Union debattiert über Steuern
28. Juni 2009
Zu abschließenden Beratungen über das Wahlprogramm kommen an diesem Sonntag (28.06.2009) die Vorstände beider Parteien in Berlin zusammen. Eine wichtige Frage muss bei diesem Treffen noch beantwortet werden: Werden die Unionsparteien für ihre Steuersenkungsversprechen in der kommenden Legislaturperiode ein konkretes Datum nennen? Aus Kreisen der CSU war diese Forderung zwar erhoben worden. Angesichts des Widerstands aus der CDU gilt es aber als unwahrscheinlich, dass die Christsozialen sich damit durchsetzen werden.
Kurz vor Beginn der Gespräche verlautete aus Kreisen der CDU erneut, die Unionsparteien würden sich in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm nicht auf ein genaues Datum für die angekündigten Steuersenkungen festlegen. Die CDU werde an diesem Punkt ganz sicher hart bleiben, und die CSU werde das akzeptieren. In diesem Fall wird jedoch die CSU voraussichtlich in einem eigenen Wahlaufruf einen Zeitpunkt nennen.
Steuerversprechen
Im gemeinsamen Wahlprogramm der Union werden nach Medienberichten drei Steuerversprechen abgegeben. So soll der Kinderfreibetrag auf 8004 Euro erhöht, der Eingangssteuersatz von 14 auf 12 Prozent und der Steuer-Tarifverlauf arbeitnehmerfreundlicher ausgestaltet werden. Eine Gegenfinanzierung wird nicht genannt.
Mehrwertsteuer: rauf, runter, unverändert?
Offen ist, welche Position die Union beim Thema Mehrwertsteuer einnehmen wird. Sie ist die wichtigste Einnahmequelle des Staates noch vor der Lohnsteuer. An dieser Schraube hatte die Regierung jedoch schon zu Beginn der laufenden Legislaturperiode kräftig gedreht und den Mehrwertsteuersatz von 16 auf 19 Prozent erhöht. Es wird erwartet, dass die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel noch einmal klarstellt, dass es mit der Union keine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer in den nächsten vier Jahren geben werde. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hatte erst am Freitag eine Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Lebensmittel angeregt.
In der Steuer-Diskussion meldete sich am Sonntag auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer zu Wort. Der CDU-Politiker spricht sich in einem Zeitungsinterview für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes aus. Damit solle einer nach seiner Einschätzung ungleichen Verteilung von Vermögen in Deutschland entgegen gewirkt werden. In einem Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte Böhmer: "Ich habe gegen höhere Steuersätze für Bestverdiener nichts einzuwenden. Wenn sie wie Manager von Dax-Unternehmen oder Fußballspieler ohne persönliches Risiko erhebliche Einkünfte erzielen, spricht nichts gegen eine höhere Belastung."
"Bei immer weniger Menschen sammelt sich ein immer größeres Vermögen", sagte Böhmer der Zeitung. "Das kann eine Gesellschaft auf Dauer nicht aushalten, das führt zu sozialen Verwerfungen und Zerwürfnissen. Dieser Tendenz müssen wir entgegenwirken." Als Instrument zur Umverteilung des Vermögens bleibe "nur eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes", da die Wiedereinführung der Vermögensteuer nicht praktikabel sei, fügte Böhmer hinzu.
Mit Blick auf die Selbstverpflichtung des Bundes, die Neuverschuldung in der kommenden Wahlperiode um 35 Milliarden Euro zu verringern, sagte Böhmer dem Blatt: "Wir werden die Neuverschuldung nur reduzieren können, wenn wir Ausgaben kürzen oder Steuern erhöhen, oder beides tun."
Finanz-Experten: unehrliche Politik
Während die Führung der CDU angesichts dieser Vorschlage aus ihren eigenen Reihen einigermaßen erfolglos versucht, eine Diskussion über Steuererhöhungen zu unterdrücken, sind mehrere Finanzfachleute nach einem Zeitungsbericht überzeugt, dass höhere Steuern wegen der staatlichen Schuldenlast unvermeidlich sein werden. "Eine Steuererhöhung kommt ganz gewiss", sagte beispielsweise der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er ist Ökonomieprofessor in Hannover und war von 1996 bis 2003 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium. Auch der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Wolfang Franz, und der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmmerman, sehen der Zeitung zufolge höhere Belastungen auf die Bürger zukommen. Politiker, die diese Notwendigkeit leugneten, seien unehrlich, kritisierten die Fachleute. (mas/ako/dpa/afp/ap)