Die Wikingerstätten Haithabu und Danewerk in Norddeutschland gehören ab sofort zum Welterbe der Menschheit! Das hat das UNESCO-Welterbekomitee auf seiner Jahrestagung in Bahrain beschlossen.
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Die "wilden Horden aus dem Norden" versetzten vor eintausend Jahren ganz Europa in Angst und Schrecken. Nun konnten die Wikinger für Deutschland den 43. UNESCO-Welterbe-Titel erringen, ganz ohne Axt und Schwert!
Haithabu - das Fenster zur Wikingerzeit
1897 wurde im Norden Deutschlands, in Schleswig die alte Wikingerstadt Haithabu entdeckt. 1900 begannen die Ausgrabungen, die bis heute andauern. Zutage tritt immer mehr die Bedeutung dieses Ortes: Vor mehr als eintausend Jahren war Haithabu das wichtigste Fernhandelszentrum in Nordeuropa.
Hier liefen nicht nur alle wichtigen Routen zusammen, es trafen sich auch Menschen unterschiedlichster Herkunft: Friesen, Dänen, Sachsen, Slawen, ja selbst Händler aus dem fernen Byzanz.
Die Horden aus dem Norden
Vom 9. bis 11. Jahrhundert wurden die Dänen, Schweden und Norweger vom Rest Europas allgemein als "Wikinger" bezeichnet. Womöglich stammt der Name vom altnordischen Verb "vikingr" ab, er bedeutet soviel wie "Rauben" oder "Plündern". Und genau das taten die Wikinger.
Sie waren kein einheitliches Volk, sondern gehörten verschiedenen Stämmen in Skandinavien und Nordeuropa an. Sie schlossen sich in losen Gefolgschaften zusammen, um in Mittel- und Südeuropa schnelle Beute zu machen und neue Siedlungsräume zu erschließen.
Blitzartig tauchten sie mit ihren wendigen Schiffen an Küsten und Ufern auf. Bis an die Zähne bewaffnet eroberten sie Dörfer, plünderten Klöster und brannten nieder, was sie nicht mitnehmen konnten. "Wikinger", diesen Namen gaben ihnen die überfallenen Menschen, sie empfanden die nordischen Krieger als schreckliche Heimsuchung.
Auf den Spuren der Wikinger in Europa
Die Wikinger waren Eroberer und Entdecker, Händler und Handwerker. Sie waren berühmt und gefürchtet zugleich. Sie kamen aus Norwegen, Schweden und Dänemark und haben in vielen Orten Europas ihre Spuren hinterlassen.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Pfeiffer
Jelling, Dänemark
In Dänemark, einem der drei Stammländer der Wikinger, ist ihr Erbe reichlich vertreten. Die Runensteine von Jelling gehören zum UNESCO-Welterbe. Auf ihnen wird Dänemark zum ersten Mal erwähnt, deshalb gelten sie als Geburtsurkunde des Landes. Die Wikinger hatten ihr eigenes Alphabet, das auf der germanischen Runenschrift basierte.
Bild: picture-alliance/Dumont/G. Haenel
Trelleborg, Schweden
Vor 30 Jahren entdecken Archäologen in der südschwedischen Stadt Trelleborg die Spuren einer gewaltigen Rundburg der Wikinger: 125 Meter Durchmesser, durchkreuzt von vier Straßen, umgeben von hohen Palisadenwand. Die kreisrunde Verteidigungsanlage wurde um 980 im Auftrag des Wikingers Sven Gabelbart, Sohn von Harald Blauzahn, erbaut.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Hollweg
Stockholm, Schweden
2017 wurde das Wikingermuseum Vikingaliv in Stockholm eröffnet. Es räumt unter anderem mit dem Mythos auf, dass Wikinger Helme mit seitlichen Hörnern getragen hätten. Tatsächlich waren ihre Helme waren kegelförmig, aus hartem Leder mit Holz- und Metallverstärkungen oder aus Eisen mit Maske und Kettenpanzer. Hörner hätten beim Kampf nur gestört.
Bild: picture-alliance/IBL Schweden/K. Törnblom
Oslo, Norwegen
Die Wikinger waren echte Schifffahrt-Experten. Ihre Langschiffe waren schmal, leicht, schnell und flach. So konnten sie direkt am Strand anlegen, was bei einem Überfall sehr praktisch war. Im Wikingerschiffmuseum in Oslo sind sehr gut erhaltene Exemplare zu sehen. Die Schiffe stammen aus dem 9. Jahrhundert und wurden in drei großen Häuptlingsgräbern gefunden.
Bild: picture-alliance/akg/Bildarchiv Steffens
London, Großbritannien
Mit dem blutigen Überfall auf das Kloster Lindisfarne im Jahr 793 begann die Epoche der Wikinger in England. Sie endete mit 1066 mit der Schlacht von Stamford Bridge und wenige Wochen später mit der Schlacht von Hastings. Im Besitz des British Museum in London ist einer der kostbarsten Wikinger-Schätze, die auf englischen Boden gefunden wurden. Dazu gehört diese meisterlich gearbeitete Schale.
