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17. August 2010

Wenn ein Ehepartner stirbt, ist der Staat bei der Erbschaftssteuer besonders großzügig. Bei Homosexuellen, die in einer eingetragenen Partnerschaft zusammenleben, ist das bisher anders. Zu Unrecht, sagt ein neues Urteil.

Ein Schild mit Bundesadler und der Aufschrift Bundesverfassungsgericht, dahinter dessen Gebäude in Karlsruhe (Foto: dpa)
Bundesverfassungsgericht in KarlsruheBild: picture-alliance/ dpa

Der Spruch des Bundesverfassungsgerichts birgt politischen Zündstoff. Die Richter gaben am Dienstag (17.08.2010) einem Mann und einer Frau Recht, die bisher in allen Gerichtsinstanzen verloren hatten. Beide hatten den gleichgeschlechtlichen Partner verloren, mit dem sie in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammengelebt hatten. Beide waren von ihren verstorbenen Partnern zum Erben eingesetzt, von beiden verlangte der Staat den höchsten Erbschaftssteuersatz, wie er für entfernte Verwandte und Fremde gilt. Das entsprach zwar dem geltenden Recht, aber, so stellten die obersten deutschen Richter jetzt fest, dieses geltende Recht entsprach nicht der Verfassung.

Im Jahr 2001 hatte die Bundesregierung das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft eingeführt, in der homosexuelle Partner füreinander Verantwortung übernehmen können wie Eheleute. Dass sie aber dann, wenn einer der beiden stirbt, steuerrechtlich wie Fremde behandelt werden, das widerspricht dem allgemeinen Gleichheitssatz, einer der zentralen Bestimmungen des deutschen Grundgesetzes, wie die Karlsruher Richter nun erklärten.

Kurze Frist für das Parlament

Die obersten Richter stärken ihnen den Rücken: Homosexuelle, hier auf der Christopher-Street-Day-Parade 2006 in MünchenBild: AP

Jetzt muss die Politik nacharbeiten - und zwar schnell. Bis zum Ende dieses Jahres gibt das Bundesverfassungsgericht dem Parlament Zeit, die Gesetze so zu ändern, dass alle Erbfälle seit 2001, seit es die eingetragene Lebenspartnerschaft gibt, so besteuert werden wie bei Eheleuten. Zwar sind erbende Lebenspartner 2009 bereits bessergestellt worden als zuvor. Zudem hat die Bundesregierung gerade einen Gesetzentwurf in die parlamentarische Beratung eingebracht, der vom nächsten Jahr an eine völlige Gleichstellung mit Eheleuten vorsieht. Die Karlsruher Richter würdigen das durchaus; nur wäre eine solche Regelung sofort bei Einführung der Lebenspartnerschaften nötig gewesen, stellten sie fest.

Nun geht es auch um die Einkommenssteuer

Aus den Reihen der Christdemokraten wurde bereits signalisiert, dass man den vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung in der parlamentarischen Beratung so ändern wolle, dass er auch für Altfälle gilt.

Den Liberalen, die sich in der Koalition für die Gleichstellung von Homosexuellen im Erbrecht stark gemacht hatten, reicht das nun aber nicht mehr aus. Der FDP-Sprecher für Schwulen- und Lesbenpolitik, Michael Kauch, fordert auch eine Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften bei der Einkommenssteuer. "Es gibt keine verfassungsrechtliche Legitimation für die Diskriminierung Homosexueller im Steuerrecht", schließt Kauch aus dem Karlsruher Urteil.

Vor allem konservative Christdemokraten, für die der ebenfalls im Grundgesetz verankerte besondere Schutz von Ehe und Familie einen hohen Stellenwert besitzt, dürften sich mit dieser Forderung schwer tun. Doch Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der oppositionellen Grünen im Bundestag, warnt die Regierung, sie werde sich erneut eine blutige Nase in Karlsruhe holen, wenn sie nicht auch bei der Einkommenssteuer dem jetzigen Urteil Rechnung trägt.

Autor: Peter Stützle
Redaktion: Kay-Alexander Scholz

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