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Reise

Airbnb: Urlaub fast wie bei Freunden

Anne Termèche
6. August 2018

Urlaub machen bei Einheimischen, günstiger und persönlicher als in einem Hotel. Mit dieser simplen Idee haben die Gründer von Airbnb die Reisebranche epochal aufgemischt. Eine Momentaufnahme.

Airbnb
Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Mit einer Luftmatratze fing es an. Und damit, dass 2007 wegen einer Konferenz in San Fransisco mal wieder die Hotels der Stadt ausgebucht waren. Drei Studenten kamen spontan auf die Idee, Luftmatratzen-Schlafplätze mit Frühstück anzubieten: "AirBed and Breakfast" 

Die Gäste kamen und die Geschäftsidee war geboren: Warum nicht ein Zimmer oder die ganze eigene Wohnung vermieten, für wenig Geld, zwanglos, an Leute, die für ein paar Tage irgendwo unterkommen wollen. Man musste nur noch Gastgeber und Gast zusammenzubringen. Also schufen  Nathan Blecharzcyk, Brian Chesky und Joe Gebbia eine Website und präsentierten ihre Idee der Welt: Das war am 11. August 2008. 16 Unterkünfte waren im Angebot.

Finde Unterkünfte bei Airbnb

2009 bekam das Portal den Namen, unter dem es heute jeder Urlauber und Geschäftsreisende rund um die Welt kennt: Airbnb. 300 Millionen Gäste haben inzwischen eine Übernachtung über die Sharing-Plattform gebucht, auf der in 200 Ländern fünf Millionen verschiedene Unterkünfte angeboten werden. Airbnb hatte 2017 einen Marktwert von 31 Millionen US Dollar.

Simple Idee, großer Erfolg - Airbnb vermittelt Privatwohnungen rund um den Globus Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, Touristen lieben Airbnb. Sie finden auf der Plattform Unterkünfte für jeden Geschmack und Geldbeutel - und mit diesem gewissen Touch Individiualismus, den Hotels nicht bieten können. Airbnb vermittelt heute weltweit mehr Übernachtungen als die fünf größten Hotelketten zusammen. Die Hotels sind sauer. Die Sharing-Plattform nimmt ihnen Kunden weg, sie streicht satte Gewinne ein und umgeht steuerliche Auflagen, die für Beherbergungsbetriebe gelten. Doch der wirklich große Ärger für Airbnb kommt aus einer anderen Ecke.

Mit dem Erfolg kommen die Probleme

In Städten, in denen Airbnb besonders erfolgreich agiert, ist die Kritik am lautesten: Paris, London, Palma de Mallorca, Barcelona, Berlin oder Amsterdam. All diese Destinationen haben eines gemeinsam, sie leiden unter dem Massenansturm von Touristen. Und alle sind sich einig, dass Airbnb die angespannte Situation zusätzlich verschärfe. Die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen treibe die Mietpreise in die Höhe, so die Kritik. In Barcelona und Palma de Mallorca kam es schon zu Bürgerprotesten.

Nathan Underwood Blecharczyk, Mitbegründer von Airbnb und MultimillionärBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Vermietern bringt es überall mehr ein, Apartments tageweise an Touristen zu vermieten als an Orstansässige dauerhaft zu vermieten. Die finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum und werden aus ihren Städten vertrieben. Auf diese Weise zerstöre das Portal nach und nach den originären Charme jener Viertel, die es bewirbt - beklagen die Städte. Airbnb selbst sieht das anders, wie Firmengründer Nathan Blecharczyk auf der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse (ITB) gegenüber dem Magazin "Stern" bekräftigte, es könne sogar Teil der Lösung sein. "75 Prozent unserer Unterkünfte liegen bereits außerhalb der Hotel-Bezirke, sie verteilen sich über die Stadt, wovon die lokale Wirtschaft profitiert. Dort gehen die Gäste in Restaurants und Cafés, die gleich um die Ecke liegen und kaufen in Geschäften in ihrer Nachbarschaft ein."

Diese positiven Effekte sind nicht zu leugnen, aber sie machen die Wohnungssituation nicht besser. Kommunen sehen sich zum Handeln gezwungen.

Airbnb in der Klemme

Barcelona als eine der meist besuchten Städte Europas griff zu drastischen Maßnahmen. 2016 drohte die Stadtverwaltung Airbnb eine Strafe von 600.000 Euro an, weil es über seine Plattform Inserate für Ferienwohnungen ohne Lizenz zuließ. Über ein Jahr zog sich der Rechtsstreit zwischen Airbnb und der spanischen Metropole hin. 2017 einigte man sich, Airbnb kam mit einem blauen Auge davon, das Portal versicherte, dass alle Wohnungen ohne Lizenz von der Plattform entfernt würden.

