Ungelöster Haushaltsstreit der EU
13. Juni 2005Nach der Haushaltskonklave vom Sonntag treffen sich die EU-Außenminister am Montag (13.6.2005) zu ihrer regulären Tagung in Luxemburg. Mit Ergebnissen rechnet die luxemburgische Ratspräsidentschaft aber erst nach dem letzten bilateralen Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair am kommenden Dienstag (14.6.). Denn Blair nimmt nach Einschätzung von EU-Diplomaten in Brüssel ein Schlüsselstellung ein.
Mit einer Serie von vertraulichen Vier-Augen-Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs der Union versucht der Vorsitzende des Rates, der luxemburgische Premier, Jean-Claude Juncker, Bewegung in den festgefahrenen Streit um den Haushalt der EU zu bringen.
Briten-Rabatt im Fokus
Nur wenn der britische Regierungschef auf Teile des so genannten Briten-Rabattes verzichtet, könnte beim Krisengipfel der EU am Donnerstag und Freitag (16. und 17.6.2005) eine Einigung auf den EU-Haushaltsrahmen von 2007 bis 2013 gelingen. Großbritannien erhält nach über 20 Jahren noch immer einen Rabatt auf seine Beitragszahlungen in die EU-Kasse, der bei 4,5 Milliarden Euro liegt. Die übrigen 24 Mitgliedsstaaten wollen zumindest ein Einfrieren des Rabattes erreichen, der den Briten vor 21 Jahren gewährt wurde, als das Inselreich noch zu den ärmeren Staaten der Union gehörte. Obwohl sich das grundlegend geändert hat, lehnt die britische Regierung jegliche Verhandlungen ab. Das hat Blair vor einigen Tagen noch einmal vor dem Unterhaus bekräftigt.
Keiner will nachgeben
Die Nettozahler Deutschland, Niederlande und Schweden fordern ebenfalls eine Art Rabatt, weil ihre Einzahlungen in die Brüsseler Kasse - gemessen am Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung - zu hoch seien. Deutschland zahlt netto jährlich etwa sechs bis sieben Milliarden ein. Italien und Portugal lehnen die im Verhandlungspaket vorgesehenen Kürzungen für Regionalförderung ab. Die neuen Mitgliedsländer in Osteuropa verlangen mehr Fördermittel und Frankreich will sich bei den Agrarausgaben, von denen es am meisten profitiert, nicht bewegen. Deutschland und fünf andere Nettozahler bestehen offiziell auf einer Deckelung des Hauhalts bei einem Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU, wobei hier wohl Kompromisse am ehesten möglich wären.
Gelingt Juncker die Meisterleistung?
Wenn es dem luxemburgischen EU-Präsidenten, Jean-Claude Juncker gelänge dieses Knäuel zu entwirren, wäre das eine Meisterleistung, so EU-Diplomaten in Brüssel. Nach den negativen Verfassungsreferenden haben die Niederländer und Franzosen kaum Verhandlungsspielraum. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder gilt als Regierungschef auf Abruf und wird wahrscheinlich auch keine weitreichenden Verpflichtungen mehr eingehen. Das zumindest fordert die Opposition in Berlin. Juncker glaubt, die Staats- und Regierungschefs müssten mit einem Haushaltskompromiss jetzt Handlungsfähigkeit beweisen, nachdem der EU-Vertrag über eine Verfassung auf Eis liegt.
Verfassungskrise sollen Staatschefs lösen
Wie es weitergehen soll mit der Ratifizierung der umstrittenen Verfassung und wohin die EU sich entwickeln soll, darüber wollen die Staats- und Regierungschefs Ende der Woche entscheiden. Ein Aussetzen der Ratifizierung oder eine Denkpause, wird nach Angaben aus Brüssler Diplomatenkreisen, noch abgelehnt.
Zugeständnisse sollen bestätigt werden
Die EU-Außenminister wollen in Luxemburg die bereits gemachten Zusagen für die nächsten Erweiterungsrunden noch einmal bestätigen. Rumänien und Bulgarien sollen am 1. Januar 2007 aufgenommen werden, wenn sie alle Reformbedingungen erfüllen. Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober wird ausdrücklich bekräftigt werden.
Ein Termin für Beitrittsverhandlungen mit Kroatien ist noch nicht absehbar, weil die Zusammenarbeit Zagrebs mit dem Haager Tribunal für Kriegsverbrechen nach Ansicht der Chefanklägerin Carla del Ponte immer noch nicht ausreicht. Die EU hält weiter an dem Ziel fest, die übrigen Länder des Balkans - Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Albanien und Serbien-Montenegro - in den Klub zu lassen, auch wenn es auf absehbare Zeit keine Verfassung gibt, also das Vertragswerk, was auf eine Union mit 30 oder mehr Mitgliedern zugeschnitten war.