Weltweit sind rund 71 Millionen Menschen auf der Flucht und damit so viele wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Angesichts der Krise wollen die Vereinten Nationen mehr Unterstützung mobilisieren.
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Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat auf dem ersten Globalen Flüchtlingsforum der Vereinten Nationen mehr internationale Solidarität mit armen Aufnahmeländern und den Opfern gefordert. Finanzschwache Staaten beherbergten die meisten Flüchtlinge und müssten die schwerste Last tragen, sagte Maas in Genf.
Auf dem zweitägigen Forum mit 3.000 Teilnehmern wollen die UN zusätzliche Unterstützung mobilisieren. Die Staaten sollten "mutige und konkrete" Zusagen machen, um das Los der geflohenen Menschen zu verbessern, verlangte auch UN-Generalsekretär António Guterres.
Neun der zehn größten Aufnahmeländer für Flüchtlinge sind laut Außenminister Maas Länder mit niedriger und mittlerer Wirtschaftsleistung wie Uganda oder Pakistan. Das einzige Industrieland in dieser Gruppe sei Deutschland. Gerade einmal ein Fünftel der 193 UN-Staaten beteilige sich in nennenswerter Weise an der Versorgung der Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind.
Umsiedlungsplätze sollen helfen
Maas sagte, dass Deutschland mehr Flüchtlinge langfristig im Zuge sogenannter Umsiedlungen aufnehmen wolle. Deutschland werde die dafür vorgesehenen "Plätze nächstes Jahr auf 5.500 erhöhen. Ein Trend, den wir auch künftig halten wollen", erklärte der Minister. Laut UN bieten nur wenige Länder Umsiedlungsplätze an. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, sprach von einer "kleinen Lösung" für das Flüchtlingsproblem, die aber eine wichtige Signalwirkung habe.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte klar, dass sein Land 3,7 Millionen Flüchtlinge aufgenommen habe. Das sei mehr als jedes andere Land. In Richtung EU verlangte Erdogan mehr finanzielle Hilfen. Die Europäer hätten Gelder zugesagt, aber sie würden ihre Versprechen nicht voll einhalten.
UN-Generalsekretär Guterres rief auf dem Forum dazu auf, Flüchtlinge besser in die Gesellschaften der Gastländer zu integrieren. Ihnen müsse erlaubt werden, zu arbeiten und sich am sozialen Leben zu beteiligen. Letztlich müsse Flüchtlingen geholfen werden, in ihre Heimatländer zurückzukehren, sofern die Lage dort es erlaube. Er ergänzte, das Asylrecht werde inzwischen häufig ausgehebelt und
Flüchtlingen würden die Türen zugeschlagen. Da sei es umso wichtiger, die Menschenrechte zu bekräftigen, so der UN-Generalsekretär.
Mehr als 70 Millionen sind auf der Flucht
Insgesamt sind nach Angaben der UN weltweit rund 71 Millionen Menschen auf der Flucht - seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gab es noch nie so viele Flüchtlinge. Angesichts der globalen Flüchtlingskrise hatten mehr als 170 UN-Staaten vor einem Jahr den Globalen Flüchtlingspakt beschlossen. Wesentlicher Bestandteil ist das Flüchtlingsforum, das regelmäßig zusammentritt.
Auf der Flucht
68 Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht. Jeder Kontinent hat mit Migration zu tun. Diese Menschen stehen exemplarisch für das Gefälle zwischen den Gesellschaften. Ein trostloser Bilderreigen.
Bild: Imago/ZUMA Press/G. So
Flucht mit dem LKW
Die jüngste Migrationsbewegung hat ihren Ursprung in Mittelamerika. Gewalt und Hunger lassen die Menschen aus Honduras, Nicaragua, El Salvador und Guatemala fliehen. Das Ziel: Die Vereinigten Staaten von Amerika. Doch dort macht Präsident Trump mobil gegen die unerwünschten Zuwanderer. Die meisten Flüchtlinge bleiben an der mexikanisch-amerikanischen Grenze hängen.
Bild: Reuters/C. Garcia Rawlins
Die outgesourcten Flüchtlinge
Australiens konservative Regierung will keine Flüchtlinge im Land haben. Diejenigen, die es tatsächlich bis auf den fünften Kontinent schaffen, werden rigoros abgeschoben. Australien hat mit mehreren Pazifikstaaten, darunter zum Beispiel Papua-Neuguinea und Nauru Abkommen geschlossen, dass die Flüchtlinge dort in Lagern untergebracht werden. Die Zustände beschreiben Beobachter als katastrophal.
