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Politik

Prozess um erstickte Flüchtlinge in Ungarn

21. Juni 2017

Fast zwei Jahre nach dem Fund von 71 erstickten Flüchtlingen in einem Lastwagen in Österreich hat in Ungarn der Prozess gegen elf mutmaßliche Schlepper begonnen. Vier von ihnen sind des Mordes angeklagt.

Ungarn Mordprozess Tote im Kühllaster
Bild: Reuters/B. Szabo

Die Angeklagten wurden von Polizisten in den Gerichtssaal in der ungarischen Stadt Kecskemet geführt. Die Staatsanwaltschaft will für die vier Hauptangeklagten lebenslange Haftstrafen wegen Mordes und Menschenhandels beantragen. Der Fund der Leichen an einer Autobahn im österreichischen Burgenland hatte im August 2015 international für Entsetzen gesorgt. Der Prozess findet in Ungarn statt, weil die Flüchtlinge laut Gutachtern noch auf ungarischem Staatsgebiet starben.

Die Flüchtlinge - 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder aus Syrien, dem Irak und Afghanistan - waren von den Schleppern an der serbisch-ungarischen Grenze in den Kühlwagen gepfercht worden. Über Ungarn sollten sie nach Österreich geschleust werden. Die ungarische Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, von der Erstickungsgefahr im luftdicht verschlossenen Laderaum des Kühlwagens gewusst zu haben und daher mit "besonderer Grausamkeit" vorgegangen zu sein.

Forensiker untersuchen den LKW, in dem 71 Menschen ersticktenBild: picture-alliance/dpa/APA/R. Schlager

Bei den vier Hauptangeklagten handelt es sich um einen Afghanen und drei Bulgaren, wobei der 30-jährige Afghane laut der ungarischen Staatsanwaltschaft der Chef der Schleuserbande war. Neben seinem 31-jährigen Stellvertreter müssen sich auch der 26-jährige Fahrer des Lastwagens und sein 39-jähriger Beifahrer wegen Mordes verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den Vieren außerdem vor, noch am Tag der Entdeckung des Todes-Lkws einen weiteren Kühllaster mit 67 Flüchtlingen nach Österreich geschickt zu haben. Die Opfer konnten sich im burgenländischen Gols aus dem zugesperrten Laderaum des abgestellten Lkws selbst befreien.

Für die sieben anderen Angeklagten - sechs Bulgaren und einen Libanesen - will die Staatsanwaltschaft bis zu 20 Jahre Haft beantragen. Zehn der mutmaßlichen Täter sitzen bereits in Haft, nach einem Verdächtigen wird noch gefahndet. Ihm wird in Abwesenheit der Prozess gemacht. Das Verfahren wird vermutlich mehrere Monate dauern. Das Gericht hofft, noch in diesem Jahr ein Urteil fällen zu können.

bri/stu (afp/dpa)