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Film

"Underground Railroad": Vom Buch zur Serie

Elizabeth Grenier
14. Mai 2021

"Moonlight"-Regisseur Barry Jenkins macht aus dem preisgekrönten Roman von Colson Whitehead eine starke TV-Serie. Im Mittelpunkt steht das Thema Sklaverei.

The Underground Railroad
Im Roman und in der Serie gibt es einen Underground Railroad-ZugBild: Amazon Prime Video

Im 19. Jahrhundert gab es in den USA ein Netzwerk aus geheimen Routen und sicheren Häusern, das Sklaven half, in befreite Staaten oder nach Kanada zu fliehen. Es nannte sich: "Underground Railroad". Es war perfekt organisiert: Die Fluchthelferinnen und Fluchthelfer der Sklaven hießen "Conductors," Verstecke wie Privatwohnungen, Kirchen und Schulen "Stations" oder "Terminals", und die Helferinnen und Helfer vor Ort wurden "Stationmasters" genannt.

In seinem Roman "The Underground Railroad" (2016) macht Colson Whitehead aus dem Geheimnetzwerk einen Zug, der durch unterirdische Tunnel rast. Der Roman gewann 2017 den Pulitzer-Preis für Belletristik. Er wurde gelobt für seine "intelligente Verschmelzung von Realismus und Allegorie, in der die Gewalt der Sklaverei mit dem Drama der Flucht zu einem Mythos wird".

Oscar-Preisträger Barry Jenkins hatte schon bei der Lektüre den Plan, Whiteheads Buch zu verfilmen - allerdings nicht als Spielfilm, sondern als TV-Serie, um der komplexen Story mehr Raum zu geben. Seit dem 14. Mai sind alle 10 Folgen der Mini-Serie bei Amazon Prime verfügbar.

Thuso Mbedu (rechts) spielt die Rolle der Sklavin Cora Bild: Amazon Prime Video

Magischer Realismus

Als Kind stellte sich Jenkins das historische Fluchtsystem Underground Railroad tatsächlich auch ähnlich wie in Whiteheads Buch vor. Als ihm klar wurde, dass es dieses unterirdische Eisenbahnsystem nie gegeben hat, sondern dass es nur eine Metapher war, hat ihn das hart getroffen. 

Sowohl in der Romanvorlage als auch in der Serie gibt es zwar einen unterirdischen Zug, dennoch ist die Flucht aus der Hölle einer Baumwollplantage in Georgia keine Spazierfahrt in die Freiheit. Die Protagonisten Cora (Thuso Mbedu) und ihr Freund Caesar (Aaron Pierre) merken schnell, dass ihnen auch in Staaten mit scheinbar fortschrittlicher Sklavenpolitik Gefahr droht. Ihnen auf den Fersen sind der Sklavenfänger Ridgeway (Joel Edgerton) und sein Gehilfe, ein zehnjähriger schwarzer Junge namens Homer (Chase W. Dillon). Ridgeway ist besessen davon, Cora zu fangen, denn ihre Mutter war die einzige Sklavin, die ihm entkommen konnte.

Sklavendramen, die anrühren

Das Schicksal von Cora, ihr Schmerz, dass ihre Mutter ohne sie geflüchtet ist, was sie wiederum motiviert zu fliehen - das alles rührte Barry Jenkins emotional an.

Barry Jenkins bei der Oscarverleihung 2017 Bild: Reuter/M. Blake

"Mir ging es mit meiner Mutter genauso", sagte der Filmemacher dem öffentlich-rechtlichen Sender NPR, "denn die ersten 25 Jahre meines Lebens habe ich nicht verstanden, warum sie sich nicht um mich gekümmert hat; ich habe nicht verstanden, warum wir uns fremd waren". Jenkins Mutter war cracksüchtig, er wuchs in der Obhut einer anderen Frau auf, erklärte er in mehreren Interviews - wie die Hauptfigur in seinem Oscarprämierten Film "Moonlight".

Herausragend: Autor und Regisseur

Colson Whitehead ist der vierte Schriftsteller in der langen Geschichte des Pulitzer-Preises, der die begehrte Auszeichnung für Belletristik gleich zweimal erhalten hat: 2017 für "Underground Railroad" und drei Jahre später erneut für "Die Nickel Boys".

Und auch Jenkins hat eine glänzende Karriere hingelegt. Er wurde nach seinem Oscar-Erfolg plötzlich zu einem der gefragtesten Regisseure in Hollywood. Nach "Moonlight" folgte die Adaption von James Baldwins "Beale Street", ebenfalls von der Kritik hochgelobt; Jenkins ist ebenfalls für die Regie von Disneys "König der Löwen 2" engagiert.

Jenkins und Whitehead waren bereits über die Buchadaption im Gespräch bevor, beide 2017 auf der "Time Magazine"-Liste der 100 einflussreichsten Menschen landeten. Schon lange vor seinem Spielfilmdebüt 2008 mit "Medicine for Melancholy" interessierte sich Jenkins für Whiteheads erstes Buch "Die Fahrstuhlinspektorin" (1999) - damals fehlte ihm allerdings das Geld für die Adaptionsrechte.

Pulitzer-Presiträger Colson WhiteheadBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Die Option auf die Rechte für "Underground Railroad" erwarb er dann noch bevor "Moonlight" anlief.

Narrativ der Erlösung

Jenkins geht mit "Underground Railroad" einen Schritt weiter als bisherige filmische Darstellungen der Sklaverei, von der TV-Adaption von Alex Haleys "Roots" (1977) bis Steve McQueens "12 Years a Slave" (2013).

Die neue Serie "The Underground Railroad" stellt die brutale Realität der Sklaverei im 19. Jahrhundert zwar genauso realistisch wie Filme wie "Roots" oder "12 Years a Slave" dar, aber die fantastischen Elemente geben dem Zuschauer das Gefühl, dass schwarze Autoren das schmerzhafte Narrativ nun endgültig in die Hand nehmen.

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