UNESCO: Sind das die neuen Welterbe-Stätten?
7. Juli 2025
Nur noch wenige Tage, und auch die Schlösser König Ludwigs II. von Bayern werden voraussichtlich UNESCO Welterbe. Nominiert wurden Neuschwanstein, Linderhof, Schachen und Herrenchiemsee – gemeinsam mit 31 weiteren Orten rund um den Globus. Die Entscheidungen trifft das Welterbekomitee auf seiner 47. Sitzung in Paris (bis 16. Juli 2025).
Seit zehn Jahren stehen die bayerischen Königsschlösser ganz oben auf der deutschen Wunschliste. Neuschwanstein, das über dem Alpenrand thront und mit seinen vielen Türmchen aussieht wie ein Märchenschloss, gehört zu den weltweit bekanntesten Bauten Deutschlands. Der vielgerühmte "Traum aus Stein" zieht jedes Jahr über 1 Million Besucher aus aller Welt an.
König Ludwig II. von Bayern (1845-1886) hatte das Schloss in Auftrag gegeben, der Bau begann 1869 und sollte ihm als Rückzugsort dienen. Heute gehört das pittoreske Gebäude dem Freistaat Bayern. Es ist auch berühmt für seine prunkvolle Innenausstattung.
Viele Welterbestätten in Deutschland
Vom Aachener Dom bis Zeche Zollverein reicht schon heute die Liste der mehr als 50 deutschen Welterbestätten, die seit 70ern ernannt wurden, als die UNESCO die Welterbekonvention verabschiedete. Auslöser waren damals die Verluste von Kulturgütern im Zweiten Weltkrieg. Den Ausschlag aber gab der Bau des ägyptischen Assuan-Staudamms in den 1960er Jahren, der drohte, die weltberühmten Tempel von Abu Simbel zu überfluten. Die Übereinkunft, der bis heute rund 195 Staaten beigetreten sind, soll Kultur- und Naturstätten von außergewöhnlichem universellem Wert schützen. Derzeit gibt es 1223 Welterbestätten, 952 davon Kulturerbe, 231 Naturerbe.
Der Blick des Welterbekomitees reicht deshalb auch weit über Deutschland hinaus. Insgesamt 32 Kulturorte sind in diesem Jahr von Ländern rund um den Globus nominiert worden. Dazu zählt das antike Khuttal in Tadschikistan ebenso wie der im Meer versunkene Karibik-Hafen Port Royal auf Jamaika, das modernistische Stadtzentrum von Gdynia in Polen oder auch die Gedenkstätten in Kambodscha, die an die Verbrechen der Roten Khmer und ihre Opfer erinnern.
Indische Festungen - auch bald Weltkulturerbe?
Indien hat in diesem Jahr ein Ensemble antiker Festungen als Weltkulturerbe vorgeschlagen. Die beeindruckenden Anlagen in Maharashtra und Tamil Nadu belegen die militärische Stärke des Maratha-Reiches, das vom 17. bis 19. Jahrhundert blühte und weite Teile des indischen Subkontinents kontrollierte.
Die Vereinigten Arabischen Emirate nominierten die Faya-Paläolandschaft als herausragendes Beispiel einer Wüstenlandschaft aus der Steinzeit. Südkorea wirbt für die Petroglyphen von Bangudae, wundersame prähistorische, in Stein gearbeitete Felsbilder. Russland verweist mit seiner Nominierung auf bis zu 20.000 Jahre alte Felsmalereien in der Schulgan-Tasch-Höhle im südlichen Uralgebirge.Chinas Welterbe-Kandidat ist die Nekropole der Tanguten in Xixia, eine der größten Totenstädte der Welt.
Derzeit stehen 1223 Kultur- und Naturstätten in 168 Ländern auf der Liste des UNESCO-Welterbes, 56 davon gelten als bedroht. Das weltweite Ranking stößt vor allem in Wissenschaftlerkreisen immer häufiger auf Kritik. Wie objektiv kann eine solche Aufstellung überhaupt sein, fragt etwa Christoph Brumann vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle.
Kritik am UNESCO-Ranking
Der Ethnologe und Welterbe-Experte hinterfragt das Vergabeverfahren und forscht zu den Folgen eines Welterbe-Titels für die jeweilige Region. Die wohl häufigste: ein Massenansturm an Besuchern. "Davon kann die Bevölkerung profitieren, oft leidet sie aber auch darunter", so Brumann im Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft. Er hat 2021 das englischsprachige Buch "The Best We Share: Nation, Culture and World-Making in the Unesco World Heritage Arena" veröffentlicht.
Das Welterbekomitee, zusammengesetzt aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention, befasst sich in Paris auch mit den wachsenden Gefahren für bereits ernannte Stätten, etwa durch bewaffnete Konflikte wie in der Ukraine oder im Nahen Osten, durch Naturkatastrophen, Umweltverschmutzung, Wilderei oder auch unkontrollierte touristische Entwicklung. Besonders bedrohlich aber wirken sich aktuell Wasserknappheit und Überschwemmungen aus. Sie bedrohen einer jüngsten Studie der Weltkulturorganisation und des World Resources Institute zufolge fast drei Viertel aller Welterbestätten.
Danach streckt ein Fünftel der Orte in der Zwickmühle zwischen Wassermangel und Überfluss. Dazu zählen etwa das Taj Mahal in Indien, das durch den sinkenden Grundwasserspiegel abzusacken droht. Der Yellowstone Nationalpark in den USA musste 2022 nach massiven Überschwemmungen geschlossen werden, die Reparatur der Infrastruktur kostete Medienberichten zufolge mehr als 20 Millionen Dollar (17 Millionen Euro). Zu den am stärksten betroffenen Regionen zählen der Nahe Osten, Nordafrika, Teile Südasiens und der Norden Chinas.
Im bayerischen Schloss Neuschwanstein wird die Entscheidung aus Paris unterdessen mit Hochspannung erwartet. Wenn das Schloss in den Rang des Welterbes aufsteigt, werden es wohl noch mehr Touristen besuchen. Wichtiger dürfte aber der Bayerischen Schlösserverwaltung die weltweite Anerkennung sein, die mit der Auszeichnung einhergeht.