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Deutsche bei 3-Druck vorne

Heiner Kiesel
23. November 2016

Schon bald, so verspricht die Digitalbranche, werden die neuen Techniken unser Leben fundamental ändern. Auf einem großen Trendkongress in Berlin wird gezeigt, wohin die Reise gehen soll.

3-D-Druck eines Kuchens
Bild: DW/H.Kiesel

Da schwingt schon ein guter Teil Unzufriedenheit mit, wenn Bernhard Rohleder über den Stand der Digitalisierung deutscher Unternehmen spricht. Rohleder ist Hauptgeschäftsführer des Bitkom, einem Branchenverband der nach eigenen Angaben rund 2400 Unternehmen der digitalen Wirtschaft vertritt. "Dreiviertel der Unternehmen investieren nicht die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle", zitiert Rohleder aus einer Umfrage seines Verbandes.

Blickt erwartungsvoll in die Zukunft: Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard RohlederBild: DW/H.Kiesel

Außerdem wundert er sich darüber, dass bei über der Hälfte der 500 befragten Unternehmen noch Handlungsbedarf in Bereichen wie dem Finanz- und Rechnungswesen und im Personalwesen gesehen wird. "Da sollte die Transformation schon längst abgeschlossen sein", urteilt der Verbandsfunktionär zu Beginn zu Beginn eines großangelegten Branchentreffens, derBitkom-Hub-Konferenz in Berlin.

Eigentlich ist der alljährliche Termin ja ein Tag für Aufbruchsstimmung, aber es gibt auch die traditionelle deutsche Tendenz, eindringlich davor zu warnen, dass man zu spät dran ist. Den Grund für die zögerliche Digitalisierung hierzulande sieht Bitkom-Präsident Thorsten Dirks in der fehlenden "digitalen DNA" der hiesigen Betriebe. "Amazon und Google müssen Sie nicht nach Umwandlung in ein digitales Unternehmen fragen, die sind so geboren worden." Hier gelte es aufzuholen, drängt Dirks und sieht die Lösung in intensiven Kooperationen zwischen etablierten globalen Unternehmen und impulsgebenden Start-ups.

Sieht Defizite bei deutschen Unternehmen: Bitkom-Präsident Thorsten DirksBild: DW/H.Kiesel

Dann sind da noch weite Teile der Bevölkerung, 25 Prozent, die Digitalisierung per se ablehnen. Das muss jetzt in Angriff genommen werden. Denn, so sind sich die Verbandsvertreter sicher, die Zukunft wird von revolutionären und alles verändernden Innovationen bestimmt sein. "Es geht um die digitale Disruption", sagt Dirks und benutzt damit das allgegenwärtige Schlagwort für den Wandel.

"Wir drucken hier keine Schlümpfe"

Eine dieser bahnbrechenden Techniken soll der 3-D-Druck werden. Die Fachleute sprechen hier lieber vom Additive Manufacturing (AM) und auf diesem Gebiet steht die deutsche Wirtschaft sogar ziemlich gut da. "Da sehe ich Deutschland ganz klar in der Pole-Position", meint Ulli Klenk vom Siemens-Kompetenzzentrum für Additive Manufacturing. Jahrzehntelange Grundlagenforschung verbunden mit unternehmerischem Mut hätten das ermöglicht. "Und natürlich der Umstand, dass die Fachverbände hier dafür gesorgt haben, dass die ganzen Verfahren formalisiert und zertifiziert worden sind".

Klenk spricht hier von einer hochgradigen Standardisierung einer disruptiven Technologie. Die Technik hat das Potential Arbeitsprozesse, Logistik- und Wertschöpfungsketten tiefgreifend zu verändern, überall. Es könne vor Ort produziert werden und das auf hohem Niveau. Es gehe beim dreidimensionalen Drucken ja nicht um Spielzeugfiguren, sagt Klenke. "Wir sprechen da von hochindustriellen und in rauen Umgebungen eingesetzten Teilen, wie Gasturbinen - anspruchsvoller geht das kaum noch."

Ulli Klenk treib das Additive Manufacturing bei Siemens voran. Sein Unternehmen kooperiert mit HP beim 3-D-DruckBild: DW.H.Kiesel

Hohe Erwartungen hat die Digitalwirtschaft auch bezüglich der Innovationen bei der Mobilität. Die Euphorie in Bezug auf autonome Autos hat sich etwas gelegt – da hat die Komplexität des Straßenverkehrs für einige, teils tödliche, Misserfolge gesorgt. Dafür wird mit Verve in den Bereich darüber vorgestoßen. "Es geht da um den Flugraum G, das ist der Bereich bis 700 Meter Höhe", erklärt Frank Wernecke, CEO des Berliner Unternehmens Dronemasters. Da seien die Rahmenbedingungen im Augenblick recht gut, weil es kaum gesetzliche Bestimmungen gebe. "Die Mobilität wird dezentral vernetzt und wir können direkt Verbindungen herstellen, das verändert alles."

Aktuell liegt der Fokus darauf, Waren auszuliefern, aber warum, so fragt sich der Drohnen-CEO, sollten wir nicht demnächst in eine Personenbeförderungsdrohne einsteigen und uns per App, staufrei an unser Ziel fliegen lassen? Wernecke will das Lieblingswort des Kongresses nicht bemühen, aber "es geht schon irrsinnig schnell voran".

So schmeckt die Disruption

Der Bitkom hat bei ihrer Hub-Konferenz so etwas wie die digitale Elite der Bundesrepublik versammelt und Macher aus 30 weiteren Nationen. Die 2000 Teilnehmer strömen zwischen den drei Haupt- und drei Nebenbühnen hin und her. Leute aus Großunternehmen, Ministerien, öffentlichen Verwaltungen und kleinen Start.ups, die kontinuierlich mit neuen aufregenden Entwicklungen konfrontiert werden. 130 Sprecher, Panel-Diskussionen, Keynotes, Produktpräsentationen – 50 Stunden Programm an einem Tag.

Erfinder Daniel WilkensBild: DW.H.Kiesel

Das lässt sich als reichhaltiges Angebot verstehen, hinterlässt aber auch das Gefühl, ständig etwas zu verpassen. Das in den Vorträgen ständig verwendete Buzzword von der Disruption treibt den Puls weiter in die Höhe. Wo geht es hin, wenn die Veränderung plötzlich, heftig und unvorhersehbar eintritt?

Daniel Wilkens steht inmitten der drohenden Hyperventilation relativ gechillt vor seiner Maschine. Der Besucher sieht hier Additive Manufacturing in Aktion: Emsig zischt ein Schlitten mit zwei Düsen und daran angebrachten Tuben über einer rechteckigen Metallform hin und her. Wilkens hat Design an der Folkwang Universität der Künste studiert. Seine Maschine fertigt  Kuchen, die eine Botschaft enthalten. Texte oder zweifarbige Bilder, ganze Geschichten kann er in den Gebäckstücken hinterlassen. "Das wird das Backwesen nicht auf den Kopf stellen, aber es macht Dinge möglich, die es zuvor so nicht gab", erklärt er. So dargestellt ist die Disruption gar nicht mehr so unheimlich, aber dafür ziemlich lecker.

 

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