Und jetzt, Deutschland?
24. Juni 2004Bereits unmittelbar nach dem Spiel gegen Tschechien merkte man Rudi Völler die Unsicherheit an. Er betonte zwar, dass er davon ausgehe, seinen bis 2006 laufenden Vertrag zu erfüllen, unterstrich aber gleichzeitig, dass er nicht an seinem Stuhl klebe. Nicht einmal einen Tag später vollzog er dann den Rückzug, weil er sich selbst im Prinzip als gescheitert betrachtet und die Nationalelf nicht belasten will.
Nach dem EM-Debakel des Jahres 2000 in Belgien und den Niederlanden, bei dem die deutsche Elf ebenfalls in der Vorrunde scheiterte, hatte der DFB Rudi Völler auf Knien anflehen müssen, die Nachfolge des glücklosen Erich Ribbeck anzutreten. Seine Zusage wurde geradezu als Rettung des deutschen Fußballs gefeiert.
Keine Impulse
Vier Jahre später fällt das Fazit nüchterner aus. Ja, unter Rudi Völler wurde die deutsche Fußball-Nationalmannschaft 2002 in Japan und Südkorea WM-Zweiter - doch unter welchen Umständen? Die starken Gegner gingen der deutschen Mannschaft mehr oder weniger freiwillig aus dem Weg, spielerisch hatte das Team nicht viel zu bieten und als im Finale mit den Brasilianern der erste richtig starke Gegner wartete, war die deutsche Elf chancenlos.
Und danach wurde es eher schlechter als besser. Ohne zu überzeugen qualifizierte sich die deutsche Mannschaft für die EM in Portugal, während die spielerischen Defizite immer deutlicher wurden. Kein Spiel gegen eine der Top-Mannschaften der Welt wurde gewonnen. Rudi Völler konnte der Mannschaft offensichtlich keine spielerischen Impulse geben, der Einsatz junger, unverbrauchter Spieler im EM-Jahr kam viel zu spät. Völler hat seine Position immer wieder mit dem Erfolg verbunden, so gesehen ist sein Rücktritt verständlich und irgendwo auch logisch.
Es fehlen die passenden Spieler
Doch wer glaubt, damit sei die Nationalmannschaft bereits auf dem Weg zur Besserung, der liegt falsch. Auch der Nachfolger von Rudi Völler, ob er nun Otmar Hitzfeld heißen wird oder anders, wird nicht in der Lage sein, plötzlich wieder eine deutsche Nationalmannschaft präsentieren zu können, die tatsächlich, wie immer wieder vollmundig betont, zu den besten der Welt gehört.
Dazu fehlen nämlich schlicht und einfach die passenden Spieler. Auch wenn gerade die jungen Spieler wie Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger oder Lukas Podolski Hoffnung auf die fernere Zukunft machen, darf man nicht übersehen, dass wir in Deutschland derzeit einfach keinen Mittelfeldregisseur à la Günther Netzer oder Wolfgang Overath haben, keinen Torjäger à la Gerd Müller oder Rudi Völler und auch keine wirklich sattelfeste Abwehr auf die man sich bedingungslos verlassen kann. Beim Blick in die Vereine findet man da leider meist nur ausländische Stars.
Bei der WM 2006 in Deutschland ist die Nationalelf automatisch dabei. Damit fallen Qualifikationsspiele aus, in den nächsten beiden Jahren stehen nur Freundschaftsspiele auf dem Programm. Das kann ein Vorteil sein, weil der Völler-Nachfolger experimentieren kann, das kann aber auch ein Nachteil sein, weil der Druck fehlt. Keine leichte Aufgabe für den neuen Teamchef.