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Politik

Uruguays Erfolgsrezept gegen Corona

Enrique Anarte
22. August 2020

Geringe Bevölkerungsdichte, starkes Gesundheitssystem und politischer Konsens: Warum Uruguay besser durch die Pandemie kommt als andere lateinamerikanische Länder wie Brasilien oder Peru.

Uruguay 1. Mai Demonstration in Montevideo
Demonstranten mit Maske am 1. Mai dieses Jahres in Uruguays Hauptstadt Montevideo Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Campodonico

Seit Wochen hat Corona Lateinamerika fest im Griff. Die Region ist zusammen mit den USA das Epizentrum der Pandemie. Aber jede Regel hat ihre Ausnahme. Uruguay weist im Vergleich zu vielen anderen Ländern Lateinamerikas eine beeindruckende Erfolgsbilanz auf.

Laut Europäischem Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) verzeichnet das kleine südamerikanische Land seit Beginn der Epidemie am 13. März dieses Jahres 1.516 Infektionen und 42 Todesfälle. Welche Strategie verfolgt Uruguay, um die Corona-Krise seiner Nachbarn zu vermeiden?

Die von der DW konsultierten Experten betonen, dass es keine einheitliche Antwort gibt und die verschiedenen Faktoren, wie es bei der Bekämpfung von Epidemien häufig der Fall ist, über rein gesundheitliche Fragen hinausgehen.

"Am Anfang war der Wunsch nach nationaler Einheit entscheidend. Alle Schlüsselakteure kamen zusammen, um die Pandemie umfassend anzugehen", sagte Giovanni Escalante, Vertreter der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation in Uruguay, im DW-Gespräch. Außerdem habe sich das Land schon immer durch ein gutes System der aktiven epidemiologischen Überwachung ausgezeichnet. 

"Beispielloser Konsens"

Gonzalo Moratorio, Professor an der Wissenschaftsfakultät der Universität der Republik, erklärt im Gespräch mit der DW, dass "es einen beispiellosen Konsens zwischen politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaft und akademischer Welt des Landes gab". Dies habe die Arbeit der Fachkräfte im Kampf gegen die Pandemie erleichtert, ein Aspekt, den andere Länder vernachlässigt hätten. 

In Uruguay wurden 50.000 Test-Kits entwickelt, mit denen COVID-19-Patienten auf Anti-Körper untersucht werdenBild: imago images/Agencia EFE

Laut einer Studie, die vor einigen Tagen veröffentlicht wurde, wurden in Uruguay in den ersten drei Monaten der Pandemie nicht mehr als fünf Stationen der Übertragungskette überschritten. Bei den meisten Ausbrüchen wurde die Übertragungskette nach der zweiten Station gestoppt.

Das südamerikanische Land habe schon im Vorfeld der Corona-Pandemie seine Hausaufgaben erledigt, meint Experte Escalante: "Uruguay hat enorm wertvolle Erfahrungen bei der Bekämpfung von Ausbrüchen wie Masern gesammelt, die 2019 aufgetreten sind." In diesem Fall reagierten die Behörden mit einem umfassenden Impfprogramm und konnten dadurch die Situation unter Kontrolle bringen.

Ehrgeizige Gesundheitspolitik

Doch die epidemiologische Nachverfolgung ist nur ein Teil eines robusten Gesundheitssystems, das nach Ansicht beider Experten als lebenswichtige Firewall fungiert. Es ist eines der widerstandsfähigsten Gesundheitssysteme Lateinamerikas, in das über Jahrzehnte nachhaltig investiert wurde", sagt Escalante.

Der politische Konsens über die gesellschaftliche Bedeutung dieses Gesundheitssystems erkläre, warum es alle politischen Höhen und Tiefen überstanden hat. "Es gibt hier in Uruguay die Auffassung, dass Geld für Gesundheit keine Ausgabe, sondern eine Investition ist", erklärt der Vertreter der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation.

Disziplin: Beim Spaziergang an der Promenade von Montevideo tragen die meisten Passanten einen Nasen-MundschutzBild: picture-alliance/AP Photo/M. Campodonico

Neben einer ehrgeizigen Gesundheitspolitik wurden auch große Investitionen in Bildung und Sozialpolitik getätigt. Das Sozialsystem Uruguays ist ein regionaler Maßstab für Bereiche wie die Betreuung von Kleinkindern sowie älteren und pflegebedürftigen Menschen. Darüber hinaus war das Land das erste in Lateinamerika, das trotz der Pandemie eine Rückkehr zum Schulunterricht erlaubte.

Geringe Bevölkerungsdichte

Nicht zuletzt spielt aber auch die Demografie des Landes eine wichtige Rolle. Gonzalo Moratorio betont, dass die geringe Bevölkerungsdichte des Landes die Kontrolle über epidemische Ausbrüche begünstigt. Darüber hinaus sei die Hauptstadt Montevideo - wo etwa die Hälfte der Uruguayer lebt - "eine Stadt, der es gelungen ist, ein Gleichgewicht in Bezug auf die Verteilung von Grünflächen und öffentlichen Räumen aufrecht zu erhalten".

Abstandsregeln und soziale Distanz prägen den Alltag auch in Uruguay. Die Disziplin der Bevölkerung habe bisher eine Zwangs-Quarantäne verhindert. Allerdings hätten Vereinsamung, Depression und mentale Krankheiten zugenommen. 

Trotz der Erfolge kann sich die Lage jederzeit ändern. "Solange Nachbarn wie Brasilien nicht in der Lage sind, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, wird die Zusammenarbeit an den Grenzen eine weitere Priorität bleiben", sagt Gonzalo Moratorio. Eine der größten Herausforderungen bestehe darin, die Diagnose- und Vorwarnmöglichkeiten weiter zu verbessern.

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