1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Unbehagen über dauerhaften US-Einfluss

Ratbil Shamel21. Mai 2012

Das Partnerschaftsabkommen zwischen den USA und Afghanistan lässt viele Details ungeklärt. Doch die Nachbarn befürchten, dass es auf eine dauerhafte militärische Präsenz der Amerikaner am Hindukusch hindeutet.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta in US-Stützpunkt in Afghanistan (Foto: dapd)
Bild: dapd

Trotz des beschlossenen Abzugs aller ausländischen Truppen aus Afghanistan bis Ende 2014 ist ein Ende der amerikanischen Mission dort zurzeit nicht in Sicht. Die USA wollen weiterhin die schwache afghanische Regierung unterstützen - zur Not auch militärisch. In einem vor kurzem geschlossenen Abkommen beider Seiten wurde eine umfassende Zusammenarbeit zwischen Kabul und Washington bis 2024 beschlossen. Das Abkommen enthält allerdings wenig konkrete Details, auch was einen eventuellen militärischen Beistand betrifft.

Iran protestierte als erster Staat offen gegen diese Vereinbarung. Teheran habe große Angst davor, von US-Militärbasen eingekreist zu werden, erklärt die Iran-Expertin Farzaneh Rostayi. "Iran musste bislang mit der militärischen Präsenz der USA in seiner unmittelbaren Nähe wie zum Beispiel in Katar, Bahrain, Irak oder der Türkei leben. Nun kommt Afghanistan hinzu. Vor diesem Hintergrund sieht sich Iran vom US-Militär komplett eingekreist. Ein Zustand, den Iran als eine große Bedrohung wahrnimmt.

Ramin Mehmanparast, Sprecher des Außenministeriums im Iran, kritisierte den Pakt zwischen USA und AfghanistanBild: Isna

Pakistans Hoffnungen zerstoben

Allerdings enthält das Abkommen den Passus, dass die USA keine "permanenten" Militärstützpunkte in Afghanistan errichten werden. Offiziell gibt es keine Zahlen, wie viele US-Soldaten in Afghanistan über 2014 hinaus stationiert bleiben sollen. Experten sprechen von 10.000 bis 20.000 Soldaten und Ausbildern. Eine Zahl, die nicht nur den Strategen in Teheran Sorgen bereitet.

Auch die pakistanische Regierung, offiziell ein enger Partner der USA im Kampf gegen den Terrorismus, sieht die eigenen Interessen in Afghanistan und der Region durch eine dauerhafte Präsenz der USA in Gefahr. Die strategische Partnerschaft zwischen Washington und Kabul wertet Afghanistan in der Region eindeutig auf. Pakistan sehe seine Rolle als wichtigster Partner der USA in Süd- und Zentralasien gefährdet, sagt der pakistanische Politikwissenschaftler Fazal Rahim Marwat. "Pakistan befürchtet, dass ein vom Westen unterstütztes Afghanistan eine Achse mit Islamabads Erzfeind Indien bilden könnte. Ein Alptraum der pakistanischen Außenpolitik. Hier sprechen die Pakistanis von einem Sandwich-Zustand. Das heißt: gefangen zwischen Kabul und Delhi.

Taliban-Führer Mullah Omar soll in Pakistan Unterschlupf gefunden haben.Bild: AP

Pakistan bevorzuge eine von den Taliban geführte Regierung in Afghanistan. Islamabad pflegte in der Vergangenheit beste Kontakte zu den selbsternannten Gotteskriegern. Bis heute soll sich Talibanführer Mullah Omar in Pakistan aufhalten. Islamabad habe gehofft, dass die USA nach 2014 Afghanistan endgültig verlassen würden, sagt Marwat. Eine Hoffnung, die durch das amerikanisch-afghanische Abkommen zerstört worden sei.

Chinaund Russland misstrauisch

Doch es sind nicht nur einige pakistanische Politiker, die sich ein weniger westlich orientiertes Afghanistan wünschen. Auch China setze auf die Taliban-Karte, sagt der China-Experte Gu Xuewu von der Universität Bonn. Doch anders als Islamabad wäre Peking eine Koalition zwischen den sogenannten gemäßigten Taliban und der jetzigen Regierung von Präsident Hamid Karsai am liebsten: "Diese Konstellation ist für die Chinesen deshalb interessant, weil dadurch eine überproportionale westliche Präsenz relativiert oder gar zurückgedrängt werden könnte.

China wünsche sich in seinem rohstoffreichen Nachbarland eine stabile Regierung, die weder zu westlich noch zu fundamentalistisch sei. Peking brauche die USA in Afghanistan für den Kampf gegen die Terrororganisation Al Kaida und andere extremistisch-islamistische Gruppen. Dadurch soll ein Überschwappen von fundamentalistischem Gedankengut in die Unruhegebiete in den muslimischen Regionen im Westen Chinas verhindert werden. Andererseits lehne die neue Weltmacht China eine einseitige Bindung Afghanistans an die USA ab.

Delegation eines staatlichen chinesischen Bergbaukonzerns bei afghanischer KupfermineBild: AP

Eine ähnliche Strategie verfolge auch Moskau, erklärt der Russland-Experte Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler an der Universität Innsbruck. Russland habe Angst vor einem Erstarken der Fundamentalisten in Afghanistan und Zentralasien. Dennoch blicke Moskau mit Sorge auf eine künftige militärische Präsenz der USA am Hindukusch: "Das heißt, Russland drängt auf Aufklärung: Welche Aufgaben werden die verbleibenden Truppen der USA in der Region haben? Wie werden die Aufgaben dieser Truppen mit Russland abgestimmt?"

Zudem stelle Moskau sich die Frage, welche Pläne die USA in Zentralasien, also in der unmittelbaren Nachbarschaft Afghanistans und im Hinterhof Russlands hegen. Russland würde gern, wie im letzten Jahrhundert, die rohstoffreiche Region Zentralasien unter seiner Kontrolle behalten. Mit anderen Worten: Die USA sind als stabilisierender Faktor in Afghanistan willkommen, doch kaum ein Land in der Region wünscht sich eine starke und dauerhafte US-Präsenz.

Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen