniertes Ziel, sagt Duarte. "Bis sich unsere jetzigen Handlungen in Zukunft bemerkbar machen, wird es dauern."
Trotzdem ist er optimistisch. "Wenn wir uns jetzt auf diesen Schutz einigen, dann werden wir unseren Kindern und Enkelkindern im Jahre 2050 einen Ozean überlassen können, der ungefähr so aussieht wie der, den unsere Großeltern kannten."