1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kinder in Konfliktgebieten

12. Juli 2011

Deutschland hat einen Schwerpunkt im UN-Sicherheitsrat auf den Schutz von Kindern in Konfliktgebieten gelegt. In New York wurde nun eine Resolution verabschiedet, die den Angriff auf Schulen und Krankenhäuser ächtet.

Kinder im sudan
Kinder im Süd-Sudan sollen besser geschützt werdenBild: DW

Der UN-Sicherheitsrat hat am Dienstag (12.07.2011) eine unter deutscher Federführung erarbeitete Resolution zum Schutz von Kindern einstimmig verabschiedet. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen stimmte unter Leitung von Bundesaußenminister Guido Westerwelle für das Papier, das den Angriff auf Schulen und Krankenhäuser ächtet – ein Vergehen, das in Konfliktgebieten immer wieder zu beobachten ist.

Was Kriege für Kinder bedeuten, wird zum Beispiel im Süd-Sudan deutlich - dem Land, das als 193. Staat vorraussichtlich am Mittwoch in die Weltgemeinschaft aufgenommen werden soll. Doch der jahrzehntelange Bürgerkrieg, so Irina Bokova, Generaldirektorin der UNESCO, der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, hat seine Spuren hinterlassen. Im Süd-Sudan werde deutlich, was Kriege für Kinder bedeuten.

"Schulen und Schulkinder wurden während des Konflikts systematisch angegriffen." Der Süd-Sudan habe heutzutage die niedrigste Einschulungsquote der Welt, so Bokova weiter, und für Mädchen im Teenager-Alter sei die Wahrscheinlichkeit größer, während einer Geburt zu sterben, als die Schule zu Ende zu machen. Nur acht Prozent der Frauen könnten lesen und schreiben. Ihr Fazit: "Kein Land unterstreicht deutlicher, wie wichtig das Recht auf Schulbildung ist."

Kinder unter besonderem Schutz

Die Zahlen weltweit sind alarmierend: Die UNESCO schätzt, dass zwischen 1998 und 2008 zwei Millionen Kinder in bewaffneten Konflikten getötet, sechs Millionen schwer verletzt wurden. Ungefähr 300.000 Kinder werden als Soldaten missbraucht. Sexuelle Gewalt wird weltweit systematisch eingesetzt.

Auch im Kongo waren noch 2003 Kindersoldaten im EinsatzBild: picture-alliance/dpa

Dabei stehen seit gut 20 Jahren Kinder unter dem besonderen Schutz der Weltgemeinschaft. 1990 trat die UN-Kinderrechtskonvention in Kraft. Bislang gab es sechs Verbrechen gegen Kinder, die nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen angesehen werden. Kinder als Soldaten einzusetzen gehört ebenso dazu wie sie zu töten oder sexuell zu missbrauchen.

Schwarze Liste als Druckmittel

Eine Konfliktpartei, die diese Verbrechen begeht, kann vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf eine Schwarze Liste gesetzt werden. Das hört sich harmlos an, mache aber durchaus Eindruck, erklärt Peter Wittig, der deutsche UN-Botschafter in New York:

"Für die Länder, Regierungen und Rebellen-Gruppen, die auf dieser Liste drauf stehen, für die ist das ein Stigma, die wollen da runter." Zum Beispiel: Afghanistan. Botschafter Wittig hat gerade erst eine Delegation nach Afghanistan geleitet. Dort habe man gesehen, sagt er, dass die afghanische Regierung ernsthafte Anstrengungen unternehme, den Schutz für Kinder zu verbessern.

Um von der Liste wieder runterzukommen, müssen die betroffenen Länder einem Aktionsplan zustimmen und ihn umsetzen. 15 Aktionspläne in neun Konfliktgebieten, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei der Vorbereitung für die Debatte, konnten so verabschiedet werden, zwei weitere werden bis Jahresende erwartet.

Tschad hat bereits einem Aktionsplan zum besseren Schutz von Kindern zugestimmtBild: Picture-Alliance /dpa

Diese Erfolge zeigten die Wirkung der schwarzen Liste, so der Generalsekretär. Ein Beispiele sei der Tschad, wo erst vor kurzem solche Pläne vereinbart wurden. Ban erklärte: "Ich möchte die Regierung des Tschad für das Vorhaben loben, alle Kinder aus den Sicherheitskräften zu entfernen und damit der UN-Resolution 1612 zu entsprechen." Er versprach: "Wenn der Aktionsplan umgesetzt ist, wird Tschad von der Schwarzen Liste und der Tagesordnung der Sicherheitsrats-Arbeitsgruppe [zum Schutz von Kindern] entfernt." Die Regierungen der Demokratischen Republik Kongo, Myanmar und Sudan sowie die Regierung Somalias sollten sich daran ein Beispiel nehmen.

Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser ächten

Mit der neuen Resolution kann der UN-Sicherheitsrat auch bei Angriffen auf Schulen und Krankenhäusern die weitergehende Maßnahme in Form von Sanktionen verhängen. Das werde jedoch viel zu selten gemacht, kritisieren Vertreter von Nichtregierungsorganisationen wie Eva Smets, Direktorin der Watchlist für Kinder und bewaffnete Konflikte: "Bis heute sind nur in zwei Fällen weitergehende Maßnahmen ergriffen worden: vor ein paar Jahren an der Elfenbeinküste und vor kurzem in der Demokratischen Republik Kongo."

Denn nicht alle Länder und Konfliktparteien ließen sich von der Schwarzen Liste beeindrucken: "Der Bericht des UN-Generalsekretärs vom letzten Jahr enthielt eine Liste der hartnäckigen Gesetzesbrecher", erklärt sie. Auf dieser Liste hätten 16 bewaffnete Gruppen gestanden, die damals schon seit fünf Jahren oder länger aufgeführt wurden. "Es war eine sehr lange Liste", so Smets.

Dennoch geben die Kinderrechtler die Hoffnung nicht auf: Wenn die immerhin vorhandenen Fortschritte so weitergehen, dürfte es in 25 Jahren, lautet die Rechnung, zumindest keine Kindersoldaten mehr geben.

Autor: Christina Bergmann, New York
Redaktion: Rob Mudge/Sabine Faber

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen