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Politik

Khashoggi-Mord ein "Staatsverbechen"

Brian Thomas
20. Juni 2019

Der saudische Journalist Jamal Khashoggi wurde von Vertretern Saudi-Arabiens getötet, sagt UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard der DW. Gegen Kronprinz Mohammed bin Salman sollte ermittelt werden.

Schweiz - UN Agnes Callamard zum Fall Jamal Kashoggi
Bild: Getty Images/AFP/F. Coffrini

DW: Wie sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass es "glaubwürdige Beweise" dafür gibt, dass die Behörden Saudi-Arabiens Verantwortung für den Tod von Jamal Khashoggi tragen?

Agnès Callamard: Der erste wichtige Befund meiner Untersuchung betrifft die Verantwortlichkeit des Staates Saudi-Arabien. Bisher haben die saudischen Behörden darauf bestanden, dass dies kein staatlich sanktioniertes Verbrechen war, sondern eine Schurkentat.

Mein Bericht zeigt, dass die Ermordung von Jamal Khashoggi alle Kriterien eines Staatsverbrechens erfüllt. Beamte des Staates haben es geleitet und ausgeführt. Sie haben sich dabei auf staatliche Mittel und Ressourcen gestützt. Das Team, das nach Istanbul geflogen ist, benutzte einen Privatjet mit diplomatischer Genehmigung. Die Ermordung fand im saudischen Konsulat statt. Der saudische Konsul selbst sorgte dafür, dass am Tag des Mordes keine Zeugen anwesend waren. Diese und andere im Bericht präsentierte Beweise bedeuten, dass es keine andere mögliche Schlussfolgerung gibt, als dass der Mord das war, was wir einen staatlichen Mord nennen.

Protest gegen die Ermordung Jamal Khashoggis - hier vor dem saudischen Konsulat in Istanbul im Oktober 2018Bild: imago/Depo Photos

Wenn es sich um einen staatlichen Mord handelt, der von Staatsbeamten mit staatlichen Mitteln begangen wurde, wie Sie in Ihrem Bericht festgestellt haben - bedeutet dies, dass Kronprinz Mohammed bin Salman für den Mord an Khashoggi verantwortlich oder haftbar ist?

Meine Untersuchung ist eine Menschenrechtsuntersuchung, die sich stark auf die Verantwortung des Staates konzentriert. In diesem Zusammenhang habe ich die individuelle Haftung nur geprüft, um festzustellen, ob meines Erachtens genügend glaubwürdige Beweise für eine internationale strafrechtliche Untersuchung vorliegen.

Mein Fazit ist, dass es auf der Grundlage meiner Erkenntnisse und Analysen tatsächlich glaubwürdige Beweise gibt, die eine strafrechtliche Untersuchung hochrangiger Beamter erfordern - einschließlich des Kronprinzen.

Ich möchte betonen, dass die mögliche Haftung des Kronprinzen nicht nur davon abhängt, ob er das Verbrechen angeordnet hat oder nicht. Wichtig ist auch die Suche nach einer rauchenden Waffe. Dies ist nicht die einzige Form der Verantwortung für einen hochrangigen Beamten.

Gegen ihn sollte ermittelt werden, sagt Agnès Callamard - Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman Bild: picture-alliance/dpa

In einem zivilen Rahmen gibt es so etwas wie eine Befehlskette und eine Reihe von damit verbundenen Verantwortlichkeiten. Zum Beispiel: Hat der Kronprinz oder jemand anderes direkt oder indirekt zur Ermordung von Herrn Khashoggi angestiftet? Wusste der Kronprinz oder jemand anderes von dem geplanten Mord, ergriff aber keine Maßnahmen, um ihn zu verhindern? Wusste der Kronprinz oder jemand anderes - oder hätten sie wissen müssen -, dass die Ermordung von Herrn Khashoggi angesichts der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die im Jahr vor seinem Tod begangen wurden, eine reale Möglichkeit darstellt? All das muss Gegenstand einer eingehenden strafrechtlichen Untersuchung sein.

Wo soll diese strafrechtliche Ermittlung stattfinden? Wie sollte die Gerichtsbarkeit sein?

Ich empfehle, die internationalen strafrechtlichen Ermittlungen auf der Ebene der Vereinten Nationen durchzuführen. Ich fordere den UN-Generalsekretär auf, ein Expertengremium zu berufen, dass die individuelle Verantwortung auf der Grundlage der Beweise untersucht.

Agnès Callamard ist seit 2016 Sonderberichterstatterin für außergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen im Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte. Die französische Menschenrechtsexpertin leitet außerdem seit 2013 das Projekt Global Freedom of Expression an der Columbia University in New York City.

Das Interview führte Brian Thomas für DW News.

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