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UN-Sicherheitsrat billigt Plan zu Waffenruhe im Gazastreifen

11. Juni 2024

Könnten die Waffen im Israel-Hamas-Krieg schweigen? Dafür setzt sich US-Präsident Joe Biden ein. Seinem Plan stimmten im UN-Sicherheitsrat fast alle Staaten zu.

Der UN-Sicherheitsrat berät in New York über den Plan zu einer Waffenruhe im Gazastreifen
Der UN-Sicherheitsrat berät in New York über den Plan zu einer Waffenruhe im GazastreifenBild: Angela Weiss/AFP/Getty Images

Der UN-Sicherheitsrat hat eine Resolution für eine Waffenruhe im Israel-Hamas-Krieg verabschiedet. Der von den USA eingebrachte Entwurf wurde in New York mit den Stimmen von 14 der 15 Ratsmitglieder angenommen, die Veto-Macht Russland enthielt sich.

Das höchste UN-Gremium unterstützt damit einen dreistufigen Plan, den US-Präsident Joe Biden am 31. Mai vorgestellt und als israelische Initiative bezeichnet hatte. In dem Text ist festgehalten, dass Israel den Plan bereits akzeptiert habe. Israel und die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas werden aufgefordert, die Bedingungen "unverzüglich und bedingungslos" umzusetzen.

Was besagt der Vorschlag?

Der von Joe Biden vorgestellte Plan sieht zunächst eine vollständige und uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen vor. In diesem Zeitraum würde eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.

Linda Thomas-Greenfield, Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen (Archivbild)Bild: Eduardo Munoz Alvarez/AP/dpa/picture alliance

Mit dem völkerrechtlich bindenden Entschluss unterstützte der Sicherheitsrat erstmals seit Kriegsbeginn einen spezifischen Plan für eine Waffenruhe. "Heute haben wir für den Frieden gestimmt", erklärte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield. Der Rat habe zudem "eine klare Botschaft an die Hamas gesendet: Akzeptiert das Waffenstillstandsabkommen, das auf dem Tisch liegt". Israel habe dem Abkommen bereits zugestimmt, "und die Kämpfe könnten heute enden, wenn die Hamas das Gleiche tun würde", so Thomas-Greenfield.

Positive Reaktion der Hamas

Die Hamas erklärte ihrerseits, sie "begrüße" die Annahme der Resolution durch den UN-Sicherheitsrat. Zugleich unterstrich die Hamas ihre Bereitschaft, mit den Vermittlern zusammenzuarbeiten, "um indirekte Verhandlungen über die Umsetzung aufzunehmen".  Es bleibt bislang jedoch unklar, ob die militant-islamistische Organisation dem Plan formell zustimmt. Denn ihre Vertreter haben stets darauf bestanden, dass ein Deal ein dauerhaftes Ende des Krieges garantieren müsse. Die USA, die Europäische Union, Deutschland und andere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Die israelische Diplomatin Reut Schapir Ben Naftali sagte nach der Abstimmung im höchsten UN-Gremium, der Krieg werde nur enden, wenn israelische Ziele erreicht worden seien - darunter die Freilassung der Geiseln und die Zerstörung der Hamas. Die Weigerung der Palästinenserorganisation, auf "diplomatischem Wege" zu einer Freilassung der Geiseln zu gelangen, zeige, dass die Bemühungen um die Heimkehr der Verschleppten "auch militärische Mittel" umfassen müssten.

Der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur begrüßte die Abstimmung und betonte, dass es nun an der israelischen Seite liege, die Resolution und die Waffenruhe umzusetzen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte, er halte die Annahme der Resolution für "einen Schritt in die richtige Richtung".

Algerien sieht "Hoffnungsschimmer"

Der algerische UN-Botschafter Amar Bendjama sagte, sein Land glaube, dass die Resolution einen Schritt "in Richtung eines sofortigen und dauerhaften Waffenstillstands" darstellen könne. Er sprach von einem Hoffnungsschimmer für die Palästinenser: "Es ist an der Zeit, das Töten zu beenden." Algerien ist derzeit das einzige arabische Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja hingegen kritisierte, dass der Rat sich ohne "Details" für den Plan ausspreche und so einen "Freibrief" gebe.

Israelische Panzer durchqueren bei Deir al Balah den Gazastreifen (am Samstag)Bild: Abdel Kareem Hana/AP/picture alliance

Die Europäische Union rufe zur sofortigen Umsetzung des Plans auf, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Abend mit. Die Staatengemeinschaft unterstütze den Fahrplan uneingeschränkt.

Beispielloser Überfall auf Israel

Der Krieg im Nahen Osten war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas und anderer radikaler Palästinensergruppen auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem islamistische Kämpfer laut israelischen Angaben etwa 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatten. 116 Geiseln befinden sich nach Angaben der israelischen Armee noch in der Gewalt der Hamas, 41 von ihnen sollen bereits tot sein.

Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.100 Menschen getötet. Die israelischen Streitkräfte stehen wegen ihres Vorgehens im Gazastreifen und der hohen Zahl ziviler Opfer international stark in der Kritik. Hilfsorganisationen bezeichnen die humanitäre Lage für die mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen als verheerend.

Blinken auf achter Nahost-Reise

Bei seinem Besuch im Nahen Osten warb US-Außenminister Antony Blinken für den Feuerpausenplan. Nach Angaben von US-Vertretern traf Blinken sich in Jerusalem rund zwei Stunden mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und erörterte die diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand. Dabei sagte der Minister, dass der vorliegende Vorschlag den Weg zur "Ruhe entlang der Nordgrenze Israels und der weiteren Integration mit den Ländern in der Region eröffnen" würde.

US-Außenminister Antony Blinken (links) zu Besuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Bild: Amos Ben-Gershom/GPO/dpa/picture alliance

Zuvor hatte Blinken bei seiner neuerlichen Nahost-Mission in Ägypten Halt gemacht. Dort rief er die arabischen Staaten auf: "Fordern Sie die Hamas dazu auf, Ja zu sagen." Weiter sagte er in Kairo: "Ich glaube fest daran, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen, sei es in Israel, im Westjordanland oder im Gazastreifen, an eine Zukunft glauben wollen, in der Israelis und Palästinenser in Frieden und Sicherheit leben."

Der US-Außenminister kam in Kairo mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Geheimdienst-Chef Abbas Kamel zusammen. Bei den Gesprächen ging es der ägyptischen Präsidentschaft zufolge um "gemeinsame Anstrengungen zur Erreichung eines Waffenstillstands und eines Gefangenenaustauschs".

Die USA, Katar und Ägypten bemühen sich seit Monaten als Vermittler um eine Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas, bislang jedoch ohne Erfolg. Im Rahmen der bislang einzigen von den drei Ländern vermittelten Einigung waren Ende November während einer einwöchigen Feuerpause rund 100 Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefängnisinsassen freigekommen.

kle/AR/jj (afp, rtr, dpa)