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Unwägbarkeiten vor den ersten Wahlen in Kongo

Stefanie Duckstein 13. Februar 2006

Die Demokratische Republik Kongo ist seit 45 Jahren unabhängig. Bis heute hat noch nie ein kongolesischer Bürger die Regierung frei wählen können. Das soll sich ändern.

Über ihre Landesverfassung konnten die Kongolesen bereits 2005 abstimmenBild: AP

Die ersten freien, fairen, demokratischen Wahlen seit 45 Jahren sollen es werden in der Demokratischen Republik Kongo. Die Erwartungen sind dementsprechend hoch, und sie steigen von Tag zu Tag bei allen Beteiligten. Bei den Vereinten Nationen, die mit ihrer Einsatztruppe MONUC versuchen, das Land zu stabilisieren, bei den Europäischen Wahlbeobachtern und natürlich bei den Kongolesen selbst. Gewählt werden sollen das Parlament und ein neuer Präsident.

UN Soldat in Bunia, KongoBild: AP

"Ich sehe eine Aufbruchstimmung im Land", sagt Ingo Badoreck, langjähriger Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kinshasa. "Ich glaube, dass die Menschen im Kongo das auch spüren. Und das ist genau das, warum im Kongo Wahlen stattfinden - einfach weil die Menschen es wollen. 80 Prozent der Menschen haben gesagt, wir wollen wählen, wir wollen uns aussprechen, wer uns regieren soll. In dem Zusammenhang glaube ich, dass die Qualität wichtiger ist als der Termin."

Unwägbarkeiten

Der Termin ist nur einer der vielen Knackpunkte: Für den 29. April ist die Wahl angesetzt, doch schon jetzt hinken die kongolesischen Behörden dem Zeitplan hinterher, teilweise ist jetzt von einer Wahl im Juni die Rede. Die Verabschiedung des Wahlgesetzes, die Bewerbungen Tausender Kandidaten für 500 Parlamentssitze und die Verteilung der Wahllisten - bis das Papier in einem Land so groß wie ganz Westeuropa auch den letzten der 25 Millionen Wähler erreicht hat, das kann dauern, meint der Berliner Journalist Dominic Johnson.

Auch er warnt davor, die Vorbereitungen zu hastig durchzuführen. "Gerade dadurch, dass die Diskussionen sich fast immer auf Formalien und Zeitpläne beziehen und nicht auf Inhalte, wächst die Gefahr, dass die Erwartungen enttäuscht werden", warnt er, "weil man sagt: schnell, schnell - wir müssen doch bis Juni alles schaffen. Und wenn nicht, ist das eine Katastrophe. Oder man argumentiert: Besser eine schlechte Wahl jetzt als eine bessere später. Ich finde eine bessere Wahl später besser als eine schlechte jetzt."

Doch wer steht eigentlich zur Wahl? Als aussichtsreich gelten der jetzige Präsident Joseph Kabila von der Partie du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie (PPRD) und Oppositionsführer Etienne Tshisekedi von der Union pour la Démocratie et le Progrès Social (UDPS). Einen alleinigen Wahlsieg wird jedoch keiner von beiden einstreichen können.

Sicherheitsrisiken

Erschwerend komme für die Bevölkerung hinzu, so Ingo Badoreck, dass die Parteien im Kongo kaum eine wirklich politische Grundausrichtung haben. "Die UDPS hat kein wirklich sozialdemokratisches Programm in unserem Sinne, und auch die Christdemokraten sind inhaltlich nicht programmatisch ausgerichtet, wie man das in Deutschland kennt." Auf der einen Seite beklagt Ingo Badoreck diesen Zustand, weil es nicht mehr um Programme, sondern um Personen und Ethnien gehe. Auf der anderen Seite habe das den Vorteil, "dass es keine ideologischen Vorbehalte bei der Koalitionsbildung gibt."

Kindersoldaten bei MilitärübungenBild: AP

Für die ausländischen Beobachter - und für die Bevölkerung - ist vor allem das Sicherheitsrisiko ein Problem. Täglich greifen Rebellen Dörfer an, verschleppen Frauen und Kinder, werden Journalisten an der Arbeit gehindert oder umgebracht. Juliane Kippenberg von Human Rights Watch macht schon länger darauf aufmerksam, dass unter diesen Bedingungen die Zivilgesellschaft kaum frei und aktiv agieren könne.

"Hin und wieder trifft man auf die Sichtweise, dass der Frieden und die Stabilität sich so langsam ausbreiten würden und es nur noch kleine Orte mit Unruhen gebe. Das ist eine falsche Sichtweise", sagt Juliane Kippenberg. "Betrachten Sie allein, wie viele verschiedene bewaffnete Gruppierungen im Osten Kongos operieren. Es gibt verschiedenste Dissidentengruppen, die man in die Armee integrieren wollte, die sich aber dagegen gewehrt haben." Ein unglaubliches Konfliktpotenzial, das im Grunde schon jetzt dabei sei, zu explodieren, meint die Human Rights Watch-Mitarbeiterin.

Hilferuf der UNO

Die Präsenz ausländischer Beobachter bei den Wahlen ist wichtig. Die Vereinten Nationen haben bereits die Europäische Union um Hilfe gebeten: eine EU-Eingreiftruppe solle der 16.000 Mann starken MONUC-Mission unter die Arme greifen. Auch bei der Deutschen Bundeswehr wurde angefragt - doch die Bundesregierung bleibt bis heute unschlüssig.

Logistische Hilfe: ja, Kampfeinsatz: nein, gibt Hartwig Fischer, CDU-Afrika-Experte zu verstehen. "Wenn Sie politische Verantwortung tragen und Soldaten in den Kongo schicken müssten, dann machen Sie sich über alles Gedanken", gibt er zu bedenken. "Auch darüber, wie es für einen Soldaten ist, wenn er auf ein Kind schießen muss, weil das Kind mit einer Panzerfaust vor ihm steht. Ich steh da nicht in der Truppe. Aber wir entscheiden für unsere Truppe, deshalb bitte ich um Verständnis, dass ich mich dazu heute noch nicht äußern kann."

Man setzt auf Zeit und wartet noch auf eine Einwilligung des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila zu einem solchen Einsatz.

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