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Politik

Deutschland teilt sich Chefsessel bei UN

Fabian von der Mark
31. März 2019

Seit Anfang des Jahres sitzt Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Mit Monatsbeginn übernimmt es nun offiziell den Vorsitz - erstmals in Fortführung einer "Zwillingspräsidentschaft“ mit Frankreich.

Deutsch-französischer Doppel-Vorsitz im UN-Sicherheitsrat
Bild: picture-alliance/dpa/J. Schmitt-Tegge

Was heißt "Zwillingspräsidentschaft"?

Deutschland und Frankreich sind zurzeit beide im UN-Sicherheitsrat. Frankreich ist wegen seines permanenten Sitzes immer Mitglied im höchsten UN-Gremium. Deutschland wurde für die Jahre 2019 und 2020 in den Sicherheitsrat gewählt. Beide Länder haben jeweils einen Monat lang den Vorsitz inne - Frankreich im März, Deutschland im April. Als Zeichen der engen Zusammenarbeit haben die beiden EU-Staaten ihre Präsidentschaften erstmals zu einer "Zwillingspräsidentschaft" - die Franzosen sprechen von einer "Jumelage" - verzahnt. Auch wenn es zum Monatswechsel eine formale Übergabe der Präsidentschaft von Frankreich an Deutschland gibt, so gibt es de facto kaum Änderungen, da Deutschland das gemeinsam erarbeitete Programm fortführt. Vereinbart wurde die engere UN-Kooperation von Berlin und Paris im Aachener Vertrag. 

Welche Agenda haben Deutschland und Frankreich?

Ein Schwerpunkt ist die Krisenprävention in Afrika. Deutschland und Frankreich wollen die UN-Mission in Mali weiter unterstützen, und auch mit Burkina Faso soll im Bereich Frieden und Sicherheit eng zusammengearbeitet werden. Humanitären Helfern weltweit soll die Arbeit erleichtert werden; sie sollen besser ausgestattet und geschützt werden. Eine entsprechende Initiative will Bundesaußenminister Heiko Maas Anfang April in New York vorstellen. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Kampf gegen den Handel mit Kleinwaffen auf dem Balkan. Die bessere Zusammenarbeit der Behörden auf diesem Feld soll auch Vorbild für andere Regionen sein. Deutschland will sich in Absprache mit Frankreich außerdem für mehr politische Beteiligung von Frauen einsetzen und gegen sexuelle Gewalt in Konflikten. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Abrüstung. Deutschland wird im April eine Sitzung des Sicherheitsrats zu nuklearer Nichtverbreitung und Abrüstung leiten.

An der UN-Friedensmission in Mali beteiligen sich rund 1000 BundeswehrsoldatenBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Welche Schwerpunkte hat Deutschland bisher im Sicherheitsrat gesetzt?

Von Anfang an war es Deutschland wichtig, für die Idee der UN, also für internationale Zusammenarbeit und Kooperation zu werben. Dem wachsenden Nationalismus eines Donald Trump wollen Deutschland und Frankreich ihren multilateralen Ansatz entgegensetzen. Die "Zwillingspräsidentschaft" ist bereits ein Zeichen dieser Idee, aber auch mit den anderen europäischen Mitgliedern des Sicherheitsrats (zurzeit noch Großbritannien, Belgien und Polen) haben sich Deutschland und Frankreich eng abgestimmt. Zusammen setzen sich die EU-Staaten für den Erhalt internationaler Absprachen und Verträge wie dem Pariser Klimaabkommen oder dem INF-Vertrag zur nuklearen Abrüstung ein. Auch auf die Einhaltung von UN-Resolutionen pochen Deutschland und Frankreich im Sicherheitsrat. So hat Deutschlands UN-Botschafter Heusgen den USA zuletzt vehement den Bruch internationalen Rechts durch die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und den Verstoß gegen die Golanresolution der Vereinten Nationen vorgeworfen.

Warum wirken die Vereinten Nationen in den großen Krisen so machtlos?

Tatsächlich ist der Sicherheitsrat bei den großen weltpolitischen Fragen oft gespalten. Auf eine Syrien-Resolution etwa kann sich das Gremium seit Jahren nicht einigen, weil die USA und Russland unterschiedliche Interessen verfolgen, beide aber über ein Veto-Recht im höchsten UN-Gremium verfolgen. Auch bei der Krise in Venezuela konnte sich der Sicherheitsrat auf keine gemeinsame Linie einigen. Einer Resolution der USA, in der sie Hilfslieferungen und faire Wahlen forderten, schlossen sich Deutschland, Frankreich und die anderen Europäer an. Russland und China blockierten die Resolution aber per Veto. Damit war zum wiederholten Mal der UN-Sicherheitsrat in der Bewertung eines Konflikts uneins und das Gremium bildete die Spaltung der internationalen Staatengemeinschaft nur ab.

Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates

Bekommt Deutschland auf Dauer einen Sitz im Sicherheitsrat?

Schon seit der Wiedervereinigung setzt sich Deutschland für einen eigenen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat ein. Zuletzt erst haben Deutschland und Frankreich im gemeinsamen Aachener Vertrag eine Reform der Vereinten Nationen und einen ständigen Sitz Deutschlands zum gemeinsamen Ziel erklärt. Argumente hat Deutschland viele auf seiner Seite: viertgrößter Beitragszahler, großer Truppensteller im Rahmen der Vereinten Nationen und weltweit engagiert auf wichtigen Feldern der Vereinten Nationen wie Klimapolitik, Menschrechte und Abrüstung. Deutschland setzt sich nicht allein für eine Reform ein: auch Brasilien, Japan und Indien kämpfen für neue Sitze im UN-Sicherheitsrat. Tatsächlich geht es aber beim Ziel einer UN-Reform nur "millimeterweise voran" wie kürzlich ein UN-Diplomat erklärte. Deutschland muss also seine Zeit als gewähltes Mitglied im höchsten UN-Gremium auskosten - eine Dauerpräsenz ist nicht in Sicht.

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