UN thematisieren IS-Gewalt gegen Schwule
25. August 2015Es waren qualvolle Details, die die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats bei der informellen Sitzung in New York zu hören bekamen. Es ging um die Gewalttaten der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) gegen Homosexuelle. Betroffene aus dem Irak und Syrien schilderten, wie sie wegen ihrer sexuellen Orientierung gejagt wurden.
Schwule werden von Dächern gestoßen
Subhi Nahas, der aus Syrien über den Libanon und die Türkei in die USA fliehen konnte, berichtete, in seiner Heimatstadt Idlib würden Schwule von Hausdächern gestoßen. Falls sie nach dem Aufprall auf dem Boden noch nicht tot seien, würden sie von Anwohnern gesteinigt. An der Hetze würden sich auch Kinder beteiligen.
Schon die Regierung unter Präsident Baschar al-Assad habe alle Regimekritiker und Dissidenten der Homosexualität beschuldigt und sie gezielt verfolgt, schilderte er weiter. Kurz nach dem Volksaufstand 2011 seien Schwule verfolgt, inhaftiert und gefoltert worden. 2012 übernahm die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündete Al-Nusra-Front die Macht in Idlib. Ihre Kämpfer hätten erklärt, sie würden die Stadt von Schwulen "säubern". Es folgten zahllose Verhaftungen und Exekutionen, wie Nahas erzählte. 2014 eroberten IS-Terroristen Idlib. Seither habe die Gewalt nochmals zugenommen.
"Im IS-Gebiet werden Schwule die ganze Zeit gejagt und getötet." Nahas nutzte die Gelegenheit, um die Regierungen zum Schutz von sexuellen Minderheiten aufzurufen - auch in der arabischen Krisenregion.
Handy-Daten und Facebook ausgewertet
Adnan, ein Iraker, der per Telefon zugeschaltet wurde, berichtete von brutalen Übergriffen der irakischen Sicherheitskräfte, bevor der IS die Kontrolle in seiner Heimatregion übernahm. Nach seinen Worten gingen die Dschihadisten noch "professioneller" vor: Sie lokalisierten die Homosexuellen gezielt und "jagen jeden einzelnen". Dabei würden auch die in Handys gespeicherten Adress- und Telefonlisten sowie Facebook-Kontakte ausgewertet.
Adnan beklagte, in seiner Heimat sei Homosexualität ein Todesurteil. Die Gesellschaft begrüße das brutale Vorgehen der IS-Terroristen gegen Schwule, da diese in ihren Augen schlecht und abartig seien.
Die Leiterin der Internationalen Kommission für die Rechte von Schwulen und Lesben, Jessica Stern, wies darauf hin, die Extremisten hätten sich zur Enthauptung von mindestens 30 homosexuellen Menschen wegen "Unzucht" bekannt.
"Kleiner, aber historischer Schritt"
Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power, die zusammen mit ihrem chilenischen UN-Kollegen die Sitzung des Weltsicherheitsrats initiiert hatte, lobte das Treffen als "kleinen, aber historischen Schritt". 70 Jahre nach Gründung des Gremiums sei es höchste Zeit, dass das Schicksal von Homo- und Transsexuellen ins Rampenlicht rücke, "die rund um die Welt um ihr Leben fürchten".
Die Sitzung stand allen 15 Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats offen. Die nicht-ständigen Mitglieder Angola und Tschad schickten keinen Vertreter in die Runde.
se/wa (ape, rtre, dpae, afpe)