UN verurteilt Hexenjagd in Papua Neuguinea
16. Juni 2014In Papua Neuguinea mehren sich Verbrechen im Zusammenhang mit Schwarzer Magie und Zauberei. Vor allem alleinstehende Frauen würden häufig als Hexen bezeichnet und ohne rechtsgültige Beweise gequält und getötet, berichten Menschenrechtsorganisationen. Sie verweisen auf den Fall der 20 Jahre alten Kepari Leniata, die im Februar 2013 im Angesicht einer Menschenmenge lebendig verbrannt wurde. Täter waren Familienangehörige eines Jungen, der kurz zuvor an seiner Krankheit verstorben war. Sie warfen der jungen Frau vor, ihn durch Zauberei getötet zu haben.
Bisher war Hexerei per Gesetz verboten. Zwar hat die Regierung Papua Neuguineas dieses Gesetz kürzlich abgeschafft. Doch dies sei nicht genug, sagt Signe Poulsen, Beraterin des #link:http://www.ohchr.org/EN/countries/AsiaRegion/Pages/PGIndex.aspx:UN-Hochkommissariats für Menschenrechte#. Sie fordert im DW-Interview die Regierung in Port Moresby auf, Hexenverfolgungen effektiver zu verfolgen und zu bestrafen.
DW: Wie weit verbreitet ist der Glauben an Zauberei In Papua Neuguinea?
Signe Poulsen: Der Glaube an Zauberei und Magie ist sehr weit verbreitet, sowohl auf dem Land als auch in den Städten. Er variiert von Gemeinde zu Gemeinde, und manchmal kommt es zu gewalttätigen Aktionen gegen Menschen, denen Zauberei oder Hexerei vorgeworfen wird. Opfer sind meist Frauen und Mädchen, aber in manchen Gegenden auch Männer.
Warum wird jemandem Hexerei vorgeworfen?
Es geschieht häufig, wenn es zum Beispiel im Dorf plötzlich jemand krank wird oder stirbt. Aber Beobachter sagen, dass auch sozialer Stress, Veränderungen, Armut, ungleiche Entwicklung und Streit um Ländereien eine Rolle spielen können.
Wie häufig werden Menschen für angebliche Hexerei getötet?
Dafür haben wir bisher keine Statistiken. Aber lokale Medienberichterstatter haben von einigen Fällen in diesem Jahr berichtet.
Wer sind die Opfer?
Die meisten, die getötet oder angegriffen werden, sind Frauen. Manchmal werden auch Familienmitglieder wie Eheleute oder Kinder mit angeklagt, wenn sie versuchen, die angebliche Hexe zu verteidigen.
Wer fällt die Todesurteile?
In manchen Fällen eskalieren die Vorwürfe offenbar so weit, dass es zum Mord kommt, ohne einen "Verurteilungs"- Prozess. Manchmal werden Zeugen gerufen um den Zauberer zu identifizieren. Es gibt auch Berichte, dass Gemeindechefs oder Familienangehörige von plötzlich Verstorbenen involviert waren. In einigen jüngeren Fällen, wie zum Beispiel bei der 20-jährigen Kepar Leniata, war eine große Menge Menschen beteiligt.
Was hat die Regierung bisher getan um?
Es gibt Anzeichen, dass Port Moresby ernsthaft daran interessiert ist, dieses Problem anzugehen. Im Mai 2013 hat die Regierung in einem ersten Schritt das Zaubereigesetz von 1971 aufgehoben, aufgrund dessen sich die Gewalt gegen angebliche Zauberer endlos fortsetzte. Die Regierung machte diese Praxis zum kriminellen Akt und stellte Schadensersatz-Zahlungen für Opfer bereit.
Außerdem führte sie die Todesstrafe für Täter ein, die eine Person wegen des Verdachts auf Hexerei umgebracht haben. Doch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hält die Todesstrafe nicht für eine effektive Maßnahme. Wir sind sicher, dass eine Verhaftung der Täter und eine gründliche Aufarbeitung in einem Gerichtsprozess der bessere Weg ist, um potentielle Täter abzuschrecken.
Auf lokaler Ebene und in der Zivilgesellschaft haben die Polizei, Anbieter öffentlicher Dienstleistungen, Richter, Beamte, Ärzte und Krankenschwestern sowie Dorfvorsteher bereits einige Male effektiv zusammengearbeitet. In der vergangenen Woche haben wir in Konsultationen mit der Regierung einen multidiziplinären Prozess angestoßen, der die Gewalt im Zusammenhang mit Hexen- und Zauberei-Vorwürfen eindämmen und die Opfer schützen soll.
Dennoch wächst die Gewalt weiter. Was fehlt noch in dem Ansatz der Regierung?
Es gibt jedoch noch eine Menge Herausforderungen. Viele Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Der Polizei fehlt es an Ausstattung und Personal, um die Angriffe auf angebliche Hexen oder Zauberer zu stoppen. Manche Leute berichten auch, dass Polizisten an der Gewalt beteiligt waren. Oft sind die Untersuchungen auch nicht einfach für die Beamten, weil Opfer und Zeugen sich fürchten, auszusagen. Es gibt kein Opfer- und Zeugenschutz-Programm in Papua Neuguinea.
Was muss getan werden, um diese Praxis zu stoppen?
Wenn ein Programm wirklich effektiv sein soll, dann muss es umfassend sein und verschiedene Ansätze haben. Diejenigen, die andere zur Gewalt gegen angebliche Hexen oder Zauberer anstacheln oder selber gewalttätig werden, dürfen nicht mehr straffrei davonkommen. Solche Vergehen müssen umgehend untersucht und die Täter in einem fairen Gerichtsverfahren verurteilt werden. Es muss ein Opfer- und Zeugenschutz-Programm geben, damit diese Maßnahmen effektiv greifen können.
Außerdem braucht Papua Neuguinea ein breit angelegtes Erziehungsprogramm zu Menschenrechten und Friedenspolitik sowie Schulungsmaßnahmen für Gemeindevorsteher und Menschen, die im Gesundheitswesen, dem Rechts- und Erziehungssystem, der Polizei und in Schulen arbeiten.
Signe Poulsen lebt in Papua Neuguinea und arbeitet als Beraterin für das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte.