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Union und SPD bringen sich in Stellung

Heiner Kiesel21. Oktober 2013

Wenige Tage vor Aufnahme der Gespräche über eine gemeinsame Regierung werden die Verhandlungslinien deutlicher. Nach der zur Schau gestellten Einigkeit betonen die Parteien nun vor allem das Trennende.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Mitgliedern des CDU-Präsidiums (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es sind so etwas wie Schüsse vor den Bug der SPD, die seit dem Wochenende klaren Kurs auf Koalitionsgespräche mit der Union genommen hat. Bisher hatten beide Seiten in Sondierungsgesprächen vor allem nach Verbindendem für eine gemeinsame Regierung gesucht. Jetzt, nachdem sich die überwältigende Mehrheit von 85 Prozent der Delegierten eines kleinen Parteitages der SPD für Koalitionsverhandlungen ausgesprochen hat, ändert sich der Ton. Aus München meldete sich die bayrische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) mit einer Absage an einen deutschlandweit einheitlichen Mindestlohn. "Es muss einfach nach Regionen unterschiedlich gehandelt werden", sagte die Unionspolitikerin, die bei den am Mittwoch beginnenden Verhandlungen möglicherweise die Arbeitsgruppe Wirtschaft leiten wird.

Ein weiteres Anliegen der SPD, die rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe, lehnte der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder ab. "Klar ist, dass man aufeinander zugehen muss, aber deutlich ist auch, dass am Ende mehr CDU- und CSU-Handschrift aus einen Koalitionsvertrag rauskommen muss als SPD-Handschrift, denn das wollten der Wähler und die Wählerin auch so", unterstrich auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner.

Union und SPD bereiten Verhandlungen vor

01:27

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Etwas versöhnlicher klang CDU-Generalsekretär Herrman Gröhe nach der Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. Er sagte einen "fairen Ton und ein vertrauensvolles Klima" bei den Verhandlungen zu und unterstrich den Willen zum Erfolg. Die Messlatte für den Erfolg der Verhandlungen bestünde aus der Stärkung der Wirtschaftskraft, einer stabilen Währung und sicherer Beschäftigung. Die Ausgestaltung eines Mindestlohns machte Gröhe davon abhängig, dass keine Arbeitsplätze gefährdet würden. Weitere Projekte stellte er unter den Vorbehalt, dass sie nicht durch Steuererhöhungen oder neue Schulden finanziert werden müssten. Gröhe vermutete, dass der "November insgesamt" für die Gespräche nötig sei und eine neue Regierung bis Weihnachten gebildet werden könnte.

Bedenken bei den Sozialdemokraten

Währenddessen werden unter den Sozialdemokraten selbst starke Zweifel geäußert, ob der eingeschlagen Kurs erfolgversprechend ist. So vertraute die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) Nachrichtenagentur dpa an: "Es gibt nach wie vor sehr viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die Bauchschmerzen haben mit der großen Koalition." Der SPD-Linke Ralf Stegner sprach in der rheinischen Post von einem offenen Prozess, bei dem ein substanzieller Politikwechsel durchgesetzt werden müsse, um zustimmungsfähig zu sein. Die SPD-Linke Hilde Mattheis ließ in der ARD das von der Union ungeliebte Thema Steuererhöhungen wieder aufleben und forderte höhere Belastungen für die Reichsten in der Gesellschaft. Ihre Wünsche hatten die Sozialdemokraten bereits in einem 10-Punkte-Programm festgehalten.

Bei soviel Kritik übernimmt – wie auch bei den vorausgegangenen Sondierungsgesprächen - Parteichef Siegmar Gabriel die Rolle des Zuversichtlichen. Am Tag nach dem Parteikonvent warnte er in der Berliner Parteizentrale zwar auch, dass Koalitionsverhandlungen scheitern könnten, fügte aber hinzu: "Wenn man solche Gespräche aufnimmt, muss man sich auch das Ziel setzen, sie erfolgreich zu Ende zu führen." Sollte das gelingen, dann steht aber noch immer die Zustimmung der 470.000 Parteimitglieder aus. Diese sollen sich per Briefwahl äußern. Bei einer Mindestbeteiligung von 20 Prozent will die Parteiführung den Mitgliederentscheid als verbindlich annehmen. "Ich habe keine Sorge, dass wir dieses Quorum erhalten", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. Die Wahl soll innerhalb von zwei Wochen nach dem Ende Koalitionsverhandlungen vollzogen werden. Sollte sie an der Beteiligung scheitern, bedürfe es eines Parteitages, so die Sozialdemokratin.

Andrea Nahles setzt auf die Befragung der SPD-MitgliederBild: picture-alliance/dpa