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Politik

Und das Brexit-Chaos geht weiter

20. Oktober 2019

Der britische Staatsminister und Brexit-Beauftragte Michael Gove beharrt auf dem Austrittstermin Ende des Monats. Notfalls gehe Großbritannien auch ohne Vertrag aus der EU, drohte er in einem TV-Interview.

UK Michael Gove
Staatsminister Michael Gove: Mit Hilfe von "Operation Yellowhammer" vorbereiten Bild: AFP/T. Akmen

Staatsminister Gove sagte in einem Interview mit dem Sender Sky News, dass durch das Vertagen der Entscheidung über den Brexit-Vertrag im Parlament das Risiko für einen ungeregelten Austritt gestiegen sei. Noch an diesem Sonntag sei daher ein Treffen von Teilen des Kabinetts geplant, um sich auf den Notfall mit Hilfe der "Operation Yellowhammer" intensiver vorzubereiten.

Das "Yellowhammer"-Dokument enthält Prognosen darüber, was bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen passieren dürfte. Experten warnen darin etwa vor Protesten und Störungen der öffentlichen Ordnung, sehr langen Wartezeiten am Ärmelkanal für Lastwagen und Engpässen bei Lebensmitteln und Arzneimitteln.

Brüssel erhält Briefe 

Das britische Parlament hatte am Samstag nicht wie von Premierminister Boris Johnson gewünscht seinen mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag gebilligt. Stattdessen wurde ein Antrag beschlossen, wonach zunächst das Abkommen in Gesetze umgesetzt werden solle, um das Vertragswerk so verlässlich einschätzen zu können.

Die Entwicklung stellt das Ausstiegsdatum 31. Oktober infrage. Die britische Regierung bat nach der Abstimmungs-Verschiebung - wie laut britischem Gesetz vorgeschrieben - die EU um einen weiteren Aufschub des Brexit. Johnson selbst schrieb aber parallel einen zweiten Brief an die EU, indem er sich gegen eine weitere Verzögerung aussprach.

Auf nordirische DUP zugehen 

Außenminister Dominic Raab zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierungspartei ausreichende Unterstützung für den Austrittsvertrag im Parlament habe. Die Tories würden auch noch einmal auf die nordirische DUP zugehen und weitere Zusagen prüfen. Die eigentlich mit den regierenden Konservativen verbündete DUP lehnt wegen der Regelungen für Nordirland den Vertrag ab.

Außenminister Dominic Raab zeigt sich zuversichtlich Bild: picture-alliance/empics/V. Jones

Auch der Abgeordnete Oliver Letwin, der den Verschiebungs-Antrag eingebracht hatte, sicherte erneut dem Vertragswerk an sich seine Unterstützung zu. Wenn die Regierung die Gesetzgebung dazu vorantreibe, werde er nächste Woche mit der Regierung stimmen, sagte er der BBC.

Opposition fordert zweite Volksabstimmung 

Bei der Opposition stieß Johnsons Verhalten auf starke Kritik. "Er benimmt sich ein bisschen wie ein verzogener Rotzbengel", sagte Schattenkanzler John McDonnell von der Labour-Partei. Johnson dürfe weder das Parlament noch die Gerichte missachten. Die Labour-Partei dringt auf Neuwahlen. Es müsse zudem eine zweite Volksabstimmung zum Brexit geben. Die frühere Tory-Abgeordnete Anna Soubry, die eine Gruppe proeuropäischer ehemaliger Tory- und Labourabgeordneter anführt, verglich den Premier mit einem "aufsässigen Kind".

Die EU-Botschafter kamen wie geplant zusammen und stießen formal das Ratifizierungsverfahren auf EU-Seite an. Denn nicht nur das britische Parlament muss den Vertrag annehmen, sondern auch das EU-Parlament. Auf EU-Seite wird ein geregelter Brexit übernächste Woche nicht ausgeschlossen. Doch will EU-Ratschef Donald Tusk in den nächsten Tagen auch ausloten, ob die 27 bleibenden EU-Staaten nochmals Aufschub gewähren. Dies gilt als wahrscheinlich, auch wenn der französische Präsident Emmanuel Macron und andere dafür zuletzt eine gute Begründung gefordert hatten. 

Altmaier: Noch gute Lösung möglich 

Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung, er wolle den Briten in der Brexit-Frage noch einmal mehr Zeit einräumen. "Wenn eine Verlängerung um ein paar Wochen nötig ist, hätte ich damit kein Problem". Auch nach der Verschiebung der Abstimmung über das Abkommen mit der EU im Unterhaus sei noch eine gute Lösung möglich, wenn Premierminister Johnson auf das Parlament zugehe. Weiterer interner Machtpoker werde aber Arbeitsplätze und Wohlstand gefährden. 

sth/qu (dpa, rtr) 

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