Bild: picture-alliance/United Archives
Reykjavik, Island
Bis nach Island segelten die Wikinger und besiedelten die Insel zwischen 870 und 930. Der norwegische Wikinger Ingólfur Arnarson baute seinen Hof im Südwesten der Insel, die Gegend nannte er wie die heutige isländische Hauptstadt: Reykjavik (Rauchbucht). In Reykjavík steht heute eine Bronzestatue Ingólfurs, eine weitere steht am Dalsfjord in Norwegen, an dem Ort von dem Ingólfur aufbrach.
Auch Irland wurde Teil des großen Handelsnetzes der Wikinger. Sie gründeten die ersten Städte auf der grünen Insel, darunter Limerick, Cork, Waterford und die Hauptstadt Dublin. Die Schlacht von Clontarf, heute ein Vorort von Dublin, beendete im Jahr 1014 die Wikingerzeit in Irland. Aber die Touristenbusse in Form von Wikingerschiffen erinnern noch an die rauen Vorfahren.
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online
Rügen, Deutschland
Ein 13-jähriger Hobbyforscher entdeckte im April 2018 mitten auf einem Acker einen Silberschatz aus der Zeit des Wikingers und Dänenkönigs Harald Blauzahn. Blauzahn machte die Wikinger zu Christen. Davor beteten sie die nordischen Göttern wie Odin und Thor an. Wer tapfer im Kampf starb, der würde in Walhall ruhen, einer prächtigen Ruhmeshalle in Odins Burg.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sauer
Danewerk, Deutschland
In Deutschland liegt auch das größte Denkmal der Wikingerzeit: das Danewerk. Die Grenzanlage aus Mauern und Wällen bildete den Grenzübergang zwischen Mitteleuropa und Skandinavien. Das Danewerk diente auch zum Schutz der Wikingersiedlung Haithabu.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder
Haithabu, Deutschland
Bis zu 2000 Menschen lebten damals in Haithabu, das bedeutende Handelszentrum der Wikinger liegt heute im Bundesland Schleswig-Holstein. In nachgebauten Wikingerhäusern erfahren die Besucher viel über das Alltagsleben der Menschen vor eintausend Jahren.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder
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Eine der größten Wikingersiedlungen weltweit entsteht
Es waren vermutlich friesische Kaufleute, die sich im 8. Jahrhundert an der Schlei niederließen, einem 40 km langen, schiffbaren Seitenarm der Ostsee. Dänen und andere Skandinavier folgten. Sie gaben der neuen Siedlung den Namen "Haithabu", er setzt sich aus den beiden altnordischen Worten „Heide“ und „Hof“ zusammen.
Die Menschen vom "Heidehof" legten einen Hafen an, bauten Straßen und Häuser, errichteten Schutzwälle. In der Blütezeit zählte die Stadt 1500 bis 2000 Menschen. Die einen lebten vom Handel, die anderen vom Raub.
Von Haithabu aus starteten sowohl die vollbeladenen Handelsschiffe, die Waren bis ins ferne Konstantinopel oder Bagdad brachten. Aber von hier aus stachen auch die schnellen, schlanken Kriegsboote in See, mit denen die Wikinger auf Beutezug gingen.
Danewerk – Schutzmauer der Wikinger
In der Nähe Haithabus errichteten die dänischen Könige eine mächtige Grenzbefestigung, um die Südgrenze ihres Reiches und die Handelsstadt Haithabu zu sichern. Das Danewerk bestand aus Erdwällen, Mauern, Gräben und einem Sperrwerk in der Schlei. Insgesamt war das Danewerk 33 Kilometer lang.
Genutzt hat es letztes Endes nichts: Nachdem die Stadt viele Angriffe überstanden hatte, wurde sie im Jahr 1066 bei einem Überfall slawischer Truppe zerstört. Nach nur 300 Jahren endete die Geschichte Haithabus. Und auch die Zeit der Wikinger ging zu Ende.
Eine archäologische Fundgrube
Seit über einhundert Jahren graben die Archäologen rund um Haithabu, aber bis heute sind nur etwa fünf Prozent der Siedlung und des Hafens freigelegt. Es ist eine der wichtigsten archäologischen Stätten Nordeuropas.
Ein Museum präsentiert die kostbaren Funde, etwa einen Goldschmuck aus einem Frauengrab. Außerdem wurden verschiedene Siedlungshäuser rekonstruiert, so dass Besucher sehen können, wie die Wikinger lebten und arbeiteten.
Welterbetitel für Haithabu und Danewerk
Bis heute hat sich der Ruf der Wikinger als gefürchtete, gnadenlose Krieger gehalten. Doch Haithabu und Danewerk erzählen auch die andere Seite der Geschichte: die von erfolgreichen Kaufleuten, die Handel und Handwerkskunst auf höchsten Niveau betrieben.
Nun wurden Haithabu und Danewerk auf der UNESCO-Jahrestagung in Barhain in die Welterbeliste der Menschheit aufgenommen. Es ist 43. Titel für Deutschland.