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Ungleichheit in Deutschland nimmt zu

Mathias Bölinger6. September 2013

In den letzten zwanzig Jahren hat die Ungleichheit in Deutschland deutlich zugenommen, wenn auch zuletzt nicht mehr so stark. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie.

Bild: picture-alliance/dpa

Die wirtschaftliche Ungleichheit in Deutschland ist in den letzten zwanzig Jahren stark gewachsen. "Wir waren früher eine eher egalitäre Gesellschaft. Das kann man heute nicht mehr behaupten", sagt Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Eine Studie des Instituts ergibt, dass die obersten Einkommen von 1991 bis 2010 um 12,4 Prozent gestiegen sind. Die unteren Einkommen liegen heute dagegen um 11,2 Prozent niedriger als Anfang der 90er Jahre.

"Politisch gewollte Tendenz"

Ganz neu ist diese Erkenntnis eigentlich nicht. Schon vor Jahren haben Ökonomen ein Auseinanderdriften der Einkommen in Deutschland festgestellt. In den letzten Jahren allerdings gab es auch wieder Meldungen, dass dieser Trend angehalten wurde. Etwa seit 2007 ist die Schere nicht mehr weiter auseinander gegangen. Arbeitgebernahe Wirtschaftswissenschaftler führen das gerne als Beleg dafür ein, dass die liberalen Reformen der letzten Jahre Wirkung am Arbeitsmarkt zeigen.

Die Interpretation des Gewerkschaftslagers sieht naturgemäß anders aus. Ihrer Ansicht nach ist Stagnation zu wenig. Stattdessen hätte durch den Aufschwung mit mehr Beschäftigung die Ungleichheit deutlich abnehmen müssen. "Das ist nicht geschehen", sagt Horn, "die Entwicklung zeigt eine klare Tendenz zur Ungleichheit, die teilweise auch politisch gewollt ist."

Steuerpolitik und Niedriglohn

Als Hauptgründe für diesen Trend sehen die Forscher die Steuerpolitik. Vor allem die Einkommen aus Kapital seien gestiegen. Weil der Spitzensteuersatz gesenkt wurde, hätten Menschen mit hohem Einkommen viel Kapital ansammeln können, das ihnen auch wieder neue Einkommen beschert. Der zweite Grund seien sogenannte "atypische Beschäftigungsverhältnisse", also etwa Niedriglohnjobs und Teilzeitjobs.

Im europäischen Vergleich stehe Deutschland heute besser da als die meisten Länder, sagen die Autoren der Studie. Das liege allerdings vor allem daran, dass in den südlichen Ländern die Ungleichheit in der Euro-Krise massiv zugenommen hat.

Allein durch den wirtschaftlichen Aufschwung werde die Ungleichheit in Deutschland nicht weiter abnehmen, prognostizieren die Forscher. Sie empfehlen als Gegenmaßnahmen eine höhere Steuern auf große Einkommen, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und einen gesetzlichen Mindestlohn.

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