Ein Aktivist in Barcelona trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Tourismus killt unsere Viertel"Bild: picture-alliance/AA/A. Llop

So wie Barcelona wehren sich auch andere Städte dagegen, dass Airbnb und andere Sharing-Plattformen das Preisgefüge ihres Wohnungsmarktes durcheinanderwirbeln. In Palma de Mallcorca ist nun die Vermietung von ganzen Wohnungen im gesamten Stadtgebiet seit 1. Juli 2018 verboten. In den letzten fünf Jahren waren die Mieten um die Hälfte gestiegen. Andernorts wurden Airbnb-Vermieter mit Beschränkungen belegt. Zum Beispiel in Paris, wo in den zentralen Innenstadtbezirken nur noch an 120 Tagen im Jahr gesamte Wohnungen vermietet werden dürfen, in Amsterdam nur noch an höchstens 30 Tagen im Jahr.

Seit dem 1. August 2018 wird auch in Berlin die sogenannte Zweckentfremdung des Wohnraums stärker reglementiert. Wer eine ganze Wohnung anbieten will, muss das vorher der Stadt melden und sich die Vermietung genehmigen lassen. Gastgeber bekommen dann eine Registrierungsnummer, die sie bei ihren Inseraten angeben müssen. Kontrollen sollen so leichter werden. Für Reisende hat das auch einen Vorteil: Sie können schnell feststellen, ob eine Unterkunft legal oder illegal vermietet wird.

EU setzt Daumenschrauben an

Auch die EU  ist auf Airbnb aufmerksam geworden. Sie forderte im Juli 2018 das Vermietungsportal auf, deutlich erkennbar zu machen, ob es sich um einen privaten oder professionellen Anbieter handele. Denn für beide Kategorien gelten jeweils unterschiedliche Verbraucherregeln. Darüber hinaus fordern die  Verbraucherbehörden diverse Änderungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Blick auf Klagemöglichkeiten und Schadenersatzfragen.

Protest auch auf Mallorca: Auf dem Plakat steht "Die Stadt für die Bewohner, nicht für die Besucher"Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

"Erfolg kann keine Entschuldigung dafür sein, sich nicht an EU-Verbraucherschutzregeln zu halten." stellte EU Verbraucherkommissarin Vera Jourova klar. Die Kunden müssten leicht verstehen können, für welche Dienste sie wie viel zu zahlen hätten. Nötig seien zudem faire Regeln bei Stornierung durch den Eigentümer einer Ferienwohnung. "Ich erwarte, dass Airbnb rasch die richtigen Lösungen präsentiert", betonte Jourova.  Airbnb hat nun bis Ende August Zeit, Änderungsvorschläge zu unterbreiten.

Airbnb weiter auf Höhenflug

Der Druck auf Airbnb wächst international und führt dazu, das Airbnb Nachbesserungen anbietet. In Städten wie San Francisco, Chicago, Philadelphia oder Vancouver gibt es mittlerweile entsprechende Schnittstellen mit den Stadtverwaltungen. Oder die Plattform sperrt Anbieter, die unregistriert vermieten - wie kürzlich in Japan - oder sie arbeitet mit Kommunen zusammen und zieht automatisch eine Bettensteuer ein wie in Wien oder Dortmund. Denn nicht jeder Airbnb-Vermieter deklariert seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - die Kommunen beklagen, dass ihnen Steuergelder entgehen. In Berlin und anderen Bundesländern wollen Finanzämter nun prüfen ob die Vermieter über AirBnB und andere Internetseiten erwirtschaftete Einkünfte auch ordnungsgemäß versteuert haben. Das unschöne Wort "Steuerhinterziehung" steht im Raum.

Airbnb Mitgründer Brian Chesky spricht über "Airbnb Plus" bei einer Veranstaltung im in San Fransisco im Februar 2018Bild: picture-alliance/AP Photo/E. Risberg

Airbnb bleibt derweil gelassen und baut sein Imperium weiter aus. Mit seiner Luxus-Offensive "Airbnb Plus" bietet das Portal Unterkünfte mit Standards an, die denen eines Luxushotels entsprechen - allerdings für einen wesentlich günstigeren Preis. Und auch eine umfangreiche Reise-App soll es gebe: Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel sagte Chris Lehane, der Cheflobbyist von Airbnb, die Firma peile bis 2028 eine Milliarde Reisen jährlich auf Airbnb an. Die Rundum-Reise-App, werde keine Frage zum Reiseziel unbeantwortet lässt.

2017 ging bereits das Portal "Entdeckungen" an den Start. Interessenten können von Streetfood-Touren über  Segeltörns, Konzerte oder Graffiti-Kurse alles buchen, was am Urlaubsort Spaß macht. Mit den gesammelten Daten werden den Nutzern dann wieder neue für sie passende Ziele empfohlen. Menschen weltweit können sich als Gastgeber bewerben - für Entdeckungen.

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