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Urlaub für Hartgesottene

Es ist eng, es ist kalt, es gibt meistens keine Sonne und trotzdem ist es schön: Jedes Jahr verbringen Tausende ihren Winterurlaub auf heimischen Campingplätzen.

So schlimm ist es natürlich nicht immerBild: AP

Karibik, Kanaren oder Kenia sind für Dirk Prenger keine bevorzugten Reiseziele in der kalten Jahreszeit. Der Mülheimer zieht die wärmende Enge seines Wohnwagens dem Sonnenbad in südlichen Gefilden vor. Wie seine Frau Margrit, sein Bruder Wolfgang und seine Schwägerin Monika ist er eingefleischter Wintercamper. Alle Jahre wieder verbringt das Quartett die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel auf dem Campingplatz "Am Emsdeich" im ostfriesischen Grotegaste. Die beiden Ehepaare aus dem Ruhrpott genießen die Atmosphäre vor dem Katalytofen im Caravan. Monika Prenger spricht schwärmerisch vom stets aufs Neue herbeigesehnten "Kuschelurlaub".

Keine Angst vor Kälte

Wohnwagen werden von Schnee befreitBild: AP

Das macht die vier nicht zu einsamen Exoten. Der Deutsche Camping-Club (DCC) mit Sitz in München rechnet in den Wintermonaten 2002/03 mit knapp 30 Millionen Übernachtungen auf bundesweit 743 ganzjährig geöffneten Campingplätzen. Vom Frost lassen sich routinierte Camper nicht abschrecken. Laut DCC frönen von den rund 12 Millionen deutschen Campern etwa 7 Millionen an bis zu 40 Wochenenden pro Jahr ihrer Leidenschaft. Dabei werden nicht nur die Wintersportregionen frequentiert. Auch im hohen Norden wie in Grotegaste bei Leer gibt es zahlreiche winteroffene Campingplätze.

Luxus wie daheim

"Batterie aufladen am Wochenende", nennt Wolfgang Prenger die Flucht in den Wohnwagen. Verzichten müsse er lediglich auf Platz und auf Leitungswasser aus dem eigenen Hahn. Denn zwischen Oktober und März fließt in Grotegaste kein Wasser zu den Stellplätzen, weil die Leitungen einfrieren könnten. Deshalb müssen die Prengers quer über den Platz laufen, um an das kostbare Nass zu gelangen. "Damit kann ich leben", sagt Dirk Prenger. Ansonsten gebe es all den von daheim gewohnten Luxus. In der Tat: Mit einer schmalen Koje in einem zugigen Vehikel hat das Camperleben nichts gemein. Die mobilen Domizile der Prengers sind ausgestattet mit Doppelbetten, einer Küchenzeile, einer Sitzgruppe, Holzfußböden im Vorzelt und Satellitenschüsseln zum Fernsehen. Und die geschmückte Miniaturausgabe eines Plastikweihnachtsbaums erinnert an die Festtage.

Winter macht lustig

Der Heiligabend im Caravan sei durchaus mit der Weihnachtsfeier in den heimischen vier Wänden vergleichbar, sagt Margrit Prenger. Das Essen sei vielleicht "nicht so aufwändig". Aber am Urlaubsort könne man sich schließlich auch einen Tisch im nahe gelegenen Restaurant bestellen. "Auf jeden Fall habe ich mehr Ruhe als zu Hause", betont die Wintercamperin. Wolfgang Prenger stimmt zu. "Bei so einem Wetter würde ich zu Hause nicht vor die Tür gehen. Hier aber schon", preist er die regelmäßigen Spaziergänge durch die winterliche Landschaft der ostfriesischen Tiefebene. Daneben hat es ihm die Campergemeinschaft angetan. Prenger beobachtet ein anderes Sozialverhalten. "Jeder passt auf den anderen auf."

Freunde fürs Leben

Bild: AP

Der Zusammenhalt ist auch für Maria und Werner Leymann ein guter Grund, aus ihrer Heimatstadt Essen rund zweieinhalb Autostunden nach Grotegaste zu fahren. "Hier sind unsere Freunde." Seit 20 Jahren zieht es das Paar zur Erholung nach Ostfriesland, seit 10 Jahren auf den Campingplatz an der Ems. In dieser Zeit hat sich so manche Caravan-Freundschaft gebildet. "Silvester haben wir mit mehreren Nachbarn vom Campingplatz gefeiert", erzählt Werner Leymann. Zwischen Klappstühlen und Vorzelten fühlt sich der Frührentner derart wohl, dass er die Sommersaison von April bis Oktober nahezu durchgehend in Grotegaste statt in der Essener Mietwohnung verlebt. Die Ehefrau gesellt sich jedes Wochenende hinzu. Mittlerweile spielen Leymanns schon mit dem Gedanken, ganz nach Ostfriesland zu ziehen. Wann es soweit ist, steht zwar noch nicht fest. Aber klar ist bereits, dass es auch im nächsten Winter heißt: Grotegaste statt Karibik. (ddp)