Bild: picture alliance/AP Photo/Hass Hassaballa
Die vergessenen Flüchtlinge
80 Jahre ist Hussein Abo Shanan alt. Er lebt seit Jahrzehnten als palästinensischer Flüchtling in Jordanien. Knapp zehn Millionen Einwohner hat das Königreich. Darunter sind 2,3 Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge. Sie leben teilweise schon seit 1948 im Land - nach dem Ende des arabisch-israelischen Kriegs. Dazu kommen aktuell noch rund 500.000 syrische Migranten.
Bild: Getty Images/AFP/A. Abdo
Geduldet beim Nachbarn
Für viele Venezolaner ist Kolumbien die letzte Chance. Hier leben sie in Lagern wie "El Camino" vor den Toren der Hauptstadt Bogota. Die Politik von Präsident Nicolás Maduro hat dazu geführt, dass Venezuela seine Bürger nicht mehr versorgen kann. Lebensmittel und Medikamente sind Mangelware. Die Perspektiven für eine Rückkehr sind schlecht.
Bild: DW/F. Abondano
Flucht durch die Kälte
Immer wieder versuchen flüchtende Menschen, wie hier diese Männer, die Grenzen von Bosnien-Herzegowina nach Kroatien zu überwinden. Kroatien als Mitglied der Europäischen Union ist das Ziel der Migranten. Gerade jetzt im Winter auf dem Balkan ist diese Route gefährlich. Schnee, Eis und Stürme erschweren die Wanderung.
Bild: picture-alliance/A. Emric
Endstation Bangladesch?
Regenzeit im Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesch. Die aus Myanmar geflohenen Rohingya-Frauen schützen sich mit dem Schirm vor den Regengüssen. Mehr als eine Million muslimische Rohingya flohen vor den Truppen Myanmars in den Nachbarstaat. Bangladesch, eines der ärmsten Länder der Welt, ist mit der Situation überfordert. Kutupalong ist derzeit das größte Flüchtlingslager der Welt.
Bild: Jibon Ahmed
Leben ohne Ausweg
Viele Bodenschätze, fruchtbare Böden: Die Zentralafrikanische Republik hätte eigentlich alles, um eine stabile Gesellschaft zu bilden. Doch der Krieg im eigenen Land und Konflikte in den Nachbarstaaten, korrupte Regierungen und umsichgreifender Islamismus heizen die Gewalt in der Region an. So kommt es dann, dass zahlreiche Menschen, wie hier in der Hauptstadt Bangui, in Notunterkünften leben.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Blackwell
Ankunft in Spanien
In rote Decken gehüllte Flüchtlinge werden nach ihrer Ankunft im Hafen von Malaga vom Roten Kreuz betreut. Die 246 Migranten waren vom Rettungsschiff "Guadamar Polimnia" gerettet worden. Immer mehr Afrikaner meiden mittlerweile Libyen und nehmen stattdessen die westliche Mittelmeerroute von Algerien oder Marokko aus.
Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/J. Merida
Sudanesische Flüchtlinge in Uganda
Lange war Uganda selbst ein vom Bürgerkrieg zerrissenes Land. Inzwischen hat sich die Situation im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten stabilisiert. Für diese Flüchtlinge aus dem Südsudan bedeutet die Ankunft in Kuluba erst einmal Sicherheit. Hunderttausende Südsudanesen haben inzwischen Zuflucht in Uganda gefunden.
Bild: Imago/ZUMA Press/G. So
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Nach Angaben des UNHCR haben folgende Länder nach der Türkei die meisten Flüchtlinge aufgenommen: Pakistan mit 1,4 Millionen Menschen, Uganda mit 1,2 Millionen Kindern, Frauen und Männer sowie Deutschland und der Sudan, die jeweils 1,1 Millionen Flüchtlinge beherbergten.
Gastgeber des ersten Forums ist das Flüchtlingshilfswerk UNHCR zusammen mit der Schweiz. An der Organisation beteiligten sich Deutschland, Costa Rica, Äthiopien, Pakistan und die Türkei. Hochkommissar Grandi erklärte, er könne schon an diesem Mittwoch erste Ergebnisse bekanntgeben.