Moderner Tanz in Deutschland ist immaterielles Kulturerbe
30. November 2022Der in Deutschland geprägte Moderne Tanz, die Kultur des französischen Baguettes und die Herstellung von kubanischem Melasse-Rum haben es auf die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes geschafft. Bei dem genannten Modernen Tanz handele es sich um eine "kreative Ausdrucksform, die den Tanz von Grund auf verändert hat und heute Bühnen wie Tanzausbildung gleichermaßen prägt", erklärte die deutsche UNESCO-Kommission in Bonn. "Die generationenübergreifende, internationale und inklusive Praxis des expressiven Tanzes ist eine sehr wichtige Kunstform, die für ein modernes, avantgardistisches und weltoffenes Deutschland steht", sagte dazu die deutsche Kultur-Staatsministerin Claudia Roth.
Der UNESCO-Ausschuss zum Immateriellen Kulturerbe tagt seit Montag und noch bis Samstag in Marokkos Hauptstadt Rabat. Einziger deutscher Kandidat war in diesem Jahr die Praxis des Modernen Tanzes in Deutschland. "Die Anerkennung durch die UNESCO wird die Sichtbarkeit und Strahlkraft des Modernen Tanzes in Deutschland und weltweit erhöhen", erklärte der deutsche UNESCO-Botschafter Peter Reuss.
Beim Modernen Tanz stehen den Angaben zufolge nicht starre Formen und standardisierte Stile im Mittelpunkt, sondern der kreative Ausdruck mithilfe des eigenen Körpers. Er umfasst die zu Anfang des 20. Jahrhunderts entstandenen Vermittlungsformen und Ausbildungstraditionen der Rhythmus- und Ausdruckstanzbewegung. In der Zeit der Weimarer Republik entwickelten demnach Persönlichkeiten wie Rosalia Chladek, Rudolf von Laban, Gret Palucca oder Mary Wigman verschiedene ästhetische Stile und Vermittlungsansätze, die bis heute praktiziert werden. Ihr Einfluss sei heute sogar "in Jugendhäusern, Nachbarschaftszentren und an Schulen" sichtbar.
Anerkennung für Wahrzeichen Frankreichs und Kubas
Zuvor hatte der zuständige Ausschuss der Weltkulturorganisation, der sich aus 24 Vertragsstaaten zusammensetzt, in Rabat bereits Kultur und Handwerk des französischen Baguettes zum immateriellen Welterbe erklärt. Das Stangenbrot mit der knusprigen Kruste und dem luftigen Inneren ist ein Sinnbild Frankreichs. Die rund 67 Millionen Einwohner Frankreichs essen pro Jahr mehr als sechs Milliarden Baguettes. Die französische Kulturministerin Rima Abdul Malak erklärte, die Aufnahme auf die Liste der UNESCO sei eine schöne "Anerkennung für unsere Handwerker und die verbindenden Orte, die unsere Bäckereien sind". Staatschef Emmanuel Macron hatte das Baguette als "250 Gramm Magie und Perfektion" beschrieben, als er sich vergangenes Jahr hinter die Bewerbung gestellt hatte.
Offizielles Weltkulturerbe ist nun auch das Handwerk zur Herstellung von Melasse-Rum in Kuba. Dieser milde Rum mit einem Alkoholgehalt von 40 Prozent wird anders als andere Rumsorten nicht aus Zuckerrohrsaft, sondern aus Zuckerrohr-Melasse, also Sirup, gemacht. Rum sei "nicht nur eine Spirituose, sondern auch ein wichtiger Teil unseres kulturellen Ausdrucks", sagte Rum-Meister Asbel Morales der Nachrichtenagentur AFP.
Gelebte Traditionen erhalten
Zu den diesjährigen Kandidaten für die UNESCO-Liste zählen auch die chinesische Teezeremonie, die Kultur der bestickten Blusen in Moldau oder die Kunst des Glockenläutens in Spanien. Beim immateriellen Kulturerbe geht es immer um das Brauchtum oder das Handwerk, also nicht direkt um das Baguette oder die bestickte Bluse. Formen und Träger des Immateriellen Kulturerbes sollen beispielhaft für Kreativität, Innovationsgeist und Wissen der Gesellschaft stehen. Ziel der Liste ist es, gelebte Traditionen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die Liste des immateriellen Kulturerbes enthält bereits mehr als 500 Einträge aus Bereichen wie Tanz, Theater, Musik und Handwerk. Sie ergänzt seit 2008 die Welterbe-Liste der UNESCO für Kultur- und Naturstätten.
kle/rb (afp, kna, dpa)